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Letzte Ausfahrt Oxford

Letzte Ausfahrt Oxford

Titel: Letzte Ausfahrt Oxford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Stallwood
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alle zuzutreffen.
    »Wir schließen uns den Gebräuchen der Bodleian an und versehen diese Art Werk mit einer speziellen Signatur. Sie beginnt mit dem griechischen Buchstaben Phi.« Wieder benutzte Tabbot seine formelle Stimme. Seine Augen waren auf einen Punkt in der Mitte von Kates Brustkorb fixiert. »Wenn jemand nach einem solchen Buch sucht, wissen wir gleich, worum es sich handelt.«
    »Und dann setzen Sie ihn an einen isolierten Schreibtisch mit der für jedermann sichtbaren Aufschrift ›Unsittlich ‹ , oder? «
    Tabbot schaffte es, gleichzeitig die Augenbrauen zu runzeln, einen Schmollmund zu ziehen, den Kopf zu schütteln und seine Augen auf Kates Brust geheftet zu halten. Sie empfand es als Aufforderung, den Raum zu verlassen und in den Lesesaal der Bibliothek zurückzukehren.
    Als sie Tabbot und Ennis endlich losgeworden war, rief sie über die interne Leitung Liam an.
    »Tut mir Leid«, sagte er, »aber heute Abend habe ich eine Probe. Morgen muss ich mich um die Kostüme kümmern, und Mittwoch …«
    »Pfeif auf den Mittwoch«, unterbrach Kate. »Mir ging es um heute Abend. Ich hätte ein wenig Zuwendung und Wärme brauchen können.«
    »Ich wollte dir nur erzählen, dass ich am Mittwoch nach London muss, um ein Stück für eine Musiksendung aufzunehmen. Wenn ich zurück bin, rufe ich dich an. Dann können wir uns für irgendwann in der zweiten Wochenhälfte verabreden.«
    »Mach dir keine Mühe. Wenn ich demnächst einen Termin brauche, setze ich mich mit deiner Sekretärin in Verbindung«, patzte Kate und legte auf. Unmittelbar darauf klingelte das Telefon.
    »Kate? Hier ist Andrew.«
    Fast freute sie sich, seine Stimme zu hören. »Viertel vor sechs in der Krypta? «, schlug sie vor. »Ich bringe meinen Bericht mit.«
    »Gott sei Dank scheinst du deine Arbeit ernst zu nehmen«, erklärte er und legte auf.
    Kate kehrte in die Abteilung Mathematik und Naturwissenschaften zurück und begann, ihren Handwagen mit einigen langweilig repräsentativen Büchern zu beladen.
     
    »Null«, sagte Kate und goss sich ein Glas Rotwein ein.
    »Ist das alles?«, wollte Andrew wissen. »Dein ganzer Bericht?«
    »Jawohl. Natürlich habe ich alles aufgeschrieben und dir ein paar Seiten ausgedruckt, damit du in Ruhe nachlesen kannst. Warum um alles in der Welt hast du Rioja bestellt?«
    »Du bekommst erst wieder einen anständigen Rotwein, wenn du ein paar anständige Neuigkeiten für mich bereithast.«
    »Zählen vielleicht auch unanständige Neuigkeiten?« Und sie berichtete ihm über die Entdeckungen des Tages.
    »Ich werde mich umhören, ob es für solches Zeug einen Markt gibt. Das vermisste Buch gehört jedenfalls nicht in diese Kategorie. So, wie es aussieht, scheint St. Luke’s in gewisser Weise sauber zu sein.«
    »Für Kriminelle sind sie viel zu einfallslos und beschränkt. Obwohl mir Mick Ennis den Eindruck macht, als schleiche er sich heimlich dann und wann die Treppe hinauf, um seine Teepausen im einsamen Tête-à-Tête mit der Sammlung zu speziellen Themen zu verbringen. Ich würde mich wirklich freuen, wenn die beiden in etwas Anrüchiges oder Illegales verwickelt wären, aber aufgefallen ist mir nichts. Muss ich noch lange dort bleiben und ihre langweiligen Bücher erfassen?«
    »Katalogisiere hundert Bücher und schreibe ihnen einen höchstens eine DIN-A4-Seite umfassenden Bericht, dann sollte es reichen. In ein paar Tagen kannst du in die nächste Bibliothek umziehen.«
    »Nicht möglich! Danke Andy!«
    »Wenn du Wert auf ein zweites Glas Wein legst, solltest du keinesfalls Andy zu mir sagen.«
    »Ich habe mich durch deine jugendlich fesche Krawatte hinreißen lassen.«
    »Findest du sie gut? Isabel hat sie mir geschenkt.«
    »Oh.«
     
    Klein Krötengesicht hing kopfüber an der obersten Sprosse des Klettergerüsts. Wahrscheinlich hatte er die Stellung nicht ganz freiwillig eingenommen, denn sein Gesicht zeigte bereits eine hässliche, blaurote Färbung. Über ihm hockte seine Schwester – hieß sie nicht Shayla? – und umklammerte seine Fußgelenke mit ihren starken Fingern wie mit Zangen. Beide waren ungewöhnlich still. Kate hatte schon immer insgeheim gehofft, dass eines der Kinder eines Tages von diesem gefährlich aussehenden, viel zu hoch angebrachten Trampolin auf immer und ewig über die Zäune und Gärten von Fridesley hinwegkatapultiert werden würde, wie bei einer grausamen, mittelalterlichen Folter. Sie suchte ihre gelben Ohrstöpsel hervor und ging nach unten, um ihre tausend Worte

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