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Letzte Instanz

Letzte Instanz

Titel: Letzte Instanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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erinnern?«
    »Ich...«
    »Trifft es nicht zu, daß neben den
Blutflecken auf...«
    »Einspruch!«
    »Ich formuliere es anders. Trifft es
nicht zu, daß Sie sich, außer an die roten Flecken auf dem Kleid Ihrer
Mutter, wirklich nur an wenig erinnern?«
    »Ich erinnere mich...«
    »An was erinnern Sie sich, Miss
Benedict? An was ?«
    Judy ließ den Kopf hängen. Sie zitterte
— vor Zorn, dachte ich.
    »Ich ziehe meine Frage zurück«, sagte
Stameroff. »Ich würde jetzt gern zum Abend des siebzehnten Juli kommen...«
    Richter Valle unterbrach ihn. »Nachdem
dieser Teil der Aussage zweifellos umfangreich werden wird und es kurz vor
zwölf ist, unterbrechen wir bis halb zwei für eine Mittagspause.«
    Nachdem Valle den Gerichtssaal
verlassen hatte, ging ich um die Barriere, um mit Jack zu sprechen. Judy stand
im Zeugenstand auf. Sie blickte wütend auf Stameroff, der seine Papiere
einsammelte. Er richtete sich auf und trat in den Gang. Ich stand ihm direkt
gegenüber. Sein Gesichtsausdruck zeigte keine Befriedigung, sondern nur Trauer
und etwas, das nach Verzweiflung aussah. Unsere Blicke trafen sich, lang und
abschätzend. Dann nickte er und trat zur Seite. Ich ging zu Jack am Tisch der
Verteidigung.
    »Es geht schnell voran«, sagte ich.
    »Ja, die ersten Zeugen hat er im
Sturmschritt hinter sich gebracht, und er spielt ziemlich genau das Protokoll
nach.«
    »Hast du mit Wald und Valle über einen
Lokaltermin am Ort des Verbrechens gesprochen?«
    »In der Pause. Sieht aus, als würde es
gehen. Weißt du schon, ob wir Zutritt bekommen?«
    »Meine Maklerin ist noch am Ball.« Ich
gab ihm einen Stapel Notizen, die ich mir bei der Lektüre der Polizeiakten
heute früh gemacht hatte. »Vielleicht schaust du sie dir mal für die
Verhandlung morgen an.«
    Er nickte und stopfte sie in die
Innentasche seines Jacketts.
    Judy kam an den Tisch, die Lippen vor
Zorn noch immer zusammengepreßt. Rasch sagte ich: »Ich muß noch mit Hank
sprechen.«
    Mein Boß saß in der letzten Reihe des
Sitzungssaals. Als ich mich zu ihm setzte, meinte er: »Stameroff behandelt Judy
wie eine Zeugin der Gegenseite.«
    »Falls du es noch nicht bemerkt haben
solltest, sie steht auf der Gegenseite. Nicht so, wie damals, als sie
noch ein Kind war und leicht zu führen. Jetzt hat sie ihren eigenen Kopf. Ich
bin überzeugt, daß er ihre ursprüngliche Aussage gelenkt und ihr vielleicht
auch einiges vorgesagt hat.«
    »Würde mich nicht wundern.« Hank sah
den restlichen Zuschauern nach, die den Gerichtssaal verließen. Dann stand er
auf und ging zum Fenster. Er schaute hinaus. »Ich bin dem nachgegangen, was ich
dir versprochen hatte.«
    »Und?«
    »Stameroff hat sich kaufen lassen,
mehrere Male.«
    »Wer hat dir das gesagt?«
    Er schüttelte den Kopf und hob eine der
Stangen auf, mit denen man die altertümlichen Fenster auf- und zumachte,
probehalber hielt er sie hoch. »Ich kann nur sagen, ich habe es aus
zuverlässiger Quelle, der ich vertraue.«
    »Von wem ist er gekauft worden?«
    »Von niemandem, dessen Name dir etwas
sagt.« Hank zielte mit der Stange und holte aus wie ein Speerwerfer. »Die
Leute, die die wirkliche Macht in Händen halten, sind sehr zurückhaltend. Oft
wissen nicht einmal unsere gewählten Vertreter genau, wie sie sind. Und fast
nie sind sie zur Rechenschaft zu ziehen. Darum läßt sich verdammt schwer mit
ihnen kämpfen.«
    »Ich hielt solche Theorien immer für
paranoid.«
    »Ja.« Hank stocherte mit dem
Speerersatz wütend durch die Luft. »Jedenfalls hat man Stameroff den Posten des
Bezirksstaatsanwalts versprochen, wenn er im Fall Benedict siegte, und das hat
ihn auf den Geschmack solcher Händel gebracht. So schacherte er sich hinauf bis
ins Oberste Gericht des Staates Kalifornien.«
    »Warum aber beteiligt er sich nun
selbst an diesem Scheinprozeß? Der gesunde Menschenverstand hätte ihm sagen
müssen, daß das nur die Aufmerksamkeit auf seine Aktivitäten lenken würde. Das
Tribunal mag publicityhungrig sein, aber gar soviel Presse bekommt es auch
nicht. Wäre Stameroff nicht dabei, käme höchstens eine Spalte in der
Montagsausgabe heraus.«
    Hank lehnte die Stange neben das
Fenster und sah mich nachdenklich an. »Es muß da etwas sehr Nachteiliges geben,
das er unter dem Deckel halten will. Aber ich habe nicht den leisesten Schimmer.«
    »Ich auch nicht.« Ich stand auf, und
Hank folgte mir durch den leeren Saal. »Hast du gesehen, ob Bart Wallace
gegangen ist?« fragte ich.
    »Der Inspektor von der

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