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Letzte Ernte. Ein kulinarischer Krimi

Letzte Ernte. Ein kulinarischer Krimi

Titel: Letzte Ernte. Ein kulinarischer Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Hillenbrand
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Kommissarin diese Überlegung mitteilen konnte, klingelte deren Handy.
    »Lobato. Chef, was …«, weiter kam sie nicht. Kieffer konnte nicht genau verstehen, was der Anrufer sagte, aber er erkannte die Stimme. Sie gehörte Didier Manderscheid. Der Polizeidirektor brüllte, er schrie so laut, dass man ihn noch in zwei Metern Entfernung von Lobatos Telefon problemlos hören konnte. Der Koch sah, wie die junge Kommissarin bleich wurde. Dann sagte sie: »Chef, aber es schien mir eindeutig, dass …«, erneut schnitt ihr Manderscheid das Wort ab und überzog sie mit einer weiteren Tirade. Dann legte er auf. Muller trat heran, legte Lobato väterlich die Hand auf die Schulter und sprach leise mit ihr. Sie nickte, dann schniefte sie. Der Kommissar tätschelte ihr den Arm. Dann kam er zu Kieffer herüber. »Soll ich Sie bei Ihrem Restaurant absetzen? Meine Kollegin ist … verhindert.«
    »Ja, danke, Kommissär.«
    Er verabschiedete sich von Lobato, die ihn jedoch kaum wahrzunehmen schien. Dann ging er mit Muller zum Parkplatz, stieg in dessen Mercedes und ließ sich von ihm nach Clausen fahren.
    »Was ist passiert?«, fragte Kieffer.
    »Manderscheid«, antwortete Muller »ist passiert.«
    »Ich kenne ihn von einer anderen Geschichte«, sagte Kieffer vorsichtig. »Er ist nicht ganz einfach, oder?«
    »Mag sein«, brummte Muller. »Aber in diesem Fall hat er leider recht.«
    »Inwiefern?«
    Der Kommissar stieß eine lautlose Verwünschung aus, als ihm auf der Avenue Kennedy ein französischer Laster die Vorfahrt nahm. »Wissen Sie, wer Pierre Nothombe ist?«
    »Erst seit wenigen Minuten.«
    »Er ist ein belgischer Wirtschaftsanwalt. Die unangenehme Sorte, jene Art, die Firmen auffahren, wenn es etwas zu vertuschen gibt. Ein Widerling, aber ein brillanter Widerling. Hat meiner Abteilung bereits mehr Fälle kaputt gemacht, als ich Finger besitze.«
    »Und nun vertritt er Melivia. Heißt das, dass die Schweizer auch etwas zu verbergen haben?«
    »Das ist offensichtlich. Aber nun hat sich Nothombe bei Manderscheid beschwert. Damit ist alles im Eimer.«
    »Sie meinen, Manderscheid ist sein Kumpel und deckt ihn?«
    »Zakkerdjëss, nein! Manderscheid kann Nothombe nicht ausstehen.«
    Kieffer runzelte die Stirn. »Das verstehe ich nicht.«
    Sie waren inzwischen am »Deux Eglises« angekommen. Muller fuhr an dem Restaurantschild mit den beiden blauen Laternen vorbei in die Einfahrt, bremste und drehte sich zu Kieffer um. »Haer Kieffer, es kann ja sein, dass Sie unseren Direktor nicht leiden können. Willkommen im Club. Aber er ist auf seine Weise ein guter Polizist. Und er ist genau wie ich lange genug dabei, um zu wissen, dass es nur sehr, sehr selten vorkommt, dass man einen Konzern von Melivias Kaliber wegen eines Kapitalverbrechens drankriegt. Mord, Kursmanipulation im großen Stil, Raubüberfälle sollte man einem börsennotierten Unternehmen so etwas nachweisen können, wäre das für einen Kriminaler wie ein Sechser im Lotto.«
    Kieffer sagte nichts, sondern schaute Muller nur auffordernd an.
    »Das hier hätte – vielleicht – so ein Fall sein können. Aber jetzt hat die ermittelnde Kommissarin den Anwalt der Gegenseite vor Zeugen bedroht, man könnte sogar sagen: körperlich bedrängt.«
    »Sie hat ihm doch nur ans Revers getippt.«
    Muller hob die Hände. »Wir sind hier aber bei der Police Grand-Ducale und nicht bei ›NYPD Blue‹. Spätestens vor Gericht wird das alles zur Sprache kommen. Nothombe wird ein Bild von voreingenommenen übereifrigen Ermittlern zeichnen, die nicht einmal davor zurückschrecken, einen Anwalt unter Druck zu setzen, der lediglich seinen Job macht. Und den Medien wird er die Geschichte natürlich auch stecken. Ich höre förmlich, wie der Staatsanwalt vor Wut seinen Kopf auf die Tischkante schlägt. Der Übereifer der Kollegin könnte alles ruinieren. Und damit das nicht geschieht, hat Manderscheid sie von dem Fall abgezogen, obwohl das die Aufklärungschancen nicht gerade erhöht. Aber er hatte keine Wahl.«
    Kieffer war verblüfft. Ihm hatte Lobatos forsches Vorgehen imponiert, Muller war ihm bislang eher als lahmer Verwaltungshengst erschienen, der die Ermittlungen verschleppte. Aber möglicherweise hatte der Kommissar recht. Wenn man sich mit einem gerissenen Großkonzern wie Melivia anlegte, benötigte man Fingerspitzengefühl.
    »Und jetzt muss ich los. Wenn Ihnen noch etwas einfällt, dann rufen Sie mich an.« Er gab Kieffer seine Visitenkarte. Der Koch bedankte sich, stieg aus und sah

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