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Letzte Ausfahrt Neckartal

Letzte Ausfahrt Neckartal

Titel: Letzte Ausfahrt Neckartal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Scheurer
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bewusst, dass er nach wie vor auf dem Rücksitz dieses ramponierten Taxis saß, in das sie am Hauptbahnhof eingestiegen waren.
    Im Gegensatz zu ihm schien Melchior die ganze Zeit über hellwach gewesen zu sein. Sie trug ihre Haare wieder zu einem Knoten am Hinterkopf zusammengebunden und sah ausgeruht aus. Sie musterte die Umgebung und sprach ein paar Worte mit dem Fahrer. Auch Treidler hatte lange gegen die Müdigkeit angekämpft und versucht, sich wach zu halten. Doch trotz zweier großer Becher Kaffee und des fettigen Croissants an einem Bahnhofskiosk musste es irgendwo zwischen der Innenstadt und dem Kattowitzer Polizeipräsidium geschehen sein: Er war eingeschlafen. Die eintönigen Bauten und Wohnblöcke in der Größe von Fußballstadien hatten dafür gesorgt, dass ihm immer wieder die Augen zugefallen waren. So bekam er während der halbstündigen Fahrt durch den morgendlichen Berufsverkehr von der Stadt und ihren Bewohnern kaum etwas mit. Lediglich der riesige dunkelrote Klinkerbau des städtischen Gymnasiums und der Förderturm eines stillgelegten Steinkohlenbergwerks blieben ihm in Erinnerung.
    Als das Taxi vor einem imposanten graubraunen Stahlbetonbau zum Stehen kam, hatten sie ihr Ziel erreicht. Das Komenda Wojewódzka Policji lag nicht weit der Aleja Górnośląska , einer viel befahrenen Stadtautobahn. Im Grunde handelte es sich bei dem Polizeipräsidium um zwei separate Gebäude, die wie die beiden Schenkel eines Zirkels zueinanderstanden und durch Übergänge miteinander verbunden waren.
    Der junge Polizeibeamte in seiner schicken dunkelblauen Uniform grinste, als Treidler und Melchior mit ihren Rollkoffern auf den Informationsschalter im Erdgeschoss zusteuerten.
    »Turyści?«, begrüßte er sie. Sein Lächeln hatte etwas Mitleidiges.
    »Nix Touriski«, entgegnete Treidler schnell. »Policía alemana.«
    Die Miene des Mannes wechselte binnen eines Augenblickes von Mitgefühl zu Verwirrung. Er hob die Augenbrauen und schaute zwischen den beiden hin und her.
    »Wir sind hier nicht in Spanien«, raunte Melchior Treidler zu. Sie wandte sich an den Uniformierten. »Niemieckiej … Policji.«
    »Policja w Niemczech?«, wiederholte der Beamte hinter dem Schalter, und seine Augen wurden noch größer.
    Melchior nickte.
    »Sie sprechen Polnisch?« Dass Melchior auch noch Polnisch sprach, damit hatte Treidler als Letztes gerechnet.
    »Nein, aber Russisch. Und man versteht sich untereinander so einigermaßen.« Melchior wechselte noch ein paar Sätze mit dem Uniformierten, und während dieser zum Telefon griff, übersetzte sie für Treidler. »Er versucht, jemanden zu erreichen, der sich um uns kümmert.«
    »Um uns kümmert?«, wiederholte Treidler. »Ich dachte, wir werden erwartet?«
    »Nicht erwartet. Wir sind nur angemeldet.«
    Nachdem das Telefonat beendet war, richtete der Beamte hinter dem Schalter noch ein paar Worte an Melchior und deutete auf eine Sitzgruppe aus kunterbunten Plastikstühlen.
    »Und?«, fragte Treidler.
    »Er sagt, dass Podkomisarz Andrzej Gaska für die Befragung zuständig ist. Wir sollen dort drüben Platz nehmen und warten, bis er kommt.«
    Kaum hatten sich Treidler und Melchior hingesetzt, mussten sie bereits wieder aufstehen. Ein Mann von imposanter Statur, Dynamik und Anziehungskraft kam mit riesigen Schritten auf sie zu. Groß und breitschultrig, etwa vierzig Jahre alt, wirkte Andrzej Gaska auf Treidler wie ein Holzfäller. Sein Vollbart und die buschigen Augenbrauen in einem rotblonden Farbton verstärkten diesen Eindruck noch. Zu seiner Jeans trug er ein kariertes Flanellhemd mit aufgekrempelten Ärmeln und eine Weste aus olivgrünem Cord. Lediglich die Schildmütze aus einem ähnlichen Cordstoff wollte nicht so recht zum Bild des Holzfällers passen.
    »Guten Tag«, begann er mit hartem polnischem Akzent. »Mein Name ist Andrzej Gaska. Ich führe die Befragung von Marek Kowalski durch.« Er begrüßte Treidler und Melchior mit einem Handschlag.
    »Sie sprechen Deutsch?«, sagte Melchior. Sie schien von der Sprachkenntnis des polnischen Kollegen ebenso überrascht wie Treidler. »Das ist gut. Dann müssen wir uns nicht mit meinem Russisch abmühen.«
    »Ein wenig«, gab Gaska zurück und musterte Melchior. »Sie müssen Hauptkommissar Carina Melchior sein. Ich habe vorhin Ihre E-Mail gelesen.«
    »Stimmt, Podkomisarz Gaska. Und das hier ist mein Kollege Wolfgang Treidler. Wir untersuchen den Mord an Marek …« Sie stockte. »… den Mord an einer Rastanlage in

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