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Letzte Ernte. Ein kulinarischer Krimi

Letzte Ernte. Ein kulinarischer Krimi

Titel: Letzte Ernte. Ein kulinarischer Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Hillenbrand
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überdimensionierte Lavalampen. Vor einem Sitzsack stand eine Playstation, von der Decke baumelte ein Lego-Nachbau des Todessterns. Die restlichen freien Flächen waren bedeckt mit Laptops, Bildschirmen und Dutzenden Handy-Prototypen. Sundergaard ließ sich in seinen Schreibtischstuhl fallen und deutete auf den Sitzsack. »Was geht ab?«
    »Ich habe ein etwas mysteriöses Problem. Es geht um Computerhacker, Kryptografie und Börsenspekulation. Glaube ich zumindest.«
    »Klingt verwegen.«
    Kieffer erzählte Sundergaard von Kats und von dem, was er und Valérie bisher herausgefunden hatten. Dann legte er das Tablet auf den Tisch. Der Schwede nahm es aus der Hülle und schaltete es ein. Nachdem er etwas herumprobiert hatte, steckte er ein Kabel in das Gerät und schloss es an einen Rechner an.
    »Kaltes System«, sagte er, »ich habe keine Lust, mir irgendeinen Virus zu fangen. Ich lasse mal ein Analyseprogramm drüberlaufen.«
    Nach einigen Minuten sagte er: »Wer immer das hier gemacht hat, wusste, was er tut. Das ist ein handelsüblicher Tabletcomputer. Der Besitzer dieses Geräts, wie hieß er gleich?«
    »Aron Kats.«
    »Der gute Aron hat alles runtergekratzt und eine neue, frisierte Software aufgespielt, ein Betriebssystem mit festgeschweißter Kühlerhaube sozusagen. Nur die Hardware ist noch original. Ansonsten alles doppelt und dreifach gegen Missbrauch gesichert, Kopierschutz, Datenübertragung über eine verschlüsselte Mobilfunkverbindung. Die Börsenprogramme sind anscheinend alle Standardware, dito Furious Foxes. Geiles Spiel übrigens. Diese App namens Soft Red Winter scheint mir hingegen selbst gestrickt zu sein. Was soll das eigentlich bedeuten? Weicher, roter Winter?«
    »Ist eine Weizensorte, sagt einer meiner Bankerfreunde.«
    »Aha. Moment.« Sundergaard tippte etwas in einen Laptop. Er zeigte auf das Display. »Guck mal hier.«
    Der Bildschirm zeigte eine Börsenseite mit hektisch blinkenden Grafiken. Darüber stand »Soft Red Winter Wheat, Mar 14, CBOT«.
    »Das ist die Kursgrafik für diesen Weizen am Chicago Board of Trade, der größten US-Rohstoffbörse. Zum Liefertermin Ende März nächsten Jahres kostet er 9,89 Dollar je Scheffel, was sich«, Sundergaard tippte etwas, »in etwa mit dem auf deinem Tablet angegebenen Weizenpreis deckt.«
    »Und was bedeutet das?«
    »Keine Ahnung. Vermutlich, dass in diese Red-Winter-App auf dem Tabletcomputer aktuelle Preisdaten der Chicagoer Rohstoffbörse einlaufen.«
    »Und wozu sind diese Schieberegler da?«, fragte Kieffer.
    »Wenn du mir das Ding über Nacht hierlässt, schaue ich mal, ob ich es herausfinde.«
    »Okay. Aber du musst dir meinetwegen nicht die ganze Nacht um die Ohren …«
    Sundergaard schüttelte den Kopf und hob gebieterisch die Hand. »Die Nacht ist die Braut des Programmierers! Schon okay, aber jetzt muss ich dich vor die Tür setzen, der Künstler muss arbeiten. Morgen rufe ich dich an.«
    Kieffer bedankte sich und verließ das Büro. Über eine kleine Brücke gelangte er von den Rives auf einen Fußpfad, der an der Alzette entlangführte, Richtung Grund. Nach kurzer Zeit erreichte er die Wenzelsmauer, hinter der die alte Münsterabtei stand und überquerte deren Innenhof. Rechts von ihm ragte die hohe Wand des Bockfelsens auf, mit den Oberstadthäusern darüber. Kurz überlegte er, in dem kleinen Café an der Alzettebrücke noch etwas zu trinken. Doch obwohl der Laden nur spärlich besucht war, schienen ihm selbst die wenigen dort sitzenden Menschen auf einmal unsäglich laut, und so ging er rasch vorbei, bog in die Tilleschgass ein, und schloss die Tür des Hauses mit der Nummer 27a auf. In der Küche versorgte sich Kieffer mit einer Flasche gekühltem Riesling, einer Schale Kalamata-Oliven sowie einigen Fenchelkräckern, die er kürzlich an einem Stand auf dem Knuedler gekauft hatte. Dann setzte er sich in seinen Liegestuhl im Garten und schaute auf den Fluss. Fast wäre er dort eingeschlafen.

18
    Wenn sich Kieffer mit seinem Freund Pekka Vatanen zum Mittagessen verabredete, galten eigentlich feste Regeln: Erstens fanden die Treffen stets im »Deux Eglises« statt. Zweitens wollte der Finne an einem bestimmten Tisch links neben der Theke sitzen, unter einem verwitterten Ölgemälde der Abbaye de Neumünster. Und drittens spülten sie ihr Mahl stets mit seltenen luxemburgischen Rivaner- oder Rieslinglagen aus Kieffers persönlicher Reserve herunter. In all den Jahren, die sie sich kannten, hatte es nie Abweichungen von diesem

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