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Letzte Instanz

Letzte Instanz

Titel: Letzte Instanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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»Ich habe keine Ahnung, und im Augenblick kümmert es mich auch nicht.
Judy macht sich wegen dieses Scheintribunals verrückt. Kaum hatte sie erfahren,
daß ihr Vater selbst mitmachen will, lag sie mir auch schon in den Ohren, ich
solle sie ebenfalls ihre eigene Rolle vor Gericht spielen lassen. Als ich sie
fragte, ob sie das klug fände, fing sie... ich kann nur sagen, ein regelrechtes
Verhör mit mir an. Sie verhörte mich über jedes Detail meiner Verteidigung.
Schließlich sagte ich ihr, wir würden darüber reden, wenn du, Rae und ich uns
mit ihr zum Dinner träfen, und da explodierte sie. Das ist der wahre Grund, daß
sie vorhin nicht aufgetaucht ist. Ich hab bloß gesagt, ich hätte sie nicht
erreicht, weil ich nicht darüber reden wollte.«
    »Aber du hast danach noch einmal mit
ihr gesprochen.«
    »Ja. Gegen acht hat sie angerufen, und
da klang sie schon ruhiger. Ich habe ihr vorgeschlagen, daß wir uns hier
treffen und unterhalten. Und jetzt ist sie zum zweiten Mal nicht aufgetaucht.«
    »Was meinst du, warum?«
    »Ich weiß nicht. Aber was ich
wahrnehme, ist eine stete Folge von rationalen und irrationalen Schüben bei
ihr, und das gefällt mir gar nicht.«
    »Hat es das früher auch schon gegeben?«
fragte Rae.
    »Na ja, Judy ist Schauspielerin und
neigt zu melodramatischen Auftritten, aber... Es schien ihr zunächst
gutzugehen, als Lis aus dem Gefängnis kam und zu ihr zog. Dann drängte sie
mich, nach neuen Beweisen zu suchen und einen neuen Prozeß in die Wege zu
leiten. Lis war absolut dagegen, und das ist auch ganz verständlich. Die Frau
wollte schließlich nicht den knappen Rest ihres Lebens noch vor Gericht
verbringen. Für eine gewisse Zeit gab Judy den Plan auf, doch dann kam ihr die
Idee mit diesem Scheinprozeß, und sie redete tatsächlich mit James Wald, ohne
mich vorzuwarnen. Und schon fing sie wieder an zu bohren. Lis fügte sich
schließlich. Ich stellte mich stur, aber schließlich gab ich nach.« Er sah mich
an. »Das war, als ich dich zu Lis schickte, um mit ihr zu reden.«
    »Deswegen hatte Lis so betont, daß das
Tribunal um Judys willen stattfand«, sagte ich. »Wer außer Judy, James Wald und
dir wußte etwas über diesen potentiellen Scheinprozeß?«
    »Schon ein paar Leute. Judy hat mit
Gott und der Welt darüber geredet, und Wald hat sich sicher auch nicht
zurückgehalten.«
    »Und irgendwer geriet in Panik, als er
davon hörte, und heuerte jemanden an, der Lis, Judy und später auch mich
einzuschüchtern versuchte. Der Schuß ging allerdings nach hinten los, weil wir
beide merkten, daß etwas dran sein mußte an Lis’ Unschuldsbeteuerung, und
deshalb entschlossen waren weiterzumachen.«
    »Stimmt.«
    Rae hatte mit zusammengekniffenen Augen
zugehört. Jetzt murmelte sie: »Perfektes Timing.«
    »Was meinst du damit?« fragte ich.
    »Nichts, ich habe nur laut gedacht.«
Sie wandte sich an Jack. »Vielleicht solltest du noch einmal im Theater
anrufen.«
    »Das letzte Mal habe ich es wenige
Minuten vor eurem Auftauchen probiert.«
    »Und bei ihr zu Hause?«
    »Dahin würde sie nie gehen.«
    »Wieso nicht?« fragte ich. »Die Polizei
hat das Haus entsiegelt, sie kann also hinein und aufräumen. Wenn sie sich so
irrational benimmt, wie du sagst, dann kannst du nicht wissen, was sie tut.«
    Jack spielte mit seinem Bierkrug und
wirkte unentschlossen.
    »Ruf dort an«, drängte ich.
    Er sah in Richtung Toiletten, wo das
Münztelefon war, und schüttelte dann den Kopf. »Shar, ich komme heute abend
nicht mit ihr zurecht. Es ist schlimm zwischen uns geworden seit Lis’ Tod. Und
schon vorher, wenn du die Wahrheit wissen willst. Ich bin wütend, ich habe
getrunken, und ich möchte es nicht darauf ankommen lassen, daß bei mir die
Sicherung durchbrennt.«
    »Dann rufe ich an.« Ich stand auf und
wühlte in meiner Tasche nach Münzen.
    »Und was sagst du ihr?«
    »Daß ich zu ihr fahren und mit ihr
reden möchte.«
    Er wirkte erleichtert und zugleich hin
und her gerissen. »Shar, du solltest auf keinen Fall...«
    »Jack, sie ist vielleicht deine
Freundin, aber das hier ist mein Fall.« Ich ging nach hinten.
    Ich ließ es im Haus an der Wool Street
mehrmals läuten und wollte schon aufgeben, als Judy sich mit einem zögerlichen
»Hallo« meldete. Sie schien nicht überrascht, daß ich wußte, wo ich sie finden
würde, aber sie war strikt dagegen, daß ich zu ihr kam. Ich mußte einiges an
Überzeugungskraft aufbieten, bevor sie nachgab.
    Als ich das Remedy eilig verließ,
drückte Jack die

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