Letzte Ernte. Ein kulinarischer Krimi
lächeln. »Ihre Informationen sind veraltet. Die Ermittlungen wurden wieder aufgenommen. Dazu habe ich dringende Fragen an Ihren Klienten Herrn Scholz.«
Statt Nothombes Antwort abzuwarten, baute sie sich vor Lityerses’ Sicherheitschef auf. »Wo waren Sie in der Nacht vom vorletzten Samstag auf Sonntag, zwischen zehn und vier Uhr?«
»Sie müssen das nicht beantworten«, sagte Nothombe.
Scholz machte eine beschwichtigende Handbewegung. »Ist schon gut. Mein Französisch ist sehr schlecht«, sagte er in sehr schlechtem Französisch. Dann fuhr er auf Deutsch fort: »Ich war den ganzen Abend in Weggis, am Melivia-Firmensitz, danach bis halb zwei beim Krafttraining. Dafür gibt es etliche Zeugen. Ich bin erst seit gestern hier.«
»Warum?«
»Routinebesuch.«
»Kennen Sie einen Fernand Kampff, Herr Scholz?«
Der Deutsche schaute nach oben, als bereite ihm die Erinnerung Schwierigkeiten. »Hmmm, ja, warten Sie. Ich meine, dass er ein Luxemburger Privatdetektiv ist, der eine Zeit lang für uns gearbeitet hat.«
»Seit wann nicht mehr?«
»Müsste ich nachprüfen lassen. Unsere Sicherheitsabteilung hat mehr als achtzig Mitarbeiter, dazu kommen über zweihundert Freelancer.«
»Ich hoffe für Sie, dass er zum Zeitpunkt von Kats’ Tod nicht mehr bei Ihnen beschäftigt war. Da wurde er nämlich in der Nähe der Roten Brücke gesehen«, sagte Lobato.
Kieffer öffnete den Mund, dann schloss er ihn wieder. Das war eine Information, die Lobato ihm bisher vorenthalten hatte. Scholz schaute hilfesuchend seinen Anwalt an.
»Außerdem haben wir inzwischen Hinweise, dass Kats Ihnen bei seinem Abgang Daten entwendet hat«, warf Muller ein.
Lobato schaute Scholz direkt in die Augen. »Wertvolle Daten. So etwas nennt man ein Motiv.«
Nothombe begann zu lachen. »Nein, Madame, so etwas nennt man einen Bluff. Das ist lächerlich. Ich kann Ihnen versichern, dass Melivia und seine Angestellten nichts mit Kats’ äußerst bedauerlichem Hinschied zu tun haben. Ferner ist uns nichts gestohlen worden. Das habe ich doch bereits neulich zu Protokoll gegeben, und«, Nothombe machte eine Kunstpause, »ich habe es auch Directeur Manderscheid sowie dem Staatsanwalt gesagt. Diese haltlosen Verdächtigungen und Unterstellungen gehen entschieden zu weit, und ich verwahre mich im Namen meines Mandanten dagegen. Falls Sie weitere Fragen an Herrn Scholz oder andere Melivia-Mitarbeiter haben sollten, können wir gerne einen Termin auf dem Präsidium vereinbaren.«
»Sie werden jetzt nicht einfach verschwinden«, bellte Lobato. »Erst zeigen Sie uns die Büros.«
Nothombe lächelte nun wieder. »In Lityerses’ Büros wurde nicht eingebrochen. Wir besitzen ein von Secuwatch unabhängiges Überwachungssystem, und ich kann Ihnen versichern, dass es nicht kompromittiert wurde. Deshalb muss ich Ihr Ansinnen leider ablehnen. Den Rest des Gebäudes können Sie natürlich nach Herzenslust besichtigen. Herr Rizzoli führt Sie sicherlich gerne herum.«
»Nothombe, das …«
Der Anwalt hob abwehrend die Hand und schüttelte mit gespieltem Bedauern den Kopf. »Für alles Weitere sollten Sie sich einen Durchsuchungsbefehl besorgen. Dazu müssen Sie dem Richter lediglich erklären, warum es notwendig sein sollte, den guten Ruf eines unbescholtenen, multinationalen Unternehmens in den Dreck zu ziehen – nur weil irgendein Drogensüchtiger vom Hauptbahnhof hier eingebrochen ist. Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag.«
Nothombe machte auf dem Absatz kehrt und gab Scholz ein Zeichen. Dann verschwanden beide im Lift und ließen Kieffer und die Kommissare in der Lobby stehen.
»Das war nicht sehr klug, Joana«, sagte Muller leise.
»Dieser Nothombe ist ein widerlicher Schleimbeutel! Der schmierigste Anwalt von ganz Luxemburg. Ist dir klar, wen der sonst noch so vertritt?«
Muller atmete hörbar aus. »Ich bin hier der Wirtschaftsermittler, und du musst mir verdäiwelt nammel nicht erzählen, wie windig der Typ ist. Aber er ist leider auch ziemlich gut. Wir hätten anders vorgehen sollen.«
Lobato erwiderte nichts, sondern schaute lediglich trotzig. Muller schüttelte den Kopf und ging einige Meter weiter, wo er noch einige Sätze mit Rizzoli wechselte. Kieffer holte sein Ducal-Päckchen aus der Jackentasche und begann, es mit den Fingern zu kneten. Er überlegte, wie er am besten nach Hause käme. Auf einen weiteren Höllenritt auf Lobatos übermotorisiertem Hobel hatte er wenig Lust, weswegen er erwog, ein Taxi zu bestellen. Bevor er jedoch der
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