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Letzte Ausfahrt Ostfriesland

Letzte Ausfahrt Ostfriesland

Titel: Letzte Ausfahrt Ostfriesland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor J. Reisdorf
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ihre Kleidung auf ausländische Touristen schließen ließ.
    Noch größer war meine Überraschung, als mich das Mädchen, das mir in der Nacht zur Versuchung geworden war, freundlich anschaute, auf meine Entscheidung wartete, ob ich Kaffee oder Tee trinken möchte und ein Ei zum Frühstück wünschte. Die junge Frau trug ein langes Bedienungskleid, und ich konnte es nicht fassen, dass das, was sich jetzt unter ihrer weißen Tracht wölbte, mir vor wenigen Stunden zum Greifen nahe gewesen war. So appetitlich gekleidet wirkte sie anziehender auf mich.
    Das Mädchen servierte mir den Kaffee, sprach nur mit ihren Augen, und ich entnahm ihnen eine gewisse Dankbarkeit.
    Sicher fehlte eine Dollarnote bei der Abrechnung, aber niemand hatte mich als Bilanzbuchhalter eingestellt.
    Das Frühstück mit Käse, Schinken, Wurst und Nugatcreme, Brötchen und Toast war hervorragend. Der schwarze Kaffee möbelte mich auf.
    Niemand hinderte mich, als ich das Hotel verließ.
    Die Sonne traf mich voll, als ich auf die Straße trat. Sie spiegelte sich in den Scheiben, hinter denen am Abend die Nutten gesessen hatten.
    Doch als ich an ihnen vorbeischritt, neugierig, vielleicht auch gierig den Blick auf sie warf, wirkten sie öde und verwaist.
    Die Menschen, die entlang der Gracht spazierten, wirkten bürgerlich, niemand lechzte nach sexuellem Ausleben.
    Dieses Gesicht der Stadt sagte mir mehr zu. Friedlich, als hätte der Morgen die Menschen der Nacht ausgetauscht, flanierten Touristen mit umgehängten Kameras an den Häusern entlang.
    Selbst die Punker passten in das Stadtpanorama und wirkten wie ein ulkiger Streich bürgerlicher Ironie.
    In das Treiben, in dem ich mich befand, fielen die Schläge einer Kirchenuhr.
    An einem Kiosk kaufte ich mir Zigaretten und einen Stadtplan. Ich ließ mir von dem freundlichen Mann die Antoniuskirche einzeichnen und erfuhr von ihm zu meiner Beruhigung, dass ich zu Fuß ohne Schwierigkeiten um zwölf Uhr dort sein konnte.
    Ich bummelte an Geschäften vorbei. Aber wo ich mich auch befand, nie war ich allein. Tausende von Menschen begleiteten mich an Straßencafés vorbei, an Boutiquen, Buchhandlungen, Antiquitätenläden und Kaufhäusern.
    Hin und wieder blieb ich stehen, beobachtete mein Umfeld, ohne einen Beschatter ausfindig zu machen. Dennoch wusste ich, dass mir jemand folgte.
    Mein Weg zur Kirche des heiligen Antonius führte mitten durch die belebte Innenstadt. Mich interessierten die zoologischen Läden. Sie lagen in wenigen Abständen voneinander, als hätten sie sich hier abgesprochen.
    Doch das musste sich anders verhalten, denn nie in meinem Leben hatte ich solche Geschäfte je wahrgenommen. Erst mein Auftrag hatte mein Auge für sie geschärft.
    Einen Laden, der mir besonders gefiel, weil ein Affe mit blitzenden Augen und lustigen Sprüngen meine nie vorhandene Tierliebe ansprach, betrat ich.
    Ich kaufte Taubenfutter und näherte mich unter einer heißen Junisonne der Stätte des heiligen Antonius, des Schutzpatrons aller Suchenden, zu dem ich schon als Kind hatte beten müssen.
     
    Auf dem Kerkplein bildeten Straßenbahnschienen ein Kreuz. Autos standen auf dem Pflaster zwischen vorgezeichneten Parkstreifen.
    Um die mit roten Backsteinen erbaute Kathedrale des heiligen Antonius, die stuckumrandete Glasfenster trug, hatten internationale Banken und Versicherungen ihre Niederlassungen mit zum Teil modernen Fassaden errichtet und sich nicht gescheut, selbst den schlanken Kirchturm an Höhe zu überflügeln.
    Schmiedeeiserne Gitter umspannten wie ein Gürtel blühende Sträucher und spitze Tannen. Ein Plattenweg führte durch eine kleine Pforte seitlich zum Eingang.
    Mitten auf dem Platz stand ein Brunnen. Fische mit geschwungenen Körpern, die grüne Patina zierten, spuckten Wasserfontänen aus ihren geöffneten Mäulern. Plätschernd fanden die Wasserstrahlen ihren Weg in ein rundes Becken.
    Auf nostalgischen Eisenbänken mit geschwungenen Lehnen und Füßen saßen Alte in der Sonne und schauten gurrenden Tauben zu, ohne den Lärm der sich kreuzenden Straßen als störend zu empfinden. Auf den Bürgersteigen schoben sich die Menschen an Geschäften entlang.
    Ich setzte mich zu den grauen Leuten und entnahm dem Zeigerstand der Uhr von St. Antonius, dass ich noch etwas Zeit hatte, die Tauben zu füttern.
    Der Taxistand lag in meinem Blickfeld. Mehrere Wagen warteten mit geöffneten Türen auf Fahrgäste. Einer der gelangweilten Fahrer sah zu mir herüber. Die Minuten wurden zu Stunden.
    Die

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