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Letzte Haut - Roman

Letzte Haut - Roman

Titel: Letzte Haut - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthes und Seitz Verlag GmbH
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Ende: „Als Zeugen gelten nunmehr die vom Hauptzeugen SS Richter Doktor Kurt Schmelz und seinen Leuten in einer Liste, die der Anklage und der Verteidigung vorliegt, zusammengetragenen Männer und Frauen. Es handelt sich hierbei um einen Kreis von zweiundzwanzig Personen, der sich aus Insassen des Konzentrationslagers Buchenwald, aus Weimarer Geschäftsmännern und aus Mitgliedern der Waffen SS, die im Lager Buchenwald stationiert waren oder sind, zusammensetzt. Hinzu kommt eine kleine Gruppe von Privatpersonen, in der Hauptsache sind es Ehefrauen Geschädigter oder zu Tode Gekommener. Als Beweismaterial werden die ebenfalls von SS Richter Schmelz beschlagnahmten Geschäftsbücher aus dem Lager Buchenwald ins Feld geführt. Polizeiberichte, private Bankauszüge, Autopsieberichte, Gutachten unterschiedlichster Arten, sowie Kopien privater Korrespondenzen sind genauso vom Gericht zugelassen wie die beeidete Liste, in der die bei einer Untersuchung in der Villa Koch festgestellten Vermögenswerte aufgeführt sind.“
    „Gegen die Zulassung der Berichte einer kriminell zustande gekommenen Autopsie vom zehnten April vierundvierzig möchte ich schon jetzt Protest einlegen und auffordern, diese nicht gelten zu lassen“, sagte Piepenbrock: „An diesem Tag sollte angeblicher Mord mit Mord bewiesen werden, und zwar durch den Hauptbelastungszeugen selbst! Was nicht gerade für die Ehrenhaftigkeit des Doktor Schmelz spricht.“
    „Diese Autopsie fand unter Genehmigung des Reichssicherheitshauptamtes statt!“, hielt der Ankläger SS Chefrichter Breithaupt sofort dagegen, der diesen Einwand erwartet hatte: „Die Voraussetzungen für die Autopsie fanden an bereits rechtskräftig zum Tode verurteilten Schwerverbrechern statt. Sie sind somit in keinem Maße widerrechtlich im Sinne des Rechts.“
    „Voraussetzungen? Warum nennen Sie es nicht beim Namen? Mord! Diese Voraussetzungen sind Mordfälle! Und auch wenn sie im rechtlichen Sinne nicht anfechtbar sind, verbieten sich solcherlei Vorgehensweisen doch schon aus moralischer Sicht!“, warf Piepenbrock triumphierend ein.
    „Aus moralischer Sicht?“, konterte Breithaupt: „Diese Vorgehensweise wurde ausdrücklich vom Reichsführer SS gebilligt und genehmigt. Werfen Sie unserem Reichsführer SS etwa mangelnde Moral vor?“
    „Aber, aber! Meine Herren!“, beendete Ende das Geplänkel, wobei er nicht vergaß, vom Gerichtshammer Gebrauch zu machen: „Wir wollen doch das Politische vor der Tür lassen! Hier geht es ausschließlich um juristische Fragen, und aus juristischer Sicht ist gegen das Vorgehen von SS Richter Schmelz nichts einzuwenden, weil eine Tötung dieser Verbrecher ja sowieso vorgesehen war, womit Paragraph siebenundvierzig des Strafgesetzbuches in Frage kommt. Und über die moralische Dimension dieser Sache sollen andere entscheiden! Das ist nicht Thema unseres Verfahrens, Piepenbrock, haben Sie verstanden?“
    Der Verteidiger nickte, sichtlich verärgert. Er knüllte ein Papier aus seinen Unterlagen zusammen und gab es an seinen Mitarbeiter weiter, bevor er Schmelz anstarrte, mit einem Blick, der sagen solle, meinte Schmelz, wer selbst im Glashaus sitze, der solle nicht mit Steinen werfen. Aber Schmelz hatte ja gar nicht vor, mit Steinen zu werfen. Steine waren ihm viel zu weich, er wollte mit Tatsachen um sich schleudern, und so saß er auch diesen Blick gelassen aus.
    „Im Übrigen sind wir noch gar nicht an diesem Punkt“, sagte Ende: „Wir treten jetzt in die Verhandlung ein. Es ist vierzehn Uhr fünfzehn. Als erstes vernehmen wir den Hauptbelastungszeugen, SS Richter und Beamter der Kriminalpolizei, Hauptsturmführer Doktor Kurt Schmelz, geboren am achten Juni neunzehnhundertneun in Frankfurt am Main. Doktor Schmelz, treten Sie in den Zeugenstand! – Nein, Prozessbeobachter Schmitt Klevenow, sagen Sie jetzt besser nichts“, warf Chefrichter Ende ein und deutete mit dem Ende des Hammers auf den Gruppenführer, der in der ersten Reihe saß: „Es könnte ernsthafte Konsequenzen für Sie haben, Gruppenführer!“
    Am liebsten hätte Schmitt Klevenow losgebrüllt, was dieser mickrige Obersturmbannführer sich denn überhaupt einbilde, wer er glaube zu sein, hier einen Gruppenführer maßregeln zu wollen, aber dann beließ er es doch bei einem hasserfüllten Blick.
    Schmelz war aufgestanden und in den Zeugenstand getreten. Er hob die rechte Hand und sprach den Eid, den die Staatsanwaltschaft gefordert hatte. Er wurde vom Gerichtsdiener nach seinen

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