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Letzte Beichte

Letzte Beichte

Titel: Letzte Beichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen FitzGerald
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schrieb ich in Spalte eins.

    (Geh 999 wählen …)
    »Amandas Eltern, Mr. und Mrs. Kelly?« schrieb ich in Spalte zwei.
    (Fleh Chas an, dass er zu dir zurückkehren soll …)
    »Bridgets Mann Hamish?«
    (Kriech zu Kreuze, nieder auf die Knie …)
    »Amanda?«
    (Du wirst doch wohl nicht etwa eine zweite Flasche öffnen wollen …)
    »Bridgets zweite Tochter, Rachel?«
    ICH HEISSE CLARICE STARLING , UND ICH HABE KEINE GRÖSSEREN PROBLEME IN MEINEM LEBEN , ALS MORDFÄLLE ZU LÖSEN , UNSCHULDIGE MENSCHEN ZU RETTEN UND HUNGERNDE GEISELN MIT VERFILZTEM HAAR AUS IHREN VERLIESEN ZU BEFREIEN .
    Oje, dachte ich, als ich mich später im Spiegel ansah. Jodie hat keine grauen Zähne und keinen roten Fleck rechts neben ihrem Mund, und sie hat nie vor dem Spiegel geweint, während ihr der Rotz das Gesicht runterlief. Scheiße. Scheiße.
    Bett.

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38
    Definitionen erfordern ein gewisses Maß an Bedingungen oder Voraussetzungen, um einen Sinn zu ergeben: dass es falsch ist, jemanden zu streicheln, der schon vergeben ist, dass Blutsverwandte die Grenzen und Regeln ihres Umgangs mit der Zeit erlernen. Aber für Amanda und Bridget gab es keine solchen Bedingungen oder Voraussetzungen.
     
    Affäre: unerlaubte, geheime Liaison sexueller Natur.
    Inzest: sexuelle Beziehung zwischen Blutsverwandten.
    Affäre: geheime sexuelle Liaison.
    Mutter: weiblicher Elternteil.
    Inzest: Beziehung zwischen Blutsverwandten.
    Affäre: Liaison.
    Inzest: Beziehung.
    Inzest unerlaubt
    Affäre
    Blutsbeziehung
    zwischen geheimen sexuellen Verwandten
    Die McGiverns hatten feierlich auf die Rückkehr Amandas angestoßen, des verloren geglaubten Rotschopfs. An jenem ersten Abend war die gesamte Familie zu ihrer Begrüßung zusammengekommen: Onkel, Vater, Schwester. Autos hielten vor dem Haus, und Füße liefen über den Eichenboden, damit man sie in die Arme schließen konnte – so, wie man sie im Krankenhaus in die Arme geschlossen hätte, wenn sie auf die normale Art und Weise eingetroffen und geblieben wäre. Alle schauten sie an, glichen Augen, Hände, Haar und Nase ab. Es gab hysterische Ausbrüche, übertriebenes Lachen, herzzerreißendes Weinen. Der Kopf des Babys wurde nass gemacht.
    Es ergab im Grunde keinen Sinn. Es war eine Fiktion. Am Anfang und am Ende kam Amanda sich vor, als ob sie Zeilen aus einer romantischen Komödie oder einer Familienhistorie oder einer Kriminalgeschichte oder einer Tragödie vorlesen würde, die so seltsam war und so wild zwischen den Genres schwankte, dass daraus nie ein Erfolg werden konnte. Aber sie nahm ihr Skript in die Hand, und dann begann ihr Part – die Affäre, die keine richtige Affäre war, der Inzest, der kein richtiger Inzest war. Sie nahm ihr Skript, und die Fiktion begann …
    Tag eins
    AUSSEN , SANDSTEINHAUS , BALLON , STIRLINGSHIRE
    Es ist sonnig, und es ist Frühling. Gelbe Narzissen säumen die Straße. Autos wohlhabender Menschen parken auf den Auffahrten wohlhabender Menschen.
    DRINNEN , SANDSTEINHAUS , BALLON , STIRLINGSHIRE
    Sonne, Frühling. Narzissen stehen in kunstvoll verdrehten Glasvasen auf glatt polierten Sideboards mit Schellackoberfläche. Eine Familie lacht und weint wie bei einem Leichenschmaus. Amanda wirbelt durch den Raum, durchlebt die Verwirrung, die jäher Ruhm mit sich bringt. Sie muss Fragen beantworten, sich anschauen lassen, sich begutachten lassen. Sie fühlt sich geliebt: ein wunderbares, kribbliges Gefühl. Sie wirbelt durch den Raum, und man sieht ihrem Gesicht an, dass dies der schönste Tag ihres Lebens ist: der glücklichste, der aufregendste, der allerschönste.
    Sie trifft ihren Onkel, einen Betrunkenen in einem Kilt.
     
    AMANDA : Guten Tag, Onkel.
    ONKEL : Guten Tag, Amanda.
    Sie trifft ihre Schwester, einen feindselig wirkenden Grufti.
     
    AMANDA : Hallo, Schwester.
    RACHEL : Hallo.
    Sie trifft ihren Vater, einen Anzug tragenden Lehrer.
     
    VATER : Hi.
    AMANDA : Hallo.
    Und sie trifft ihre Mutter. Eine Frau in einem grauen Hosenanzug mit maßgeschneidertem weißem Hemd, schwarzen Schuhen mit Keilabsätzen und schwarzem Perlenschmuck. Sie ist elegant, aber nicht zu sehr, hübsch, aber mehr als bloß hübsch. Sie lächelt, aber eigentlich lächelt sie nicht. Sie lacht, aber eigentlich lacht sie nicht. Sie verfügt über alle Merkmale eines Models: Beine, Arme, Titten, alles modelmäßig. Und das soll ihre Mutter sein? Es ergibt keinen Sinn. Ihre Mutter ist eine siebzig Jahre alte Frau, die in einer Zementschachtel wohnt, sich in einem Drecksjob abrackert, in

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