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Letzte Instanz

Letzte Instanz

Titel: Letzte Instanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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wollten — doch im Grunde
zählte nur das Wesentliche eines Menschen, und das hatten wir vom ersten
Augenblick an instinktiv erfaßt.
    Auf dem Weg nach Oakland fuhr ich im
Büro vorbei und zerriß die Akte mit der Aufschrift »Ripinsky, Heino«.

 
     
     
    Z weiter T eil
    D ie T äter

13
     
    Flammen leckten an den rauhen Steinen
hoch. Hy saß an der Feuerstelle und wärmte sich den Rücken. Der flackernde
Lichtschein beließ sein Gesicht mit der Hakennase im Schatten, spielte aber
über seine dunkelblonden Locken, die über den Kragen seines Wollhemds fielen.
    Ich ging durch den Raum, stieg über
unseren Doppelschlafsack und reichte ihm das Bier, das ich aus der Kühlbox
geholt hatte. Dann ließ ich mich auf den Fußboden aus rohen Kieferbrettern
nieder und preßte meinen Schenkel an seinen.
    »Du bist schrecklich schweigsam gewesen
in den letzten Tagen, McCone«, sagte er. »Schon zu irgendwelchen
Schlußfolgerungen gelangt?«
    »Zu einigen. Aber keinen bedeutenden.«
    Er nickte und drängte nicht weiter.
    Wir waren in seiner Citabria zu einem
Flugfeld bei Big Pine im nördlichen Inyo County geflogen. Dort hatten wir
eingekauft, uns einen Jeep gemietet und waren über die Death Valley Road in die
Great Whites zu dieser Zwei-Zimmer-Hütte gefahren, die einem der vielen namen-
und gesichtslosen Freunde gehörte, die Hy verpflichtet waren. Wir hatten alles
getan, wovon er gesprochen hatte, und noch einiges mehr. Ich hatte gelernt, der
Stille zu lauschen. Dies war unsere letzte Nacht. Morgen, Mittwoch, würden wir
nach Oakland fliegen. Danach hatte Hy einen Auftrag in San Diego zu erledigen,
über den er bisher nichts Näheres gesagt hatte.
    »Was ist mit dir?« fragte ich. »Kannst
du mit jetzt etwas über diesen Flug in meine Heimatstadt erzählen?«
    »Ich muß mit einem alten Kumpel über
einen geschäftlichen Vorschlag reden, den er mir gemacht hat.«
    »Was für ein Vorschlag?«
    »Ich erzähle dir davon, wenn etwas
daraus wird.«
    »Hat es mit der Stiftung zu tun?« Paß
auf, warnte ich mich. Du wirst zu neugierig.
    Überraschenderweise grinste er, und
seine Zähne strahlten unter dem hängenden Schnurrbart. »Nein, du neugierige
Person. Um die Wahrheit zu sagen, die Umweltarbeit ist für mich inzwischen
irgendwie abgesteckt. Nicht die Sache — die Arbeit selbst. Die Leitung der
Stiftung, die mir meine Frau vor ihrem Tod großzügig überlassen hat, füllt
nicht einmal die Hälfte meiner Zeit aus. Was den Rest angeht... vielleicht will
ich einfach nur nicht immer auf die Rettung von Bäumen festgenagelt sein. Die
Bäume werden früher oder später gerettet werden, aber von einem Jüngeren, der
weiß, wie man an Spenden kommt und wie man eine PR-Firma führt. Nicht von so
einem alten Knastbruder wie mir.«
    Das »alt« paßte nicht zu ihm, der
»Knastbruder« sehr wohl. Ich kenne niemanden, der längere Zeit aus nobleren
Gründen gesessen hätte als er. »Das hört sich ja an, als würdest du unruhig.«
    »Das bin ich schon.« Er warf mir einen
Blick zu und runzelte die Stirn. Dann schob er die Hand unter mein Kinn und hob
mein Gesicht seinem entgegen. »Sieh mal, McCone, ich spüre irgendwelche
Veränderungen. Es sind positive Veränderungen, und viel davon verdanke ich dir.
Aber ich bin nie besonders redselig gewesen, schon gar nicht, wenn es um mich
ging, und deswegen drängle mich jetzt nicht, okay?«
    Ich ließ das Thema fallen. Was er mir
sagen wollte, würde er mir sagen, auf seine Weise und zu dem Zeitpunkt, den er
für richtig hielt.
    Das anschließende Schweigen tat gut.
Der Wind blaffte um den steinernen Kamin hinter uns. Ich sank tiefer in die
gemütliche Wärme meiner Daunenjacke und spürte die Wärme von Hys Schenkel durch
meine Jeans. Die Minuten verrannen, bis er sagte: »Du hast diesen Cop gar nicht
mehr angerufen.«
    Ich hatte Bart Wallace von Big Pine aus
angerufen und ihm gesagt, ich sei für ein paar Tage nicht zu erreichen. Am
Freitag nachmittag waren Hy und ich dann noch einmal zum Einkaufen in die Stadt
gefahren. Den Abend hatten wir in einer Country-and-Western-Bar mit Essen,
Trinken und Tanzen verbracht. Aber ich hatte nicht versucht, den Inspektor zu
erreichen. »Hätte keinen Zweck gehabt. Aus der Gerichtsmedizin oder dem Labor
konnten noch keine endgültigen Resultate vorliegen, und in der Sache Stameroff haben
ihn seine Vorgesetzten angewiesen, ganz leise aufzutreten. Und Leisetreterei
führt bei einem Bastard wie Stameroff zu nichts.«
    »Und was hast du nun vor? Zulassen,

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