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Letzte Haut - Roman

Letzte Haut - Roman

Titel: Letzte Haut - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthes und Seitz Verlag GmbH
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Schmelz erklärt, diese Gegenprüfung müsse sein, auch wenn sie nichts mehr fänden. Und tatsächlich, Schmelz lächelte zufrieden, sie hatten nichts weiter gefunden. Seine Leute waren zuverlässig, zuverlässig und ergeben; treu aus Dankbarkeit.
    Er tastete Heinze und Liebig ab, nur um die ganze Sache völlig abzuschließen, auch wenn er sich sicher war, nichts zu finden. Und so war es ja auch! Schmelz steckte die Listen zufrieden in seine alte, lederne Aktentasche, ließ die anderen unterschreiben und befahl ihnen, alles in Kisten verpacken und in den Schuppen bringen zu lassen, der eigens dafür freigeräumt worden war. Es war einer jener unauffälligen Schuppen aus Holz und ohne Fenster, die sich in der Nähe der zentralen Bauleitung der SS befanden.
    Schmelz war nicht auf Idee gekommen, vor den Fenstern noch einmal nachzusehen. Nachdem er weggegangen war, meldete sich Obersturmmann Heinze bei Liebig kurz ab, um in den Büschen pinkeln zu gehen. Er pinkelte ja auch! Er pinkelte dicht neben der Perlenkette, die unter dem Badezimmerfenster im Gras schimmerte und deren Rubin so auffällig leuchtete. Heinze sah das strahlende Gesicht seiner Frau schon vor sich, während er sich die Kette ums Geschlecht band und seelenruhig die Hose schloss. Was kostet die Welt, dachte er.
VII
    Er wäre am liebsten gerannt, aber Kurt Schmelz zwang sich, den Weg von der Koch’schen Villa zu seiner Dienstwohnung gemessenen Schrittes zurückzulegen. Er verschloss die Tür sorgsam und ging direkt zum Telefon. Vorsichtig nahm er den Hörer ab, lauschte, bis er sich sicher war, nicht abgehört zu werden. SS Ermittlungsrichter Doktor Kurt Schmelz wählte die Privatnummer des Obergruppenführers Erbprinz zu Waldeck Pymont. Doch vergeblich.
    Schmelz wartete am nächsten Morgen hingegen nur kurz, und als er das typische, mürrisch klingende Ja hörte, gab er sich sogleich mit einer zünftigen Meldung zu erkennen, während die Rote Armee an diesem zwölften Juli innerhalb von zwei Stunden die deutsche Linie durchbrach. Und während die Wehrmacht im Osten nur noch hinhaltenden Widerstand aufbringen konnte, vermittelte Schmelz beim Sprechen Dynamik.
    Sofort wurde die Stimme des Erbprinzen freundlicher: „Ach, mein Spezi! Sie sind’s, Kurt! Sehr gut! Wie geht’s? Wie sieht es aus in Weimar und Umgebung?“
    „Durchbruch, Obergruppenführer, wir haben einen Durchbruch errungen“, sagte Schmelz ruhig, obwohl er es gerne herausgebrüllt hätte. Er räusperte sich und sammelte sich kurz, während der Gerichtsherr neugierig und ungeduldig nachfragte. Im Geiste sah der Erbprinz seinen Schützling vor sich, wie er ernst aber mit funkelnden Augen dastand, um seinen Mentor nicht zu enttäuschen.
    „Wir haben umfangreiches Beweismaterial gefunden. Der Verdacht der Unterschlagung hat sich damit voll und ganz bestätigt. Ich kann jetzt schon sagen, der Tatbestand der Korruption liegt vor! Eindeutig! Es war allerdings sofortiger Zugriff nötig, weil Standartenführer Karl Koch ganz plötzlich und völlig unerwartet hier in Buchenwald erschien. Wir haben ihn in einer Nacht- und Nebelaktion festgesetzt, von der Stelle weg, und erst einmal in Einzelhaft gesperrt. Ein Haftbefehl, den Sie bitte noch unterschreiben, ist bereits auf dem Weg zu Ihnen, Obergruppenführer. Dieser Zugriff war nötig, weil der Verdächtige sonst das Beweismaterial beiseite geschafft hätte und eventuell sogar verschwunden wäre. Hier war der Teufel los, es ging heiß her! Er hat …“
    „Moment, Moment mal, mein lieber Kurt, habe ich das richtig verstanden? Sie haben Koch festgenommen und eingesperrt?“
    „Ja, es musste sein.“
    „Ohne einen schriftlichen Befehl von mir oder Kaltenbrunner?“
    „Ja, es musste sein.“
    „Warum?“
    „Weil keine Zeit mehr war. Ich habe Ihr Einverständnis vorausgesetzt, ganz so, wie es in dem Geleitbefehl vom Reichsführer SS steht, den Sie mir ja selbst besorgt haben. Ich sei bei allen vermuteten Unregelmäßigkeiten zu unterstützen, Obergruppenführer!“
    „Ja, aber! Sie hätten doch trotz aller Zeitknappheit mit mir reden müssen! Mann, Kurt, was glauben Sie, was wir im ersten Krieg hatten? Etwa Zeit? Als uns die Franzosen jagten, meinen Sie, wir hätten da noch groß Zeit gehabt? Und trotzdem haben wir immer alles abgestimmt. Kurt Schmelz, so geht das nicht! Das geht so nicht!“
    „Ich musste Tatsachen schaffen, Obergruppenführer, bitte verstehen Sie, ich war gezwungen, es jetzt und hier zu entscheiden. Ohne diese Tatsache, dass

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