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Letzte Ernte. Ein kulinarischer Krimi

Letzte Ernte. Ein kulinarischer Krimi

Titel: Letzte Ernte. Ein kulinarischer Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Hillenbrand
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tippte Kieffer auf einige Biere zu viel. Falls das zutraf, würde der ungebetene Gast vielleicht unwirsch auf die Blockade reagieren, aber im Großen und Ganzen friedlich bleiben. Sollte er hingegen zu viele Obstler oder andere scharfe Sachen gekippt haben, dann musste man sich auf alles gefasst machen, auch auf einen plötzlichen linken Haken oder gar eine Waffe. Kieffer war darauf vorbereitet und behielt die Hände des Mannes im Auge.
    Er hätte besser auf dessen Beine achten sollen.
    Seinen Fehler erkannte Kieffer viel zu spät, eigentlich erst, als das Knie des Mannes bereits zwischen seinen Oberschenkeln war. Für einen sehr langen Moment bestand die Welt nur noch aus Schmerz. Als Kieffer zu sich kam, lag er zusammengekrümmt auf dem Boden, und um ihn herum war die Hölle los. Menschen schubsten einander, andere drängten sich an die Zeltwand, um der Schlägerei zu entkommen. Er wusste, dass er rasch auf die Beine kommen musste, bevor jemand auf ihn trampelte. Irgendwie schaffte er es, sich an einer Zeltstange hochzuziehen. Vor sich erkannte Kieffer einen der beiden Männer, die den Betrunkenen verfolgt hatten.
    Aber wo war der Kerl? Der Mann war nirgendwo zu sehen. Kieffers Blick wechselte zwischen den Menschen hin und her. Ihm war schwindelig, und er glaubte, dass er sich würde übergeben müssen. Das Zelt war noch immer rappelvoll, allerdings war Bewegung in die Menge geraten. Niemand saß mehr, alle standen und verfolgten das Geschehen oder versuchten, sich in Sicherheit zu bringen. Nur die Sängerin machte unverdrossen weiter:
    Der Wirt nahm ihn beim Sterzen
Die Police nahm ihn mit fort
Der Jang sang: ›An Eurem Herzen
Da ist der sicherste Ort‹
    Und Valérie? Wo war Valérie? Dann sah er sie. Seine Freundin stand mit dem Rücken zur Zeltwand. Vor ihr hatte sich der zweite Verfolger aufgebaut, ein breitschultriger Kerl mit Glatze. Hinter Valérie stand der Mann mit der Nickelbrille. Er redete immer noch pausenlos mit hoher Stimme, während er ihren Arm umklammerte und daran zog. Sie schrie. Dann gingen beide zu Boden.
    Kieffer setzte sich in Bewegung. Er brüllte auf Französisch »Lass sie in Ruhe!« und schob sich an dem Kahlkopf vorbei. Der Betrunkene sah ihn, rappelte sich auf und lief davon, weiter in das Zelt hinein. Kieffers Beine zitterten, als er neben Valérie in die Knie ging. »Alles okay, Val?«
    Sie setzte sich auf und fasste nach ihrem rechten Ellenbogen, ihr Gesicht war schmerzverzerrt. Kieffer half ihr, wieder auf die Beine zu kommen. Überall um sie herum waren Leute. Kaum standen sie, wurden sie beinahe wieder umgeworfen. Der Glatzkopf und sein Freund rempelten sie beiseite, die Männer versuchten anscheinend, ihrem betrunkenen Kumpel zu folgen.
    »Jetzt reicht’s!«, schrie Kieffer. »Raus aus meinem Lokal!« Der Hüne warf einen Blick auf die Kochjacke des Luxemburgers. Dann hob er beschwichtigend die Hände und sagte auf Deutsch: »Entschuldigen Sie bitte. Das ist alles etwas außer Kontrolle geraten. Unser Freund ist sehr betrunken. Bitte lassen Sie uns vorbei, wir bringen ihn nach Hause.«
    »Xavier«, rief Valérie, doch bevor sie weitersprechen konnte, war Kieffer bereits zur Seite getreten.
    »Meinetwegen«, knurrte er. »Schafft ihn hier raus, bevor ich die Polizei rufe. Ihr habt für den Rest der Kirmes Hausverbot!«
    Die beiden Männer machten sich auf die Suche nach ihrem Freund. Kieffer folgte ihnen, denn er wollte sichergehen, dass der Besoffene keinen weiteren Schaden anrichtete. Im Fahrwasser der beiden bewegte er sich durch das volle Zelt, bevor sich die Lücke hinter ihnen wieder schloss.
    Nach kurzer Zeit erreichten sie die hintere Zeltwand. Es gab hier keinen weiteren Ausgang. Sie schauten sich um, dann zeigte der muskulöse Glatzkopf auf einen klaffenden Riss in der Zeltplane. Bevor Kieffer etwas sagen konnte, vergrößerte er durch beherztes Ziehen das Loch und die beiden Männer stiegen hindurch. Kieffer ließ sich auf eine Bierbank sinken. Er spürte, wie sich eine Hand auf seine Schulter legte. »Xavier, geht es dir gut?« Er blickte auf und sah in Valéries besorgtes Gesicht.
    »Nein. Na ja, es geht schon. Mein Glück ist nur, dass mich der Kerl nicht richtig getroffen hat, sonst wären meine Eier jetzt Mus.«
    Valérie hockte sich vor ihm hin und schaute ihm in die Augen. »Wir müssen die Polizei rufen!«
    Er schüttelte matt den Kopf. »Wegen so einer Rauferei? Nicht nötig. So etwas passiert auf der Kirmes alle Tage. Die Typen bringen ihren besoffenen

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