Letzte Ernte. Ein kulinarischer Krimi
schmutzigbraunes Etwas verwandelt. Er schob ihn weg und blickte auf die Wand hinter Lobato. Dabei fiel sein Blick wieder auf die Obstposter.
»Es ist ein Apfel!«, rief er aufgeregt. »Er gibt Persephone einen Apfel!«
Lobato verschränkte die Arme und lehnte sich zurück. »Wer gibt Persephone einen Apfel? Und wer ist das überhaupt?«
»Persephone war das Codewort, das man benötigte, um in dem Bunker an das Tablet zu kommen. Sie ist die griechische Göttin der Ernte. Vermutlich kein Zufall, denn es geht ja anscheinend um Spekulationsgeschäfte mit Getreide. Der Sage nach hat Persephone von Hades einen Apfel geschenkt bekommen. Nein, das stimmt nicht – es war ein Granatapfel.«
»Und was folgern Sie jetzt daraus, Haer Kieffer? Außer, dass Kats ein Faible für griechische Mythen hatte?«
»Dass der vierte Schlüssel ein Granatapfel ist.«
»Wie soll denn eine Frucht ein Schlüssel sein? Und für was?«
Kieffer zuckte mit den Achseln. »Vermutlich ein weiteres Rätsel. Die vier Schlüssel benötigt man – nach allem, was ich bisher verstanden habe – vermutlich für den Zugang zu den gestohlenen Algorithmen. Haben Sie die drei farbigen Schlüssel eigentlich schon überprüfen lassen?«
Lobato nickte. »Handelsübliche Sicherheitsschlüssel. Wir prüfen noch, zu welchem Schloss sie gehören könnten.«
Sie fuhr sich mit den Handflächen über das Gesicht. »Könnte es sein, dass Sie den rätselhaften Aussagen des Verstorbenen zu viel Bedeutung beimessen? Wer weiß, ob er ganz bei Sinnen war, als er die Nachricht hinterließ.«
»Wie meinen Sie das?«, fragte Kieffer.
»Es gibt Hinweise darauf, dass er unter Drogen stand, als er sprang.«
»Was für Drogen?«
»Halluzinogene, LSD. Schwer nachzuweisen, weswegen wir die Spuren auch erst jetzt bei einem zweiten Test in einem Speziallabor gefunden haben.«
»Unmöglich!«
»Wieso unmöglich?«
»Als ich den Mann auf der Kirmes sah, glaubte ich zunächst, er sei betrunken. Aber Kwaukas hat mir erzählt, Kats habe nicht einmal zwei Becher Kaffee am Tag getrunken, geschweige denn Alkohol. Würde sich so jemand LSD reinpfeffern?«
Sie nickte kaum merklich. »Nach allem, was ich bisher über ihn gehört habe, passt das nicht. Ein Asperger-Autist, der Börsencomputer hackt, LSD nimmt und Spielbanken sprengt.«
Spielbanken? Im ersten Moment glaubte Kieffer, Lobato habe sich verplappert. Als er sie jedoch ansah, wurde ihm klar, dass dem nicht so war. Vielmehr hatte sie ihm einen Brocken hingeworfen, scheinbar beiläufig und beobachtete nun seine Reaktion. Sie wollte herausfinden, ob er ihr noch weitere Informationen über Kats vorenthielt. Aber wenn sie etwas aus seinem Gesicht herauslesen konnte, würde es echte Überraschung sein.
»Wieso Spielbanken?«, fragte er.
Lobato antwortete nicht. Kieffer war kurz davor, die Beherrschung zu verlieren. »Ich will Ihnen helfen. Ich bin der Letzte, der diesen Mann lebend gesehen hat. Vielleicht macht mich das in Ihren Augen verdächtig, was übrigens Unsinn ist. Es macht mich aber auch zum besten Sparringspartner, den Sie für diesen Mist kriegen werden.«
Die Kommissarin stand auf, ging um den Tisch herum, lief dann wieder zurück. Sie beugte sich über den Laptop und tippte auf dem Mauspad herum. »Also gut. Wie ich Ihnen bereits beim letzten Mal erklärt hatte, ist Kats stets völlig unauffällig gewesen, nicht mal ein Parkticket. Was dazu allerdings überhaupt nicht passt, ist diese Spielbankgeschichte. Vor zwei Wochen ist er aus dem Casino in Baden-Baden geflogen.«
»Weswegen?«
»Er hat offenbar beim Blackjack die Karten gezählt. Wenn man das richtig macht, kann man sich gegenüber dem Casino einen Vorteil verschaffen. Laut Reglement ist das verboten, und als es dem Croupier auffiel, haben sie ihn vor die Tür gesetzt. Was nicht ganz einfach war. Er protestierte lautstark, möglicherweise war er betrunken. Im Foyer hat er eine Vase demoliert.«
»Und wie sind Sie auf diese Geschichte gestoßen?«
»Der Sicherheitsdienst der Spielbank hat das Autokennzeichen des Luxemburger Fahrzeugs notiert, mit dem der Mann weggefahren ist und bei der baden-württembergischen Polizei Anzeige erstattet. Die haben dann bei uns den Halter angefragt.«
»Und?«
»Ein Mietwagen, Avis. Gemietet von Aron Kats.«
»Wieso ist Ihnen das nicht schon früher aufgefallen?«, fragte Kieffer.
»Weil solche Kennzeichenabfragen nicht personenbezogen vermerkt werden. Außerdem führte diese ja nicht zu Kats, sondern zu Avis. Bei
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