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Letzte Ernte. Ein kulinarischer Krimi

Letzte Ernte. Ein kulinarischer Krimi

Titel: Letzte Ernte. Ein kulinarischer Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Hillenbrand
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kleinen Plastikmessbecher aus seinem Rucksack und misst ihn ab. Weil er immer exakt hundertvierzig Milliliter Kaffee trinkt. Mehr sei ungesund. Er war zudem Veganer, Antialkoholiker, Nichtraucher sowieso. Außerdem konnte er nicht mit dem Rücken zur Tür sitzen.«
    »Das klingt alles sehr zwanghaft.«
    »Aber hallo. Während des Workshops hat jemand aus Versehen Kats’ Stifte durcheinandergebracht, die er fein säuberlich vor sich auf dem Tisch aufgereiht hatte. Da fing der sofort an, schwer zu atmen und vor sich hin zu zählen.«
    Kieffer fuhr hoch. »Er hat gezählt? Wie meinen Sie das?«
    »Na ja, vor sich hingezählt. Und zwar Primzahlzwillinge: 3 und 5, 7 und 11 und so weiter. Einer seiner Kollegen hat mir erklärt, dass Primzahlen Kats immer beruhigten.«
    »Es gibt noch eine Sache, die ich nicht verstehe, Herr Kwaukas. Nach allem, was Sie mir erzählt haben – und auch nach allem, was ich von anderen gehört habe –, war Kats ein sehr scheuer, möglicherweise autistischer Mensch. Seit er in Luxemburg lebt, war er noch nie mit dem Gesetz in Konflikt gekommen. Wieso stiehlt so jemand Codes? Warum hackt er sich in Bankcomputer ein und publiziert deren Daten im Internet? Das klingt alles eher nach einem Anarcho-Aktivisten oder nach organisierter Kriminalität. Aber …«
    »… nicht nach einem Typ, der andauernd auf seine Schuhspitzen guckt.«
    »Genau.«
    Kwaukas zuckte mit den Achseln. »Ich habe mich das auch gefragt, als ich dieses Männlein zum ersten Mal sah. Wirkte auf mich nicht gerade wie ein Al Capone, nicht mal wie ein Kim Schmitz. Aber wer versteht schon Menschen? Deren Handlungen können Sie nicht einmal mit Markov-Algorithmen vorhersagen. Offenbar hatte er eine dunkle Seite.«
    »Handelt Ihr Fonds eigentlich auch mit Rohstoffen, Herr Kwaukas?«
    »Nein, wir arbitragieren ausschließlich Sovereigns.« Als er Kieffers leeren Blick bemerkte, fügte der Fondsmanager hinzu: »Wir nutzen die unterschiedlichen Zinssätze von Staatsanleihen, um Geld zu verdienen. Rohstoffe sind schwierig.«
    »Sie meinen moralisch betrachtet?«
    »Vielleicht auch das. Aber was ich meinte ist eher, dass der Markt für Weizen oder Mais verhältnismäßig klein ist, vielleicht fünfhundert Milliarden Dollar.«
    »Klingt recht beeindruckend«, wandte Kieffer ein.
    »Der globale Aktienmarkt ist mehr als zehnmal so groß. Außerdem gibt es bei Rohstoffen drei Platzhirsche: Melivia, Silverstein und Donjon. Und damit ist der Markt auch schon relativ dicht, da wird man als kleiner Spieler zwischen den Großen leicht zerrieben. Bei Aktien und Anleihen ist hingegen unbegrenzt Spielfläche vorhanden.«
    Der Koch legte seine Hände auf die Tischplatte. »Vielen Dank für Ihre Hilfe, Herr Kwaukas.«
    »Nichts zu danken. Wenn Sie weitere Details hören sollten, vor allem über Melivia – kontaktieren Sie mich dann?« Kwaukas lächelte verschwörerisch und zog eine Visitenkarte aus seiner Hosentasche. »Ich bin ja sehr für E-Mail, aber in dem Fall vielleicht lieber per Handy.«
    »Ich verstehe. Wenn es etwas Neues zu berichten gibt, melde ich mich. Und wenn Sie mal Luxemburgisch essen möchten …«, Kieffer entnahm seinem Portemonnaie eine Karte des »Deux Eglises« und schob sie dem Fondsmanager hin. Der nahm sie, stand auf und geleitete den Koch durch den Großraum zurück zum Aufzug. Kieffer zählte etwa dreißig Arbeitsplätze. »Hier sitzen ja doch recht viele Menschen«, sagte er. »Ich hatte geglaubt, dieses Hochfrequenzgeschäft werde komplett von Computern abgewickelt.«
    Sie stiegen in den Aufzug. »Wird es auch«, antwortete Kwaukas. Dann drückte er die 5. Der Fahrstuhl fuhr an.
    »Fahren wir nicht runter?«, fragte Kieffer.
    »Gleich. Erst zeige ich Ihnen noch etwas.« Als sich die Lifttür öffnete, blickte Kieffer auf eine Panzerglastür, hinter der ein Serverraum lag. Kwaukas hielt eine Keycard an ein Lesegerät, woraufhin sich die wuchtige Tür mit einem Summen öffnete.
    »Die Menschen hier sind fast alle Programmierer, die an Modellen feilen. Aber die Transaktionen werden vollständig von unseren Rechnern abgewickelt. Dieser Serverpark ist über Glasfaser direkt an die Computer der Luxemburger Börse gekoppelt.«
    Der Sitz der Börse war nur wenige Hundert Meter von Pickhams Gebäude entfernt. »Deshalb sitzen Sie nicht auf dem Kirchberg?«
    »Deshalb, und weil wir dort kein Gebäude gefunden haben, das unseren Sicherheitsstandards entsprach.«
    »Computersicherheit oder Gebäudesicherheit?«
    »Serversicherheit.

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