Letzte Ausfahrt Oxford
erschien Mick Ennis und erklärte, es sei Zeit für eine Pause.
»Ich mache eben noch dieses Buch hier fertig. Es hat schon einen Eintrag in der Datenbank der British Library, den ich nur noch in unser System kopieren muss.«
Die Details erschienen auf ihrem Bildschirm. Nachdem sie »Ja« angeklickt hatte, um zu bestätigen, dass die Einzelheiten korrekt waren, erschien ein weiteres Menü, in dem sie gefragt wurde, ob sie den bereits existierenden Eintrag durch den aktuellen zu ersetzen wünsche. Gerade wollte sie »Nein« markieren, als Mick sich vernehmen ließ:
»Waren Sie noch nie versucht, ›Ja‹ zu klicken und damit den mühsam erfassten Eintrag einer anderen Person aus dem System zu tilgen?«
Erschrocken starrte sie ihn an.
»Keine Sorge, ich mache nur Spaß«, beruhigte er sie. »Ein Bibliothekar bringt es schon kaum fertig, eine Katalogkarte zu zerreißen. Ganz zu schweigen davon, einen Computereintrag zu überschreiben.«
Tief in Gedanken versunken klickte Kate schließlich ihr »Nein« an, gab die Signatur sowie die Standortmarkierung des Buches ein und ging eine Etage höher mit Francis Tabbot Tee trinken.
Kate befürchtete bereits, in eine gewisse Abhängigkeit von der halben Flasche Wein nach der Arbeit zu geraten, aber Andrew bestellte nur zwei Gläser.
»Ich treffe mich nachher noch mit Isabel«, erklärte er und reichte ihr ein Glas, »und möchte fit bleiben. Was hast du Neues für mich?«
»Ein paar Dinge, die vielleicht gar nichts zu bedeuten haben.«
»Erzähl sie mir trotzdem.«
»Als Erstes: Mick Ennis hat mir heute eine Methode gezeigt, wie man einen Eintrag löschen kann. Es ist ganz einfach. Jeder Erfasser könnte es tun, und zwar ganz ohne den Segen der hohen Tiere, wie ihr ursprünglich gedacht habt. Die Liste mit den dreizehn Namen, die du mir gezeigt hast, ist also völlig nutzlos.«
»Du musst mir unbedingt sagen, wie es geht.«
»Ich zeige es dir lieber. Das ist leichter.«
»Am besten zusammen mit Graham vom Sicherheitsteam. Mal sehen, was er dazu sagt. Sonst noch was, das ich wissen müsste?«
»Kannst du mir etwas über die Praktikanten erzählen, die ihre Runden durch die Colleges drehen?«
»Die Universität stellt jedes Jahr acht Praktikanten ein, die zwischen dem Grund- und dem Hauptstudium der Bibliothekswissenschaften ein Jahr lang praktische Erfahrungen sammeln wollen. Sie durchlaufen die verschiedensten Abteilungen. Zunächst lernen sie katalogisieren, dann arbeiten sie ein paar Wochen in der Zentralausleihe, anschließend in der Buchbeschaffung, dann in den Lesesälen, und zum Schluss verbringen sie ein Semester in einer Bibliothek oder einer der Abteilungen. Es hängt immer davon ab, wer sie gerade brauchen kann. Es ist nämlich ziemlich zeitaufwändig, sie so fit zu bekommen, dass sie sich während ihres Aufenthalts bei uns nützlich machen können.«
»Wie könnte ich herausfinden, wo eine bestimmte Praktikantin während ihres Praxissemesters gearbeitet hat?«
»Von wem redest du?«
»Sie hieß Jenna. Ihr Name ist mir inzwischen schon ein paar Mal begegnet. Und wenn sie die Abteilungen durchlaufen hat, könnte es schließlich sein, dass sie etwas über den Betrug erfahren hat, hinter dem wir herforschen.«
»Was für ein schreckliches Wort!«
»Beantworte lieber meine Frage, Andrew.«
»Ich hole mir ein Wasser. Möchtest du auch noch etwas trinken?«
»Wasser ist okay. Sprudel, mit Eis und Zitrone. Und dann erzähl mir von Jenna.«
Andrew stellte die beiden Gläser auf den Tisch. »Ich glaube, du hast mich schon einmal nach ihr gefragt. Damals habe ich mich nämlich bei Charles kundig gemacht. Jenna war eine der Praktikantinnen des vergangenen Jahres. Sie hat ungefähr acht Monate bei uns verbracht, ein paar davon in der Bodleian, ein paar in anderen Bibliotheken. Dann ist sie gestorben.«
»Wie?«
»Auf ziemlich schäbige Weise. Ich glaube aber nicht, dass es irgendetwas mit unserem Problem hier zu tun hat. Sie war mit einer Jugendgruppe ins Wochenende gefahren. Irgendein christlicher Verein. Wahrscheinlich taten sie das, was solche Vereine immer tun. Singen und beten vermutlich, sich gesund ernähren und keusche, nützliche Beziehungen eingehen.«
»Höre ich da etwa Vorurteile heraus, Andrew?«
»Wieso Vorurteile? Jedenfalls hat Jenna den Zug verpasst, der die Gruppe zurück nach Oxford bringen sollte. Sie wurde nicht mehr lebend gesehen. Ihre Leiche hat man auf der Baustelle der neuen Autobahnausfahrt gefunden.«
»Leiche? Wie ist
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