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Letzte Gruesse

Titel: Letzte Gruesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Kempowski
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sein Instrument zu putzen. Auf Deutschland hatte er keine Bomben geworfen, damals war er noch zur Schule gegangen.
     
    Dann wurde Krocket gespielt, und es wurde fotografiert, wobei die Kinder dem lustigen Gast auf den Pelz rückten und ihm die Brille fettig machten.
    Daß ihn die Kinder mögen, sei ein gutes Zeichen, wurde gesagt.«Krocket», ob man das auch in Deutschland kenne?
    «Ja», sagte Alexander,«aber das ist in Deutschland mehr was für Kinder, im Grunde ja auch ziemlich langweilig …»Er spiele nie, dafür sei ihm die Zeit zu schade. Er gucke lieber zu.
     
    Da kam ein Anruf für ihn aus New York. Die Dame vom Institut fragte, ob er am Apparat sei. Durch die Bank seien alle dort schwer enttäuscht, daß er in Philadelphia so ein Faß aufgemacht hat, das wär keine gute Idee gewesen, da rumzuschimpfen! In Amerika halte man sich noch an die Gebote der Höflichkeit … Und das ausgerechnet in Philadelphia, wo man das doch extra noch zwischengeschoben hätte! Geradezu aufgedrängt den Leuten! Kirregaard sei ganz außer sich. Gerade Philadelphia war immer so interessiert an allem, die hatten da doch sogar eine besondere plattdeutsche Abteilung! - Ziemlich unmöglich habe er sich benommen, das müsse sie schon sagen, sagte die Dame, nun könne sie sehen, wie sie das wieder hinbiegt.
    Im übrigen: Die Frau Samson habe sich wieder gemeldet, warum er nicht zurückgerufen habe. Die töte ihnen den Nerv! Sie könnten sich im Institut mit so was nun weiß Gott nicht mehr befassen...
    Sowtschick tat es leid, er erinnerte sich nicht an eine Dame dieses Namens.
     
    Ihm pochte es in den Schläfen, als er wieder in den Garten hinaustrat. Man sah ihm an, daß etwas Besonderes passiert war.«Das is’n Ding!»sagte er, und dann gab er es nochmals und ausführlicher wieder, was er in Philadelphia erlebt hatte, erstens, zweitens, drittens: kein Mensch am Flughafen und in der gesamten Universität keine Ahnung von ihm … und nun auch noch Vorwürfe! Nicht abgeholt und schnippisch behandelt … Und er fragte die Runde, ob sie das verstünden. Er komme jedenfalls da nicht mehr mit.
     
    «Aber wir haben Sie doch abgeholt …», sagte Buckrice. So etwas könne ja mal passieren … Darüber lache man einfach, und dann Schwamm drüber. … Statt seiner habe man hier übrigens Schätzing haben wollen, vor Monaten angefragt, aber der habe abgewunken, schon von vornherein. Und man hatte sich so auf ihn gefreut! Und kein Wort der Entschuldigung. - Ob der Wind gekriegt hatte von der Vietnamvergangenheit des Herren Buckrice?
    Sei Schätzing nicht Sachse, wurde gefragt. Die seien da wohl alle etwas eigenbrötlerisch.
    Ob Alexander schon mal drüben gewesen sei.
    «Aber ja!»antwortete er.«Ich stamme ja von dort.»Und er erzählte von Magdeburg und Erfurt und von Dresden, das ja von den Engländern und Amerikanern zerstört worden sei, leider und unsinnigerweise.
    Das zu sagen war vielleicht nicht ganz klug, aber man ging darüber hinweg.
     
    Das andere Deutschland, die DDR? Irgendwie doch ganz imponierend, wie die da zurechtkämen, ohne Hilfe. Marshallplan abgelehnt. Manchmal habe man den Eindruck, als ob es sich bei der DDR um das bessere Deutschland handle. - Diese Meinung teilte Alexander nun nicht, und er wollte grade sagen, daß sich eine solche Äußerung in einem Land, das sich als Hort der Demokratie verstünde, doch recht sonderbar ausnehme, da holte ihn die Frau des Professors in die Küche. Der Wasserhahn tropft, ob er ihn nicht reparieren kann? In Amerika gebe es keine richtigen Handwerker, keiner arbeite hier in seinem richtigen Beruf.
     
    Den Wasserhahn konnte Alexander nicht reparieren, aber er frage sich, sagte er zu der folkloristischen Frau, ob er sich nicht eines dieser wundervollen Häuserchen kauft, Europa sausen läßt und sich hier für immer niederläßt. Wo es hier so nette Menschen gibt. Endlich alles hinter sich lassen, was dort drüben unter«Politik»verstanden wird, Ost und West, und er dachte an die Dünnbrettbohrer-Affäre und an den angefangenen Roman, für den er schon Vorschüsse kassiert hatte …
    Die Frau sprach von der hinreißenden Komik seiner Prosa. Ob er selbst auch so komisch sei? Er komme ihr ganz normal vor. Eher etwas trocken. - Und Sowtschick stand daneben, die Zange in der Hand, und bestätigte der Frau, daß seine Bücher komisch seien, aber auch ernst, wie man’s nimmt. Und daß er den Humor mehr in sich trage, zum Possenreißen tauge er nicht.
    Er habe zwar vorhin mit den Ohren

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