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Letzte Fischer

Titel: Letzte Fischer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Harry Altwasser
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die Ostsee. Die Sonne befand sich hinter ihnen, so dass sich der Schatten des Waldes und der Steilküste über den ganzen Strand ausbreitete. Erst einige Meter weiter glitzerten die Wellen und spiegelten das Azur.
    »Und wie lange wird dein Einsatz dauern?«
    »Wenn wir Glück haben, drei Wochen. Wenn wir Pech haben und Greenpeace uns auf das Radar bekommt, drei Monate. Der Walfänger darf hundert Tiere erlegen. Das soll etwa drei Monate dauern.«
    »Und du meinst, die Tierschützer sind wirklich so militant, dass sie euch angreifen würden?«
    »Vor Australien haben sie einen Japaner nicht nur angegriffen, sie kamen an Bord und nahmen allen Besatzungsmitgliedern die persönlichen Wertgegenstände weg. Die Walfänger mussten sich auch nackt ausziehen. Überhaupt wurde ihnen alles Persönliche weggenommen. Dann gingen die Eindringlinge wieder von Bord. – Ja, das fanden die Japaner gar nicht lustig. Die fühlten sich in ihrer Ehre tief gekränkt. Das war erst letzten Monat.«
    »Das ist doch Diebstahl.«
    »Die Sachen wurden in Südafrika der japanischen Botschaft zugeschickt. Es soll nichts gefehlt haben.«
    »Na, dann! Hat es geholfen?«
    »Der Walfänger hat seine Quote nicht erfüllt. Es sind also ein paar Tiere verschont worden. Nackt tötet es sich anscheinend nicht so gut.«
    »Also! Auf Ideen kommen diese Leute! Und du als Frau auf diesem Walfänger! Wenn sie nun dir deine Sachen wegnehmen, was machst du denn dann da nackt unter all den fremden Männern?«
    »Ach, Mutter! Sie werden mir meine Sachen nicht wegnehmen, dafür werde ich sorgen. Ich meine, deswegen fliege ich doch nach Spitzbergen. Ich bin Bodyguard.«
    »Ja, Bodyguard für Männer. Irgendwie verändert die Welt sich zu schnell, findest du nicht auch, Luise? Ich meine, erst warst du die erste ausgebildete Kampfschwimmerin in der Marine, dann hast du als Frau in Afghanistan Männer festgenommen, was die ja als persönliche Beleidigung aufgefasst haben, und nun beschützt du Kollegen deines Stiefvaters.«
    »Freu dich doch, dass ich machen kann, was ich machen will«, sagte Luise, und Mathilde winkte ab und meinte, das tue sie ja auch. Sie freue sich für ihre Tochter, natürlich, aber komisch sei es trotzdem.
    Sie setzten sich wieder in Bewegung. Nach zwanzig Minuten lichtete sich auf der Steilküste der Wald, und Sonnenstrahlen wärmten sofort die Gesichter. Die weißen Gebäude von Heiligendamm waren zu sehen und am Ende der weiten Bucht auch gerade noch die Umrisse von Kühlungsborn. Heiligendamm lag mitten in der Bucht, die Seebrücke stach weit ins Meer hinein, vier Kilometer trennten die Frauen vom ehemaligen Kaiserbad. Sie stiegen den engen Pfad hoch, rutschten ein paar Mal auf dem feuchten Sand aus und pausierten oben auf der Steilküste. Hinter sich hatten sie den Wald, vor sich das riesige Feld des letzten Bauern des Dorfes, und dahinter wussten sie das Camp der Wohnwagenfreunde. Mathilde und Luise setzten sich auf die Holzbank, die hier schon immer gestanden hatte, und Mathilde holte aus dem Rucksack die Thermoskanne, in der sich der selbstgemachte Glühwein befand. Sie goss die beiden Plastikbecher halbvoll. Schweigend stießen sie an, schlürften, spürten die wohlige Wärme aufsteigen und fanden sich augenblicklich von einem tiefen Zusammengehörigkeitsgefühl durchströmt.
    Mathilde winkte ihrer Tochter nach, die im Bus Richtung Rostock saß, und schlenderte quer über die neue Festwiese, neben der sich die Abwasseranlage befand. Sie kam direkt an den Kreisverkehr und spazierte zum Ende der Straße, in der sie wohnte. Das Haus hob sich in der ersten Dämmerung dunkel vom Himmel ab, der Seewind fegte über die Büsche und Gräser, und als Mathilde auf das Grundstück trat, blendeten bereits die Außenlampen auf, die von den Bewegungsmeldern aktiviert worden waren.
    Sie setzte sich auf einen der Liegestühle, die auf der Terrasse standen. Das Polster war feucht, doch Mathilde blieb sitzen und verschmolz mit der Umgebung. Regungslos saß sie da, und als sich die Außenlampen wieder ausgeschaltet hatten, hielt sie sich für unsichtbar.
    Im benachbarten Kindergarten brannte nur noch im großen Saal Licht.
    ›Erzieherin? Putzfrau? Hausmeister?‹, überlegte Mathilde. als sie heftig zusammenfuhr, weil vom Zaun her eine Stimme flüsterte: »Bist du auch unsichtbar?«
    »Wer ist da?«, flüsterte Mathilde zurück, räusperte sich und wiederholte die Frage noch einmal mit lauterer Stimme.
    Sie hörte ein Rascheln, sah eine Bewegung auf dem

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