Letzte Haut - Roman
Hoven und Sommer können nichts mehr anrichten, aber wir müssen sie zur Aussage zwingen! Das müssen wir schaffen, das ist die Spur!“
„Aber wie schaffen wir das?“, fragte Liebig.
„Erst einmal den beiden Schurken das Morden beweisen, das Morden mit Gift. Das muss ab jetzt Vorrang haben.“
„Und wer von den beiden ist der Hauptschurke?“
„Jemand, der völlig überrascht war, als wir ihn verhaftet haben. Jemand, der sich nicht vorstellen konnte, hochgenommen zu werden“, führte Tarnat den Gedanken seines Vorgesetzten zu Ende, während sich in Liebigs Gesicht plötzliche Erkenntnis spiegelte, ehe er flüsterte: „Doktor Waldemar Hoven, Hauptsturmführer der Waffen SS. Er ist der Hauptmörder, Koch ist der Auftraggeber!“
„Genauso sehe ich das“, sagte Schmelz und lehnte sich zurück: „Und wie sehen Sie das, meine Herren?“
„Sie haben recht“, sagte Tarnat, und auch Liebig pflichtete ihm bei: „Es kann nur so sein, dass Hoven nach und nach die Belastungszeugen um die Ecke bringt, doch nun ist er weggesperrt, und nun müssen er und Koch ja so richtig Panik bekommen.“
„Und Sommer! Vergessen Sie nicht den Aufseher des Arrestbunkers, der war mit den beiden von der ersten Stunde an hier dabei, und er hat ein besonderes Verhältnis zu Koch, wie mir die Leute hier sagten“, sagte Obersturmführer Tarnat: „Am besten, wir verhören den einmal so richtig intensiv. Ich meine, nicht nur so lasch. Vielleicht belastet er Hoven, und dann nimmt die Sache ihren Lauf!“
„Da mögen Sie Recht haben, Tarnat! Quetschen wir den morgen mal mit aller Macht aus. Mal sehen, was der ausspuckt. Das soll ein sehr primitiver Vogel sein, der nicht bis drei zählen kann“, sagte der Ermittlungsrichter Schmelz: „Wir machen also Folgendes: Wir beweisen, dass Köhler ermordet wurde. Wir beweisen, dass er von Hoven und Sommer vergiftet wurde. Wir beweisen, dass Hoven und Sommer von Koch aus der Zelle heraus beauftragt worden waren. Wir überführen sie des Mordes an Köhler und weisen nach, dass auch die anderen auf gleiche Weise und aus denselben Motiven ermordet wurden. Außerdem überführen wir Sommer, ein Handlanger von Koch zu sein, der in dessen Auftrag Erschießungen vorgenommen hat. Der Fahrplan ist somit also klar, denke ich. Nutzen wir Kochs Fehler aus: Er hat einen Unterführer der Waffen SS umlegen lassen, und das ist ein Verbrechen, das durch nichts und wieder nichts gerechtfertigt werden kann! Kein Führerbefehl und nichts kann da decken!“
„Wir schlagen Standartenführer Karl Koch also die Hände ab. Die rechte in Person von Hoven, die linke in Person von Sommer“, stellte Tarnat fest: „Endlich bekommen wir Klarheit und Struktur in diese ganze Sache! Ich hatte es ja schon fast aufgegeben. Endlich eine Richtung!“
„Ich auch“, sagte Liebig leise: „Aber nun haben wir endlich einen Plan! Endlich!“
„Ja“, stimmte auch Ermittlungsrichter Doktor Schmelz zu: „Wir werden den Auftrag des Erbprinzen, Koch auch des Mordes zu überführen, erfüllen können. Meine Herren, machen wir uns an die Arbeit! Wenn wir hier fertig sind, dann ist die ganze SS fertig! – Ich darf das gar nicht laut sagen, aber manchmal glaube ich, in der Waffen SS sind nur Halunken und in ihr haben sich alle Verbrecher Deutschlands versammelt, Anwesende selbstredend ausgenommen!“
„Selbstredend“, pflichtete Tarnat bei, während Liebig grinste.
Und bevor sie das Zimmer verließen, spendierte der Richter seinen Kollegen, die ihn nach langer Zeit einmal wieder entspannt lächeln sahen, eine Zigarette.
Hauptscharführer Martin Sommer gestand tatsächlich, Ermittlungsrichter Schmelz aber war nur mäßig überrascht. Der Sadist habe gestanden, jedoch könne das Geständnis nicht viel bewirken. Es bringe ihn selbst an den Galgen, keine Frage, aber es bringe weder Waldemar Hoven noch Karl Koch in Bedrängnis, ja, nicht einmal in Verlegenheit bringe es diese Männer. Schmelz war enttäuscht.
Der Chef des Arrestbunkers, der früher so viele Leute mit seinem Sadismus gequält hatte und nun selbst im eigenen Bunker eingesperrt war, wurde seit Wochen täglich von den eigenen Leute aus dem Schlaf gerissen, über den Flur des Arrestbunkers geschleift und ins schalldichte Verhörzimmer gebracht. So auch am ersten Januar vierundvierzig, während in Frankreich Erwin Rommel den Oberbefehl über die Heeresgruppe B nördlich der Loire erhielt. Und so auch an diesem zweiten Januar, während US Truppen in Saida auf Neuguinea
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