Letzte Haut - Roman
Außenhaut im Eins A Zustand. Nirgends ein Leck. Und sturmerprobt das ganze! Das ganze Schiff ist sturmerprobt!“
Tarnat wischte sich den Schweiß von der Stirn, stellte die leeren Koffer hinter sich und zwinkerte Liebig zu, der zu lächeln versuchte, was ihm aber vorerst misslang.
Alles, was er zustande brachte, war ein mechanisches Grinsen unter ernst blickenden Augen. Tarnat gab dem Jüngeren einen Schlag auf die Schulter und sagte: „Vorwärts, Kameraden, wir müssen schleunigst zurück!“
Liebig aber reagierte gar nicht, mit Panik in den Augen sah er Schmitt Klevenow aufstehen und zu ihnen herüberkommen. Er warf Schmelz einen Blick zu, der wiederum den Gruppenführer in aller Seelenruhe anlächelte.
„Vergessen Sie nicht“, rief ihnen Schmitt Klevenow schon von weitem zu, so dass er von vielen der Anwesenden gut zu verstehen war: „Durch mich ist Obergruppenführer Oswald Pohl hier anwesend. Sein Ohr bin ich, sein Auge bin ich.“
„Wie könnten wir!“, rief Schmelz zurück, bemüht, die Stimme unbekümmert klingen zu lassen.
„Ich meine nur“, sagte der Gruppenführer, legte die Hände auf den Tisch und beugte sich zu Schmelz herunter, doch noch ehe er etwas sagen konnte, wurde er von Obergruppenführer Waldeck Pymont unterbrochen, der zur Gruppe gestoßen und steif hinter Schmitt Klevenow stehen geblieben war: „Was immer es auch ist, Gruppenführer, was Sie glauben zu meinen, es könnte als Zeugenbeeinflussung missverstanden werden und fatale Folge haben! Für Sie!“
„Jawohl, Obergruppenführer“, sagte Schmitt Klevenow, richtete sich auf und drehte sich zum Chefankläger um: „Ich wollte dem Hauptsturmführer nur alles Glück wünschen. Möge gelingen, was immer er auch meint, sich vorzunehmen zu müssen.“
„Glück? Glück wird weder mein Zeuge brauchen noch ich! Glück wird eher die Verteidigung brauchen, meinen Sie nicht auch, Gruppenführer?“, fragte Waldeck Pymont.
„Ganz wie Sie meinen, Exzellenz. Im Übrigen soll ich Ihnen und Ihrer Mannschaft die besten Wünsche von Obergruppenführer Pohl übermitteln und Ihnen zu der hervorragenden Arbeit gratulieren. Auch er hofft und wünscht sich, dass sämtliche asoziale Elemente aus der SS getilgt werden.“
„So, so? Sämtliche?“, hakte der Erbprinz nach und grinste den Gruppenführer unverhohlen an, woraufhin dieser vor Zorn errötete. Schmitt Klevenow biss sich auf die Unterlippe und verließ die Plätze der Anklage, um sich wieder auf den Beobachterplatz zu hocken.
Doch der Erbprinz war mit ihm noch nicht fertig. Durch den ganzen Saal rief er dem Gruppenführer zu: „Wer nämlich dem Schmelz hier droht, der droht nämlich mir, und wer mir nämlich droht, der droht nämlich der ganzen Waffen SS hier!“
Und wer nämlich mit h schreibt, ist dämlich, dachte Schmitt Klevenow. Er bebte vor Wut, und er fragte sich, was schief gelaufen sein könnte. Warum war dieser Zeuge Schmelz überhaupt noch aufgetaucht? Hatte Pohl ihm nicht versichert, um den würde sich gekümmert werden? Aber da drüben saß er, viel zu lebendig und offensichtlich aufs Beste gelaunt! Und einen Moment lang dachte der Gruppenführer an seine Dienstwaffe, ans Entsichern, Zielen und Abdrücken, ans Flüchten und Verschwinden, ans Melden und ans Verstecken durch Pohl.
Er wusste sich keinen Rat, und Zeit, Pohl anzurufen, hatte er auch nicht mehr. Was war nur mit dem Killer geschehen? Oder schlug der noch zu? Hier? Im Saal? Schwer vorzustellen, meinte der Gruppenführer, doch erhob er sich noch einmal und musterte aufmerksam die Gesichter der knapp zweihundert Prozessbeobachter. Nein, er kannte sie doch alle, wenigstens vom Sehen.
Und was war nur mit dem Versetzungsbescheid? Warum war der Stellungsbefehl für den Hauptbelastungszeugen Schmelz noch immer nicht hier? Was für eine Schlamperei war das doch!
Oder war Pohls Mann für Sonderaufgaben einer von denen, die er vom Sehen kannte? Er schüttelte den Kopf und setzte sich wieder, während Waldeck Pymont seinen Männern gratulierte.
Der Erbprinz sagte: „Ich möchte Ihnen dreien noch einmal danken! Ohne Sie wäre das hier alles nicht möglich! Ich kann gar nicht sagen, wie stolz es mich macht, drei so tapfere Kerls an meiner Seite zu haben. Heute werden wir die Ernte einfahren, Ihre Saat ist gut! Bestens! Es wird ein grandioser Sieg für die Erneuerung der Waffen SS, und angestachelt durch diese neue SS wird auch die Wehrmacht schließlich die Kriegswende noch schaffen, dessen bin ich sicher! – Ohne
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