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Letzte Haut - Roman

Letzte Haut - Roman

Titel: Letzte Haut - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthes und Seitz Verlag GmbH
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worden.
    Doch Schmelz’ Augenlider zuckten, er lauschte in die Stille hinein, beobachtete die Dächer der umliegenden Häuser, schüttelte dann aber den Kopf und sagte: „Nichts, ich dachte nur, egal, wenn ja, würde ich jetzt schon längst tot in der Gosse liegen!“
    Die Leibwächter, Liebig bemerkte ihre Schwierigkeiten mit der Körpergröße des Ermittlungsrichters, sicherten den Gang ins Gebäude ab, und Liebig sah sie erleichtert ausatmen, als sie die Tür schlossen.
    Zwei Scharfschützen hatte Obergruppenführer Pohl geschickt, um Doktor Kurt Schmelz zu eliminieren und so den Prozess gegen Standartenführer Koch noch im letzten Augenblick zu stoppen, aber beide Male waren sie von Männern des SD, die direkt Obergruppenführer Kaltenbrunner unterstanden, übertölpelt und am Abschuss gehindert worden. Seitdem hatte der Ermittlungsrichter eine fünfköpfige Eskorte, in deren Schutz sich auch Tarnat und Liebig hielten. Selbst Obersturmmann Heinze wurde bewacht, könnte er doch entführt und gefoltert werden, bis er verraten würde, was er wisse.
    Doch wollte irgendwer wirklich wissen, was der Fahrer Heinze aufgeschnappt hatte? Liebig hielt das für abwegig, zumal sie im Wagen doch nur immer die Verbrechen gegen die Häftlinge besprochen hatten, die ihnen durch Zeugenaussagen überbracht worden waren. Dieser Abraham, der drei jüdische Häftlinge in ein Wasserloch getrieben und, wenn sie herauskommen wollten, immer wieder geprügelt hatte, bis sie ertrunken waren. Robert Siewert hatte weiterhin ausgesagt, dass Abraham einen Filmunternehmer aus Wien, einen gewissen Hamber, in einer Pfütze ertränkt habe. Ein andermal habe er sogar zwanzig Häftlinge in einer Jauchegrube ertränkt. Er habe sie in die Grube des Plumpsklos geprügelt und sie nicht mehr herausgelassen. Im Urin und im Kot seien die Häftlinge ertrunken. Und schon beim Protokollieren war dem Untersturmführer Ledig übel geworden. Er hatte begriffen, Fantasie zu haben, sei nicht immer ein Vorteil.
    Ihre Ermittlungen hatten sich in den letzten Monaten nicht mehr nur auf die Kommandanten der Konzentrationslager, auf die Chefs der politischen Abteilungen und auf die Chefärzte konzentriert, nein, sie hatten schließlich einen Generalverdacht aufgestellt, um jeden Mann der Waffen SS, der in einem der Lager Dienst tat, zu überprüfen. Bis hinunter zu den Wachbrigaden der Lager.
    Mittlerweile barg das Archiv, untergebracht auf der Kellerebene einer der sieben Kasernen des Lagers Buchenwald und bewacht von vier Männern, die dem Erbprinzen treu ergeben waren, knapp sechshundert Fälle. Tendenz steigend, wusste Liebig, der Leiter eines der drei Trupps war, aus denen die Ermittlungsbehörde nun bestand. Allein dreißig Männer koordinierten die Untersuchungen, die auf alle Konzentrationslager ausgedehnt worden waren. Es gab weit über sechzig Beamte der Kriminalpolizei, die vor Ort ermittelten und die stündlich neue Hinweise auf Korruption und Mord lieferten. Doch schließlich hatten Schmelz, Tarnat und er beschließen müssen, vorerst nicht weiter in die Breite zu gehen, da es schlicht zu viele Verbrechen waren, die in den Konzentrationslagern begangen wurden. Sie wollten in die Tiefe gehen, um einen gewaltigen Warnschuss abzugeben, und daher hatten sie sich auf fünf Lagerkommandanten konzentriert, von denen heute Karl Otto Koch als erster der Prozess beim SS Gericht zur besonderen Verfügung gemacht wurde. Und so verwunderte es Liebig auch nicht, dass er sich trotz Geheimhaltung auf dem Flur des Gerichtsgebäudes vorgekommen sei, als befände er sich in einem Wald voller ranghoher SS Ausgehuniformen, in welchem es nur so von polierten Orden glänzte und funkelte.
    „Wie in einem Wald voller Uniformen“, flüsterte er Tarnat zu: „Durch den wir uns eine Schneise schlagen müssen!“
    Doch Tarnat reagierte nicht. Er kam sich eher wie beim Spießrutenlaufen vor. Blicke voller Hass, die auf ihn einschlugen, überall Gehirne, die sein Gesicht niemals vergaßen, mächtige Männer, die sich seinen Namen notierten, verdammt, er wollte doch nur noch bis zur Pension durchhalten! Die paar Monate!
    Und Nebe, wo war sein Beschützer Arthur Nebe? Der ließ ihn hier allein! Der ließ sich von der Gestapo fangen, aber es war auch schon ein starkes Stück gewesen, dass ausgerechnet der Chef der Kriminalpolizei, Gruppenführer Arthur Nebe, in den Attentatsversuch in der Wolfsschanze verstrickt gewesen war, nein, das hätte Tarnat seinem Chef niemals zugetraut. Nach

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