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Letzte Haut - Roman

Letzte Haut - Roman

Titel: Letzte Haut - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthes und Seitz Verlag GmbH
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war ich gezwungen, schon verwendete noch einmal zu nehmen, und ich hoffte, es fiel bei den Überprüfungen eben nicht auf. Ich legte die Sterbedaten der übereinstimmenden natürlichen Todesursachen soweit wie möglich auseinander. – Ich habe nicht getötet, ich bin Arzt!“
    „Ja, Sie sind Arzt! Sie haben einen Eid geschworen, gegen den Sie verstoßen haben! Sie sollen helfen, aber Sie haben Ihr Amt missbraucht! Alles andere zählt letztlich nicht. Sie sind verantwortlich für Ihre Misere. Sie haben Morde zugelassen! Sie haben nicht geholfen, sie zu verhindern! Wie konnten Sie nur, Mann!“
    „Ich weiß doch selbst nicht. Dieses Lager hier.“
    „Sind Sie bestochen worden?“
    „Nein. Bestochen? Nichts Großes. Ein paar Kilo Gold. Ein paar Gemälde. Was weiß ich, alles nur Geschenke.“
    „In Ordnung. Sie waren ja doch geständig. Das wird sich für Sie rechnen“, sagte Schmelz: „Ich schreibe jetzt das Protokoll, das unterschreiben Sie dann, und dann bringe ich Sie in Sicherheit.“
    „Ich unterschreibe nichts.“
    „Das müssen Sie aber!“
    „Niemals. Ich sage auch nichts aus.“
    „Aber? Sie haben doch eben?“
    „Nichts habe ich eben.“
    „Sie haben geredet!“
    „Ich habe nichts gesagt. Niemals. Nichts habe ich gesagt. Ich kann mich an nichts erinnern. Ich kann ja nicht unterschreiben, was ich nicht gesagt habe, oder?“
    „Sie Schwein!“
    „Machen Sie Ihre Arbeit selbst, Hauptsturmführer, auf mich können Sie dabei nicht zählen“, sagte Waldemar Hoven, hob den Blick und sah dem Ermittlungsrichter hart in die Augen.
    Schmelz war fassungslos. Er schalt sich einen Trottel, an diesem heutigen Verhör keine zweite Person mitgenommen zu haben. Was war er doch für ein Amateur! Lag das an diesem Lager hier, dass man keinen klaren Gedanken mehr fassen konnte? Verdammte Scheiße, es war sein Fehler, ganz alleine sein Fehler! Ermittlungsrichter Schmelz legte die tausenddreiundachtzig Totenscheine wieder auf einen Haufen, steckte sie in seine alte Ledertasche und legte die Akten aus der Gerichtsmedizin dazu. Er wusste, Hoven werde nicht noch einmal reden. Er war sich sicher, und so versuchte er einen letzten Appell: „Doktor Waldemar Hoven, das kann nicht Ihr Ernst sein! Sie müssen das alles zu Protokoll geben! Wir müssen die schwarzen Schafe eliminieren, ganz schnell!“
    „Sie haben keine Ahnung, wie es wirklich zugeht! Himmler ist doch nur eine Marionette! Pohl hat die Macht in den ganzen Lagern! Er befiehlt hier, und Pohl kann in den Lagern jeden umbringen lassen, den er will! Und Pohl und Koch sind die dicksten Freunde, die man sich vorstellen kann! Wer sich mit Koch anlegt, der legt sich mit Obergruppenführer Pohl an. Und wer sich mit Pohl anlegt, der wird sterben. Pohl hat spezielle Leute dafür. Diese Leute werden auch Sie töten, wenn Sie Standartenführer Koch nicht endlich in Ruhe lassen, Hauptsturmführer Doktor Schmelz. Sie werden eines Tages ermordet werden, ich aber werde das alles hier überleben. Wenn ich schweige!“
    „Ja, wenn Sie schweigen! Wenn Sie schweigen wie der tote Hauptscharführer Köhler jetzt schweigt, nämlich tot, mausetot! – Haben Sie darüber mal nachgedacht, Hoven?“
    „Der war nur ein kleiner Unterführer! Hingegen Hackmann! Warum wurde nicht Hackmann vergiftet, sondern nur seine Frau? Weil man ihn warnen wollte und ihm eine Chance geben wollte. Hackmann ist Hauptsturmführer, genau wie ich! Man wird irgendwen aus meinem Umfeld als Warnung umlegen, aber man wird mich in Ruhe lassen! – Und glauben Sie mir, mein familiäres Umfeld besteht nur aus Versagern, denen ich keine Tränen nachweinen werde.“
    „Und damit können Sie leben, Angeklagter Hoven?“, fragte Schmelz, während er gegen die Zellentür klopfte, die ihm sofort geöffnet wurde. Er wollte nur noch raus hier.
    Waldemar Hoven streckte sich auf der Pritsche aus, legte die Hände unter den Kopf und sagte noch einmal deutlich: „Ich habe nicht getötet, ich bin Arzt!“
    „Was? Das kann doch nicht wahr sein!“, schrie Ermittlungsrichter Schmelz eine Woche später im Arbeitszimmer seiner Buchenwalder Dienstwohnung, während die Rote Armee ihre Offensive zur Befreiung der Krim begann und zwei Tage später Odessa einnahm.
    Schmelz ließ Liebig vor dem Schreibtisch stehen, rannte ins Wohnzimmer und zertrümmerte kurzerhand eine der Glasvitrinen: „Das kann doch überhaupt nicht sein! Verdammte Scheiße!“
    Er stieß weitere Flüche aus, beruhigte sich jedoch schnell wieder und kam

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