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Letzte Beichte

Letzte Beichte

Titel: Letzte Beichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen FitzGerald
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Lichter, mit denen das Schloss von Stirling nachts angestrahlt wurden, fielen auch in den Garten und fanden ihren Weg ins Wohnzimmer.
    »Ich hätte dich nie verlassen dürfen. Du mit deinen roten Stachelhaaren …«
    »Wenn ich gebetet habe, habe ich auch für dich gebetet … Mach, dass meine Mami gesund und glücklich ist.«
    »Ich mache das immer noch.«
    »Wirklich?«
    »Du bist so schön.«
    Sie hielten Händchen, streichelten sich über Arme und Wangen und weinten, ohne auch nur einen Gedanken an Taschentücher zu verschwenden. Dann kamen Hamish und Rachel herein.
    Rachel war achtzehn Jahre alt. Sie war schlank, muskulös und allem Anschein nach topfit. Sie hatte eine Vorliebe für schwarze Gruftiklamotten und das entsprechende Make-up, was zu ihrer allgemeinen Ausstrahlung von Missmut beitrug. Mit verschränkten Armen stand sie in der Tür.
    »Hallo, Amanda«, sagte Rachel peinlich berührt und betrachtete die beiden Frauen, die sich schuldbewusst voneinander lösten und vom Sofa erhoben.
    »Wie war das Konzert?« fragte ihre Mutter.
    »In Ordnung. Ich gehe jetzt schlafen«, sagte sie.
    »Gute Nacht, Rachel«, sagte Amanda.
    Als Rachel gegangen wird, stand Hamish unschlüssig in der Tür. Er fragte sich wohl, ob er auch gehen könne.
    »Amanda zieht demnächst nach London«, sagte Bridget, um Hamish in das Gespräch einzubinden.
    Das Wiedersehen von Vater und Tochter hätte in keinem größeren Kontrast zur Reaktion der Mutter stehen können.Hamish war nervös und unbehaglich zumute, was er mit einer geschäftsmäßigen, schulterklopfenden Jovialität zu überspielen versuchte. Er hatte keinen direkten Draht zu Amanda. Sie war nicht in seinem Bauch herangewachsen, nicht von seiner Brust gerissen und aus seinem Krankenhauszimmer entfernt worden. Sie war eine Geschichte, die man ihm später erzählt hatte, und er hatte in dieser Geschichte kein Mitspracherecht gehabt. Aber er hatte dafür gezahlt, als er sah, wie die Frau, die er liebte, ihren Verlust betrauerte. Jenny, Amanda – wer immer sie war, für ihn war sie eine Fremde. Er fühlte sich unbehaglich in ihrer Gegenwart. Er hätte sie lieben sollen, so wie Bridget sie offenbar liebte. Er hätte den Wunsch verspüren sollen, sie zu umarmen, mit ihr zu sprechen, sie zu bedauern, sie näher kennenzulernen. Doch alles, was er empfand, war Sorge: dass Bridget erneut in ihrer Depression versinken könne, dass diese Fremde ihre Familie zerstören könne, dass seine hübsche Rachel sich vernachlässigt fühlen könne.
    Hamish fragte, wo genau sie in London lebe, denn er hatte 1988 (oder war das 1989 gewesen?) in Holland Park gewohnt. Auf jeden Fall war es sehr teuer gewesen.
    Amanda hatte gern mit Bridget auf dem Sofa gesessen und geredet. Aber sie fand es schrecklich, in dem förmlichen Wohnzimmer herumzustehen. Ihr war übel. Sie fühlte sich wie eine Einbrecherin, die plötzlich im Leben dieser Menschen aufgetaucht war und in ihren Schubladen wühlte.
    »Es ist spät«, sagte Bridget. »Wir beide sollten nach der ganzen Aufregung ein wenig schlafen.« Sie brachte Amanda in das Gästezimmer.
    »Gute Nacht«, sagte Bridget und umarmte Amanda liebevoll. Sie weinte schon wieder. »Gute Nacht, mein kleiner Rotschopf.«
    Amanda wachte früh um sechs Uhr auf und schrieb eine Nachricht, bevor sie in größter Eile aufbrach. Sie wollte nicht, dass sie jemand auf diesem Sofa sah, wollte mit niemandem reden.
    »Bin in ›The Lock House‹ bei Crinan«, schrieb sie. »MeineHandynummer ist 555 978548. Danke.« Sie wollte unterschreiben, überlegte es sich aber anders. Sie fühlte sich nicht mehr wie Amanda, aber sie fühlte sich auch nicht wie Jenny.
    »Mama?« Kaum dass sie zurück in Crinan war, rief sie in Glasgow an. Ihrer Stimme war anzumerken, dass nichts mehr wie vorher war.
    »Was ist los, mein Liebling?« fragte Mrs. Kelly. »Geht es dir gut? Was macht die Hochzeitsreise?«
    Eigentlich hatte Amanda ihrer wunderbaren Mama alles erzählen wollen, aber jetzt brachte sie es nicht übers Herz. Es fühlte sich schrecklich an zu lügen, aber wenn sie die Wahrheit sagte, würde sich das noch schrecklicher anfühlen.
    »Alles in Ordnung«, sagte sie. »Ich hab dich lieb, Mama, weißt du das? Ich hab dich und Papa lieb, und ihr habt mir ein wunderbares Leben geschenkt.«
    »Herzchen, was ist los mit dir?«
    »Nichts, Mama, nur PMS «, log sie. »Ich hab euch lieb, sonst nichts.«
    »Wir haben dich auch lieb, Schätzchen. Hast du Nachtkerzenöl?«
    »Hab ich. Ich hab

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