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Letzte Ehre

Letzte Ehre

Titel: Letzte Ehre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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jeder seiner Wege, und als wir gefaßt wurden, hatte er nichts in Händen. Die Bullen schlugen ihn nach allen Regeln der Kunst zusammen und versuchten, aus ihm herauszupressen, wo er die Beute versteckt hatte, aber er sagte kein Sterbenswort. Schließlich gestand er den Einbruch, erzählte aber nie jemandem, was mit dem Geld geschehen war. Der Witz daran war, daß seine Verurteilung verworfen wurde, weil die Bullen das Geständnis aus ihm herausgeprügelt hatten.«
    »Unterdessen hegten wir beide den Verdacht, daß es Darrell war, der uns verpfiffen hatte. Wie gesagt, nachdem wir festgenommen worden waren, sagte er vor Gericht gegen uns aus. Er schwor Stein und Bein, daß nicht er es war, der uns ans Messer geliefert hatte, und versuchte, seinem Bruder Frank die Schuld dafür in die Schuhe zu schieben. Johnny und ich wurden zu fünfundzwanzig Jahren bis lebenslänglich verurteilt, aber Johnnys Strafe wurde in der Revision aufgehoben. Er geht nach Hause zu seiner Familie, während ich mir den Hintern im U.S. Penitentiary in Atlanta, Georgia, plattsitze. Johnny kehrte später zurück und holte sich genug von dem Haufen, um sich und meine Ma, die immer noch in Kentucky lebt, zu unterstützen.« Er wies auf ihren Bauch. »Das ist der Rest.«
    »Moment mal. Woher wollen Sie so genau wissen, daß es achttausend sind?«
    »Weil er mir gesagt hat, wieviel er geholt hat und was er seither ausgegeben hat. Ich habe ein bißchen subtrahiert und ausgerechnet, was noch da sein mußte.«
    »Wo ist der Rest?«
    »Naja. Ich schätze, es ist immer noch da, wo es war.«
    Ich starrte ihn an. »Ich hoffe, Sie wollen mir nicht erzählen, daß er gestorben ist, ohne jemandem mitzuteilen, wo er es versteckt hat.«
    Ray zuckte verlegen die Achseln. »So in etwa.«

12

    Laura stöhnte und beugte sich vornüber, als stünde sie kurz vor einem Ohnmachtsanfall. Sie versuchte, den Kopf zwischen die Knie zu stecken, doch ihr sperriger Bauch behinderte sie. Sie lehnte sich seitlich gegen die Kissen und zog die Knie an wie ein Kind, das Bauchweh hat.
    »Was ist denn los?« fragte Ray.
    »O Gott, ich dachte, es wäre mehr. Ich dachte, du wüßtest, wo es ist«, flüsterte sie und fing wieder an zu weinen. Ich bin ein hartherziges Persönchen. Ich saß da und fragte mich, warum Weinen gelegentlich mit den Silben »buu-hu« bezeichnet wird. Ich habe noch nie jemanden beim Weinen auch nur entfernt verwandte Laute benutzen hören.
    Ray ging hinüber und setzte sich zu ihr. »Alles in Ordnung?«
    Sie schüttelte den Kopf und schaukelte vor und zurück.
    »Laura fehlt nichts«, sagte ich angeödet. Mir war bewußt, daß mein Tonfall barsch war, aber ich wußte, was sie im Schilde führte, und dieses Heulsusen-Getue war einfach nervig. Ray rieb ihr den Rücken und tätschelte ihr die Schulter mit einer Reihe nutzloser Bewegungen, die trotz allem sein Mitgefühl und seine Betroffenheit kundtaten. »He, komm schon. Ist ja gut. Sag mir einfach, was dir fehlt, dann helfe ich dir. Ich verspreche. Nicht weinen.«
    »Entschuldigen Sie bitte, Ray, aber Sie sollten sich vorsehen. Sie ist bereits eifrig damit beschäftigt, Gilbert zu hintergehen, und in den ist sie angeblich verliebt. Weiß der Himmel, was sie dann mit Leuten macht, die ihr scheißegal sind. Äh, das sind Leute wie wir, falls Sie nicht mitgekommen sind«, sagte ich.
    Er sah sie mit gerunzelter Stirn an. »Stimmt das? Versuchst du, dich von ihm abzusetzen?«
    »Indem sie bei uns eine Schau abzieht«, sagte ich giftig. Keiner von beiden beachtete mich. Ich hätte mir den Atem sparen können.
    Ich reichte ihr einen weiteren Packen Tempos, und sie absolvierte noch einmal die ganze Schneuzprozedur. Sie preßte sich ein Taschentuch auf die Augen, um den Tränenstrom zu stoppen. Dann setzte sie zu einer bruchstückhaften Erklärung an, schaffte es aber nicht ganz, und so war es an mir, zu dolmetschen. Ich sagte: »Sie und Farley haben sich verbündet. Sie brennt mit dem Geld durch. Das ist aber nur eine Vermutung meinerseits.«
    »Du und Farley habt beschlossen, ihn auszubooten?« fragte er. Er versuchte, gelassen zu klingen, aber ich merkte, daß er ernsthaft beunruhigt war. Er kannte Gilbert gut genug, um zu wissen, wie tief sie in Schwierigkeiten steckte. Sie nickte, und die Tränen liefen ihr die Wangen hinunter.
    »Oh, mein Gott, Baby. Ich wünschte, ich hätte gewußt, was du vorhast. Das ist wirklich kein guter Plan.«
    »Ich kann es nicht ändern. Farley liebt mich. Er hat gesagt, er würde mir

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