Letzte Gruesse
Mädchen Freddy plötzlich irgendwo um die Ecke, nicht hier, vielleicht in San Francisco? Aber woran sollte er sie erkennen? Damals hätte man die Gunst der Stunde nutzen sollen. So was geht still vorüber und kehrt nie wieder.
Daß Jennifer sich mit Schätzing und nicht mit ihm getroffen hatte, rührte Alexander nicht sehr. Das tat nicht weh. Selber schuld, dachte er und ging seine Vermögenswerte durch, die Konten und den Grundbesitz. Das Haus in Sassenholz war auch nicht grade von Pappe. Wahrscheinlich konnte sie sich nicht vorstellen, daß er recht wohlhabend war.
Eine Krawatte hatte sie ihm gekauft, und als es ihm«unwirklich»wurde, in New York, hatte sie ihn untergefaßt, in der soundsovielten Avenue. Aber nicht einmal ihr kleinster Finger hatte sich gerührt, als sie seine Hand hielt.
Alexander trug den Toaströster in den nahen Supermarkt, um ihn reparieren zu lassen. Er sagte, er wisse auch nicht, wie es kommt, daß der nicht funktioniert, und daß er ganz bestimmt mit dem Dings überhaupt nichts weiter gemacht habe, niemandem hinterhergeworfen, nirgends dran gedreht, es funktioniere nicht! Something wrong wäre mit dem Apparat. - Die junge Frau, die dieser Abteilung vorstand, nahm das Gerät und gab ihm ohne weiteres ein anderes. Die kannte es schon, daß die Toaströster nicht funktionierten. Langte hinter sich und gab ihm einen anderen.
Er streifte noch ein wenig durch die Passagen, deren Rieselmusik ihn nicht störte. Diese Musik kannte er aus früheren Zeiten. Sie berührte ihn heimatlich.
«What is this thing called love?»
Er schlenderte von Laden zu Laden, wurde nirgends angeregt und nirgends abgestoßen. Schließlich kaufte er einen Kugelschreiber besonderer Art, wenn man die Kappe drückte, schob sich ein nacktes Mädchen oben heraus. Das wäre vielleicht was für Klößchen, dachte er. Die würde an so was ihren Spaß haben. Aber hier verbergen das Dings, damit es kein Member zu sehen kriegt!
Zu Hause setzte er sich erst einmal vor den Fernsehapparat. Er knipste sich in den Programmen vorwärts und immer weiter vorwärts, bis es von vorne wieder losging. Boxkämpfe,«Seifenopern», Bären beim Fangen von Lachsen und Gottesdienste jeder Art. Nachrichten gab es alle halbe Stunde, aber nichts von Europa. Einmal kam kurz Berlin ins Bild, der sogenannte Staatsratsvorsitzende von hinten, wie er Gorbatschow küßt. Und dann huschte eine nächtliche Szene über den Schirm: Menschenmassen wie Ameisen mit gefalteten Flügeln, eine Straße entlangstürmend.
Dry toast with butter? Auch der neue Toaströster funktionierte nicht, wie sich herausstellte. Also zurücktragen das Dings. Hoffentlich ginge das gut. Ein zweites Mal würde man ihn nicht so ohne weiteres davonkommen lassen.
Marianne erwischte er dann doch noch, und die sagte:«Was? Jetzt rufst du erst an? Ich habe mir schon Sorgen gemacht. Nach deinen bisherigen Schusseligkeiten weiß man ja nie, was als nächstes passiert.»
Alexander sagte, daß er es hier großartig getroffen hat. Alles wunderbar, der Himmel blau, nur der Toaströster, den er bereits gegen einen neuen ausgetauscht hat, funktioniert nicht. Zuerst der vorgefundene nicht und nun der ausgewechselte auch nicht. Marianne riet ihm, den Stecker mal richtig reinzustecken, das sei ihr auch schon passiert, daß sie den Stecker nicht richtig reingesteckt hat. Vielleicht sei der Apparat ja ganz in Ordnung, nur den Stecker nicht richtig reingesteckt - und die ganze Aktion völlig unnötig gewesen. Wahrscheinlich sei auch der andere in Ordnung gewesen. Ob er nicht noch mal eben schnell hingehen wolle, in den Laden, am besten sofort, und sich entschuldigen? Die armen Leute dort. - Wieviel der Röster gekostet habe, wollte sie wissen, und ob er was habe zuzahlen müssen.
In Sassenholz regne es, die armen Jungen. Ganz liebe Kerle darunter. Sie plane einen Kaminabend, aber sie wisse noch nicht, es seien doch zu viele, die trampelten ihr alles voll.
Von Dr. Gildemeister sei ein Brief gekommen, in Sachen«Dünnbrettbohrer». Hessenberg wolle sich nicht beteiligen an der eventuell auf ihn zukommenden Zahlung von Schmerzensgeld - unter zehntausend gehe es wohl nicht ab, außerdem Ehrenerklärungen in der Presse und so weiter.
Nein, Hessenberg hatte abgewinkt: Es sei eben die Frage, wo das Privatleben eines Autor anfange und wo es aufhöre, habe er gesagt.
Sowtschick setzte sich ans Fenster und sah zu den Bergen hinüber, von wannen ihm vielleicht Hülfe hätte
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