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Letzte Ehre

Letzte Ehre

Titel: Letzte Ehre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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ich in ein Kino auf dem Westwood Boulevard und sehe diesen Film über ein Mädchen, das an Krebs stirbt. Ist es zu fassen? Wie heißt sie noch, Shirley MacLaine und diese andere da, Debra Winger. Da hatte ich es. Ich hätte meine Idee bei der Gewerkschaft registrieren lassen sollen, nur daß mir das keiner gesagt hat. Glutheißen Dank, Kumpels.«
    Ich sah zu ihm hinüber. »Sie hatten die Idee für die Handlung von Zeit der Zärtlichkeit ?«
    »Nicht die Handlung an sich, aber das Grundkonzept. Mein Mädchen hat nicht geheiratet und so viele Kinder bekommen. Wenn Sie mich fragen, das war übertrieben.«
    »War Zeit der Zärtlichkeit nicht ein Roman von Larry McMurtry?«
    Er schüttelte mit einem Seufzer den Kopf. »Genau das sage ich ja. Was glauben Sie, wo er das herhatte?«
    »Was ist mit dem Astronauten? Den Jack Nicholson gespielt hat?«
    »Damit habe ich mich nicht aufgehalten, und ich persönlich finde auch nicht, daß das so gut gepaßt hat. Später habe ich erfahren, daß diese Schauspielerin bei dem Agenten war, der früher einmal der Partner von Shirley MacLaines Agent war. So läuft es eben in Hollywood. Echt inzestuös. Die ganze Geschichte hat mich ziemlich sauer gemacht, muß ich sagen. Ich habe nie einen Cent gesehen, und als ich sie danach gefragt habe, hat sie mich angestarrt, als wüßte sie gar nicht, wovon ich rede. Dann habe ich ihren Zweitwagen zu Klump geschlagen und in Brand gesteckt.«
    »Tatsächlich.«
    Er warf mir einen Seitenblick zu. »Sie machen vermutlich eine Menge interessanter Erfahrungen in Ihrer Branche.«
    »Nein. Es ist in erster Linie Papierkram.«
    »Geht mir genauso. Die Leute bilden sich ein, ich müßte all diese Rockstars kennen. Das höchste der Gefühle, was ich einmal erlebt habe, war, als ich Sonny Bono zu seinem Hotel gefahren habe. Die Trennscheibe war die ganze Zeit hochgekurbelt, was mich ziemlich angekotzt hat. Als ob ich beim National Enquirer anrufen würde, wenn er irgendeinem Häschen die Hand unter den Rock schiebt.«
    Ich drehte mich auf meinem Sitz um. Die Trennscheibe war unten, und ich spähte durch den gesamten Innenraum der Limousine und durch die dunkel getönte Heckscheibe hinaus. Hinter uns kam ein fließender Strom von Autos, die allesamt mit halsbrecherischer Geschwindigkeit den Highway entlangrasten. Wir bogen von der Hauptstraße in den Gewerbe-/Industriepark ein. In der Ferne sah ich das Desert Castle auftauchen, rotes Neon, das flammend unter dem Nachthimmel glühte. Ich sah zu, wie das Rot aus den Buchstaben lief und wieder hineinfloß. Das Verhältnis der erleuchteten Zimmer zu den dunklen erzeugte ein unregelmäßiges Schachbrettmuster, wobei die Häufigkeit der schwarzen Vierecke auf eine Auslastung von fünfzehn Prozent schließen ließ. Nun folgten uns nur noch ganz wenige Autos. Da es Sonntagabend war, war kaum anzunehmen, daß sie zu den Büros rechts und links der Straße unterwegs waren. Wir passierten die Miniatur-Oase mit ihrem falschen Steinturm, einem Bauwerk, das vermutlich nur geringfügig höher war als ich. Nathaniel schwenkte mit der Limousine in die kreisförmige Hotelzufahrt ein und bremste unter den Säulen sachte ab.
    Ich merkte, wie sich Unruhe in mir regte, als ich mich fragte, ob er eine Bezahlung für seine Dienste erwartete. »Ich habe nicht genug, um Ihnen ein Trinkgeld zu geben. Sorry.«
    »Schon in Ordnung.« Er reichte mir seine Visitenkarte. »Wenn Sie irgendwelche Ideen für einen Film über einen weiblichen Sam Spade haben, könnten wir vielleicht zusammenarbeiten. Mädels, die sich prügeln und solches Zeug.«
    »Ich werd’s mir durch den Kopf gehen lassen. Jedenfalls herzlichen Dank für Ihre Hilfe.«
    Ich stieg aus, schloß die Tür hinter mir und merkte gerade noch, daß die Limousine bereits davonfuhr. Vom Hilfssheriff war nichts zu sehen, aber Dallas County ist groß, und so lange war es ja noch nicht her, daß ich angerufen hatte. Ich ging auf die Drehtür zu und verfiel in meiner Eile beinahe in Trab. Die Hotelhalle wurde von dem abreisenden Leichtathletikteam bevölkert, Halbwüchsigen in Shorts, Jeans und identischen Satinjacken, auf deren Rückseite ihr Schulmaskottchen gestickt war. Allesamt trugen sie Laufschuhe, die ihre Füße riesig aussehen und ihre präpubertären Beine zu Stecken schrumpfen ließen. Sporttaschen und überdimensionale Matchsäcke aus Segeltuch waren zu ungeordneten Haufen aufgetürmt worden, während die Kids selbst ziellos herumliefen und sich mit Unfug aller Art

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