Letzte Ausfahrt Oxford
errichteten sie einen kleinen, aber feinen Anbau für die Bücher und nahmen dankend an. Abgesehen davon konzentrieren sie sich auf seriöses Material, wie es sich für eine Universitätsstadt wie Oxford gehört. Das Kennedy Center hat eine ausgezeichnete Personaldecke. Acht Vollzeitkräfte, drei oder vier Teilzeitleute, Wirtschaftspersonal und Pförtner. Für akademischen Besuch aus Nordamerika gibt es ein paar höchst komfortable Gästezimmer mit PCs, die ans Netzwerk der Universität angeschlossen sind.«
»Wie viele Leute arbeiten in der Bibliothek?«, fragte Kate, während sie versuchte, den harten, braunen, lackartigen Panzer auf ihrer Lasagne mit der Gabel zu zertrümmern.
»Fünf Vollzeit, zwei Teilzeit. Außerdem nehmen sie fast jedes Jahr einen Praktikanten.«
Kate fragte lieber nicht, ob auch Jenna ihr Praktikum im Kennedy House abgeleistet hatte. Das würde sie noch früh genug erfahren, wenn sie erst einmal dort arbeitete.
»Und welche Bücher sind abhanden gekommen?« Kate gab den Versuch auf, ihre Pasta zu zerkleinern, und legte die Gabel beiseite.
Andrew seufzte. »Einige Bände einer kompletten Romanserie von Nancy Drew. Sie waren Teil der Schenkung des großzügigen Spenders. Wenn das rauskommt, werden die Treuhänder Kennedy House die Hölle heiß machen.« Kate lachte, und Andrew rief: »Könnten wir die Rechnung bekommen, Süße?«
Die Kellnerin erschien ohne ihre zerknitterte Schürze am Tisch. »Ich habe jetzt frei«, knurrte sie. »Und ich habe denen da klipp und klar gesagt, dass ich diese Woche keine Überstunden mehr mache.« Andrew bezahlte das Essen, gab aber kein Trinkgeld.
»Wann soll ich im Kennedy Center anfangen?«, wollte Kate wissen.
»Heute Nachmittag kannst du dir freinehmen«, sagte Andrew. »Morgen Früh um halb neun. Ich kümmere mich so bald wie möglich um ein Treffen mit Graham – versprochen. Aber heute Nachmittag habe ich ein Meeting im Ausschuss für Buchbeschaffung, das ich nicht gut schwänzen kann. Frag morgen an der Pforte nach dem Direktor. Er will dich selbst herumführen und dem Personal vorstellen.«
»Detective Sergeant Taylor? Hier spricht Kate Ivory.« Die Polizeizentrale hatte Paul Taylor für sie gefunden und sie durchgestellt.
»Die Assistentin des Leichenbestatters?«
»Genau die. Das Bestattungsunternehmen gestaltet sich lebhafter als angenommen. Könnten wir uns vielleicht treffen? Ich brauche Ihren Rat bei einem kleinen Problem, auf das ich gestoßen bin.« Sie dachte, eine unterwürfige Annäherung würde seinem unterschwelligen Sexismus zusagen.
»Ich traue Ihnen nicht, wenn Sie mich nicht beleidigen«, sagte er. »Aber natürlich möchte ich nicht, dass Sie sich Ihren Rat woanders holen und mir erst wieder unter die Augen kommen, wenn Sie wirklich tief in Schwierigkeiten stecken.«
Kate schluckte eine bissige Antwort hinunter. »Wie wäre es morgen mit Mittagessen?«, säuselte sie. »Oder einem Drink nach der Arbeit?«
»Innerhalb der nächsten halben Stunde kratze ich hier die Kurve und würde gerne ordentlich essen gehen«, gab er zurück. »Haben Sie Lust, mich zu begleiten?«
Bestimmt meint er McDonald’s, dachte sie. Oder einen Schnellimbiss. Pfui Teufel. Aber wenn sie dabei so viel über Jenna erfuhr, dass sie mehr wusste als Andrew, dann war es das wert.
»Sehr gern«, sagte sie. »Wo treffen wir uns?«
»Sind Sie zu Hause?«
»Ja.« Er glaubte doch nicht etwa, dass sie für ihn kochte? Es gab gewisse Grenzen bei dem, was sie für einen männlichen Chauvinisten zu tun bereit war. Auch wenn er ihr bei einem Problem helfen sollte.
»Ich hole Sie ab, und wir gehen in den Pub in Cumnor, wenn Sie mögen.«
»Wir können gerne meinen Wagen nehmen.«
»Ich weiß, dass Sie gern die Kontrolle behalten. Aber wenn Sie mein Gehirn beanspruchen wollen, müssen Sie Nachsicht walten lassen. Ich fahre.«
»In Ordnung.« Er musste wohl Wind von ihrem schlechten Fahrstil bekommen haben.
»Ich sehe Sie also in einer Dreiviertelstunde.«
Der Pub war einer von der echten, altmodischen Sorte mit niedriger Decke und dunklen Balken. Ein Holzfeuer im Kamin verbreitete eine an diesem kühlen Abend angenehme Wärme. Auf ihrem Tisch im Restaurantteil standen Kerzen. Das Ambiente eignete sich eher für ein romantisches Dinner zu zweit als für das Arbeitsessen eines Polizisten und einer Amateurdetektivin. Kate musste zugeben, dass es sich hier angenehmer sitzen ließ als in dem Fast-Food-Laden, den sie erwartet hatte, und auch mit der
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