Letzte Ernte. Ein kulinarischer Krimi
zuckte mit den Achseln. »Vermutlich nicht. Als er sich eine angesteckt hat, ging auf jeden Fall sofort das Gepiepe los. Dann musste er schnell weg und hat eine Fluchttür im Treppenhaus geöffnet. Dadurch ist dann der Gebäudealarm losgegangen.« Sie schaute den Sicherheitsmann an. »Korrekt, Monsieur Rizzoli?«
»Ja, Madame. Wenn er bis sieben Uhr gewartet hätte, wäre es ihm vielleicht möglich gewesen, unbemerkt durch die Tiefgarage zu entwischen, dann wird nämlich das Tor geöffnet.« Er machte sich noch einen Zentimeter größer. »Ich vermute, das war sein ursprünglicher Plan.«
Muller nahm einen schmalen Reporterblock aus der Hosentasche und notierte sich etwas. »Wann genau wurde denn der Alarm an dem Notausgang ausgelöst?«
»Gegen halb sechs, Commissaire.«
Muller und Lobato sahen einander an. Dann nahm der Kommissar einen der Streifenpolizisten zur Seite und flüsterte ihm etwas zu. Seine Miene verfinsterte sich. »Herr Rizzoli, Sie haben die 113 gegen Viertel vor sieben angerufen. Das war mehr als eine Stunde danach. Warum?«
Der Sicherheitsmann schaute betreten zu Boden. Muller verlor die Geduld.
»Raus damit, Mann! Wieso rufen Sie uns erst an, wenn der Täter bereits über alle Berge ist?«
Rizzoli hatte zu schwitzen begonnen. »Es war nicht meine Schuld, Monsieur le Commissaire, das müssen Sie mir glauben. Ich bin ja nur der Wachmann. Die von Lityerses haben gesagt, man braucht die Polizei nicht zu rufen, weil der Einbrecher in keinem der vier Stockwerke, in denen Lityerses sitzt, in die Büros rein ist.«
»Und warum haben Sie es sich dann doch anders überlegt?«
Der Wachmann sah aus, als sei er den Tränen nahe. »Ich soll den Anordnungen der Mieter, also in diesem Gebäude Lityerses, Folge leisten. Aber wir bewachen den ganzen Komplex, und ich muss mich auch an das halten, was der Hausverwalter sagt. Als ich den anrief, war er wütend, dass die Polizei noch nicht da war. Denn ein Einbruch ist ein Versicherungsfall und muss umgehend gemeldet werden.«
In diesem Moment glitt die Tür des Fahrstuhls auf und zwei Männer traten heraus. Als Lobato die beiden sah, entfuhr ihr ein leises »fodes!« – Portugiesisch für »fuck«.
Kieffer war sich nicht sicher, welchem der Männer der Fluch galt. Sie sahen beide unerfreulich aus, jeder auf seine Weise. Der eine maß mindestens 1,90 Meter. Er hatte einen Meckischnitt, breite Schultern und ein Gesicht, das den Koch an eine Holzschnitzerei aus dem Erzgebirge erinnerte. Zu Hemd und Krawatte trug er einen ledernen Fliegerblouson, dessen Ärmel hochgekrempelt waren. Sein Begleiter war um die sechzig, und alles an ihm roch nach Anwalt: der gedeckte Dreiteiler, die streng zurückgekämmten Haare und die manikürten Finger, die einen Aktenordner umschlossen. Er lächelte wie jemand, der gleich eine Unterredung mit einigen äußerst begriffsstutzigen Individuen führen muss.
»Guten Morgen, die Herrschaften«, sagte er in geschliffenem, leicht wallonisch gefärbtem Französisch. »Mein Name ist Pierre Nothombe, ich bin der Anwalt von Lityerses Investments. Danke, dass Sie so schnell kommen konnten.«
»Moien«, sagte Lobato. »Wir wären noch viel schneller gekommen, wenn man uns zeitnah benachrichtigt hätte, Monsieur Nothombe.«
Sie spie den Namen förmlich aus. Kieffer wusste nun, wem der portugiesische Fluch gegolten hatte.
»Das tut mir außerordentlich leid«, sagte der noch immer stoisch lächelnde Nothombe. »Aber es ist ja nichts abhandengekommen. Herr Scholz«, er zeigte auf seinen Begleiter, »ist der Sicherheitschef von Melivia. Er muss gleich in einen wichtigen Conference Call, wird jedoch sicherlich später gerne Ihre Fragen beantworten.«
»Später?«, Lobato machte einen Schritt auf Nothombe zu und tippte mit dem Finger gegen dessen Revers. »Sie werden uns jetzt unverzüglich Rede und Antwort stehen!«
Muller legte eine Hand auf Lobatos Schulter. Nothombe lächelte immer noch, aber nicht mehr ganz so engagiert.
»Madame Inspecteur adjoint, ich muss mich doch sehr über Ihren Tonfall wundern. Er ist gänzlich unangemessen. Leider nicht zum ersten Mal. Ich werde später mit Directeur Manderscheid darüber sprechen.«
»Erzählen Sie Manderscheid was Sie wollen«, knurrte Lobato. »Ihre Firma, und insbesondere Ihr Sicherheitschef stehen unter dem dringenden Verdacht, die Ermittlungen in der Mordsache Kats zu behindern.«
Nothombes Lächeln verschwand. »Mordsache? Nach meinen Informationen …«
Nun war es an Lobato, zu
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