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Letzte Haut - Roman

Letzte Haut - Roman

Titel: Letzte Haut - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthes und Seitz Verlag GmbH
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Koch, immer auf den vom Lagerkommandanten! – Ich bin kein Mörder! Ich bin Soldat! Ich habe nur immer auf Befehl von Standartenführer Koch gehandelt! Immer!“
    „Sie haben also getötet“, stellte Schmelz erleichtert fest, wobei er es vermied, seiner Stimme Weichheit zu geben.
    „Jawohl!“, keuchte Sommer.
    „Lasst ihn los!“, sagte Schmelz: „Und nun beantworte einfach meine Fragen, und ich werde morgen mit dem Reichsführer SS telefonieren und ihm sagen, Sommer ist ein Soldat von echtem Schrott und Korn. Er hat zwar gemordet, aber Schwamm drüber, Reichsführer, ich schlage den Sommer, diesen Pfundskerl, für eine Beförderung vor, das werde ich morgen sagen, wenn du heute aussagst!“
    „Wirklich?“
    „Aber ja! Du hast dir ja auch nichts vorzuwerfen, wenn du wirklich nur immer auf Befehl getötet hast, also ‚auf der Flucht erschossen‘ hast, wie das hier doch wohl heißt?“
    „Ja, so heißt das.“
    „Gut!“, sagte Schmelz und warf noch schnell einen Blick zum Rottenführer, der neben der Tür saß und gewissenhaft protokollierte. Schmelz musste mit den Zähnen mahlen, um nicht zu lächeln.
    „Darf ich dann auch pennen?“, fragte Sommer, der vom Schlafentzug wie elektrisiert war.
    „Natürlich. Also“, fragte Schmelz: „wie viele Menschen haben Sie ermordet, Sommer?“
    „Ich habe nicht gemordet, das war alles auf Befehlsebene abgeklärt, das war nicht Mord!“
    „Ja, gut, also getötet. Wie viele Menschen haben Sie auf Befehl von Koch getötet? Auf persönlichen Befehl? Mich interessieren all die, deren Namen oder Nummern Ihnen genannt wurden.“
    „Hunderte? Tausende? Ich weiß es doch nicht mehr. Ich weiß es wirklich nicht mehr! Koch weiß es! Der muss doch irgendwie Listen gemacht haben, oder was?“
    „Strengen Sie sich an! Ich will es von Ihnen wissen? Wie viele?“
    „Koch hat mir doch einen schriftlichen Befehl von Himmler vorgelesen, dass er freie Hand hat. Ich musste auf diesen Befehl hin doch beeiden, Standartenführer Koch uneingeschränkt zu dienen!“
    „Aber Sie haben den Befehl niemals persönlich gelesen oder sich mal angesehen?“
    „Nein! Er stand vor mir, der Koch, und er hat ihn mir vorgelesen, den Befehl. Da sag ich doch nicht, zeigen Sie mal her, Standartenführer! – Ich bin ein Soldat, treu und gut!“
    „Schwachsinnig sind Sie!“, entfuhr es Liebig, ehe er sich mit einem scheuen Blick bei Schmelz entschuldigte, der ihn böse anfunkelte.
    „Also gut, Sie hatten also diesen Befehl von Koch! Wenn wir den bei seinen Unterlagen nicht finden, Liebig, dann ist der Koch dran! Der Sommer ist fein raus, aber der Koch nicht, also lieber Sommer, weiter! Wie viele Tote, Sommer? Ich brauche eine Zahl, eine ehrliche und wahrhafte Zahl“, sagte Schmelz.
    „Aber ich weiß es doch nicht! Wissen Sie vielleicht, wie oft Sie sich den Arsch abgewischt haben, Hauptsturmführer?“, schmollte Sommer, als wäre er ein kleiner Junge, meinte Tarnat, und für einen Augenblick fehlten selbst Schmelz die Worte.
    „Zahlen, Sommer, Zahlen!“, sagte Schmelz perplex.
    „Ich weiß doch keine Zahlen, ich habe nur gehorcht! Koch hat Akten, ach, und Hoven, Hoven hat auch Zahlen und Akten. Der musste doch immer die Totenscheine ausfüllen. Das sind all die Totenscheine, auf denen ‚auf der Flucht erschossen‘ steht, soviel weiß ich! Oder glauben Sie im Ernst, so viele haben bei uns versucht, abzuhauen? So viele? Nein, hier hat Ordnung geherrscht, Ordnung und Zucht, solange Koch hier Kommandant war. Koch und Hackmann. Jetzt, der Pister, das ist ja, ich sag es mal, er ist eine Weichwurst, jawohl!“
    „Gut, werden wir konkret! – Mich interessiert der Häftling Krämer, der mit einem gewissen Peix laut Unterlagen auf der Flucht erschossen wurde. Haben Sie den getötet?“
    „Ja!“
    „Auf Befehl von Koch?“
    „Ja!“
    „Und warum?“
    „Keine Ahnung! Koch gab den Auftrag, und ich hatte ja meinen Soldateneid geleistet, ihm zu gehorchen.“
    „Wie haben Sie ihn umgebracht?“
    „Der Auftrag lautete, Krämer nach Dora zu überführen und ihn unterwegs abzuknallen. Hab ich gemacht. Ich bin ein treuer Soldat!“
    „Ja. Und was noch?“
    „Damit es nicht auffiel, sollte ich einen zweiten Häftling mitnehmen und auch noch gleich mit abknallen. Da fiel die Wahl auf Peix, der stand gerade so herum.“
    „Warum denn noch einen zweiten? Das verstehe ich nicht!“
    „Na, niemand hätte mir doch geglaubt, dass mich ein einzelner Mann, den ich bewache, übertölpelt und dann noch

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