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Letzte Ausfahrt Ostfriesland

Letzte Ausfahrt Ostfriesland

Titel: Letzte Ausfahrt Ostfriesland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor J. Reisdorf
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gutmütig meine Blanko-Unterschrift gab? Hielten sie ihr Wort?
    Der lange Flur nahm kein Ende. Die wackelnden Brüste des Mädchens faszinierten mich, mir kam es vor, als wären sie zu aufgepumpten Fußbällen angewachsen, und ich hoffte, sie würden explodieren und ich könnte mir in Werners Apartment in Berlin den Schweiß eines furchtbaren Albtraums abwischen.
    Was mir sehr lange vorkam, das waren in Wirklichkeit nur Sekunden. Es gab keinen Knall. Die hochhackigen Schuhe des Mädchens hinterließen ein dröhnendes Geräusch in meinen Ohren und mit äußerster Spannung wartete ich auf die Braut und hoffte, dass sie wenigstens etwas mehr Stoff für ihr Verlobungskleid gekauft hatte, um zu verbergen, was wir in unserer Tradition nicht aller Welt zu zeigen gewohnt waren.
    Eiche, dachte ich, als ich auf die Tür blickte. Das Mädchen öffnete sie, grinste mich frech an und schob mich in einen Raum.
    Ein sekundenschneller Rundblick reichte aus, alles in mir zu mobilisieren, was ein Mensch braucht, wenn er sich entschließt, um seine nackte Existenz zu kämpfen.
    Warum hat mein »Vaterunser« den lieben Gott nicht beeindruckt? Oder stand Anke für mich unsichtbar in diesem Raum?
    Neonröhren blendeten für Sekunden meine Augen. Dicke Stores hingen vor den Fenstern des kleinen Saales, der stickig und muffig wirkte.
    Mitten im Raum standen Poolbillardtische, und ich werde nie im Leben den Moment vergessen, als ich die Ganovengesichter erblickte.
    Gangster, so schoss es mir blitzschnell durch den Kopf, als ich die Männer betrachtete, die ihre Queues wie überdimensionale Penisse in den Händen hielten, als zielten sie mit ihnen auf mich.
    So, als hätten sie sich abgesprochen, trugen sie Westen über weißen Hemden und dunkelblaue Jeans. Als entstammten sie einer Familie, hatten sie alle schwarze Haare, die sie pomadig frisiert hatten. An ihren Fingern blitzten Goldringe und einer, der sehr groß war, einen Spitzbauch hatte und mich mit abschätzenden, überheblichen Blicken durch eine dicke Hornbrille musterte, sagte in perfektem Deutsch: »Herr Kollege Bräutigam, ich gratuliere. Wir glaubten schon an eine Entlobung.«
    Sprachlos sah ich zu, wie er das Billardqueue auf den Boden setzte und sich seine große Hand wie ein Greifer meiner näherte.
    Ich ließ es zu, dass er sie schüttelte, wehrte mich auch nicht, als er mir die Tasche abnahm und sich die übrigen Männer wie Geier um ihn scharten.
    Das bisschen Wäsche, was die Tasche enthielt, schleuderte er auf den Boden, und als er das Geschenk fand, brach Jubel aus.
    Mich ließ das kalt. Ich begriff, dass man mich hereingelegt hatte, glaubte aber immer noch an eine Chance, nicht nur zu überleben, sondern auch Inga irgendwie helfen und finden zu können.
    Ich sah zu, wie sie die Tasche zerschnitten und kleine Leinenplättchen aus versteckten Ecken zogen, die sie auf dem Billardtisch bündelten.
    Ich sammelte meine Kräfte, stemmte mich gegen den aufkeimenden Unmut und war bemüht, meine Gesichtszüge unter Kontrolle zu halten. Natürlich war des Rätsels Antwort gefunden.
    Rauschgift!
    Die Gangster hatten mich mit Freiflug und Geld ausgestattet und mich motiviert, meine Tochter zu finden. Ich war zu ihrem Kurier geworden. Der harmlose Oberstudienrat musste vor Zollbeamten nicht schauspielern, nein, selbstbewusst spielte er seine wirkliche Rolle.
    Ich war sicher, dass es in der Tat einen entsprechenden Kongress in dieser Stadt gab. Ich war der Bräutigam und dieser widerliche arrogante Kerl mit dem vollen, glatt gekämmten Haar und der Hornbrille war also die Braut.
    Ich nahm mir vor, nicht nach Inga zu fragen, sondern einfach wie ein mitspielender Bote zu reagieren.
    Irgendeine Lösung musste so oder anders am Ende auf mich warten.
    Das halb nackte Mädchen erschien, nahm Sektflaschen vom Tablett und stellte sie auf die Tische, die wie vergessen an den Wänden im Halbdunkel standen. Dann holte sie die Gläser und verschwand.
    In mir regte sich die Angst, Zeuge einer verwerflichen Sexfete zu werden, in der Inga ihren Bräutigam finden könnte. Ich hörte das Knallen der Korken und sah zu, wie das schäumende Getränk in die Gläser floss. Der große, abstoßende Kerl reichte mir ein Glas an.
    »Trink, Kamerad!«, forderte er mich auf. Sie stießen ihre Gläser aneinander, prosteten mir zu, und ich trank das Glas in einem Zug leer. Ich war fertig und halb verdurstet. Der Sekt perlte in meinen Magen. Ich lachte, spielte den fröhlichen Helden, denn ihre Hochachtung galt

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