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Letzte Instanz

Letzte Instanz

Titel: Letzte Instanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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stand
sie politisch? War sie konservativ oder liberal?«
    »Das Wenige, was sie an politischen
Ansichten hatte, war konservativ geprägt. Wir alle, die wir in der Gesellschaft
von San Francisco aufgewachsen waren, dachten so. Selbst auf dem College
kümmerten wir uns mehr darum, vollwertige Individuen aus uns zu machen — das
war damals so eine Phrase aus der Erziehung —, als nach neuen Konzepten oder
Ideologien zu suchen.« Sie zog ein reumütiges Gesicht. »Und darum haben sie uns
auch die Schweigende Generation genannt.«
    »Soweit Sie wissen, hat Cordy also nie
mit einer radikalen Richtung geflirtet? Mit dem Kommunismus?«
    Louise hob die Brauen. »Cordy? Um
Gottes willen, nein! Ihre Flirts bezogen sich immer nur auf das andere
Geschlecht.«
    »Wie war es bei Melissa Cardinal? Haben
Sie mit Ihr jemals über Politik geredet?«
    »Nein. Meine Beziehungen zu den anderen
Mädchen, die die Wohnung benutzten, waren ziemlich oberflächlich. Und
schließlich war da ja Vincent. Wenn man mit einem Mann, den man zu lieben
glaubt, im Schlafzimmer ist, hat man keine besondere Antenne für die
politischen Neigungen seiner Wohnungsgenossinnen.«
    Die Offenheit, mit der sie über
Benedict und sich sprach, war eine abrupte Kehrtwendung nach ihrem Vorwurf, ich
dringe in ihre Privatsphäre ein. Sollte das nun der Wahrheitsfindung dienen,
oder war es eher kalkulierte Freimütigkeit, die mich verwirren sollte? »Sind
Sie je Melissas Stiefbruder Roger Woods begegnet?«
    »Ich wußte nicht einmal, daß sie einen
Stiefbruder hatte.«
    »Und Sie erinnern sich noch immer
nicht, wo Cordy und Melissa sich kennengelernt haben?«
    Sie schüttelte den Kopf und blies den
Zigarettenrauch durch die Nase aus. »Ich habe eine Weile darüber nachgedacht
und bin eindeutig zu dem Schluß gekommen, daß auch Cordy Melissa gar nicht so
gut kannte. Aber sie schienen gemeinsame Freunde gehabt zu haben. Ich erinnere
mich, daß sie sich einmal über eine lächerliche Angelegenheit unterhielten, die
im ›Unspeakable‹ passiert war.«
    »Wo?«
    »In einem Café an der Filbert Street.
Das gibt es schon lange nicht mehr.«
    »Ein Beat-Lokal?«
    »Nein, das war noch vor der Zeit. Mehr
mit sozialistischem Einschlag.«
    »Das ist vielleicht der Zusammenhang,
nach dem ich suche. Wissen Sie, wer es damals führte? Oder wie ich sonst etwas
darüber herausbekommen kann?«
    »Ich war nur einmal dort. Es war ein
Wochenende, an dem ich aus Stanford zurückkam und dort mit einem Kommilitonen
verabredet war, der sich selbst gern für radikal hielt. Wir sind nicht lange
geblieben, weil er zuviel getrunken hatte und Krach schlug und wir deswegen
hinauskomplimentiert wurden.«
    »Dann war er wohl kein Stammgast.«
    »Vielleicht doch. Zumindest war er
früher schon dort gewesen. Ich kann ihn fragen, ob er sich an das Café
erinnert.«
    »Sie haben noch Kontakt zu ihm?«
    »Gott, ja. Seine und meine Mutter waren
Bridge-Partnerinnen. Nachdem er seine radikale Phase hinter sich hatte, stieg
er in die Maklerfirma seines Vaters ein und machte Millionen. Ich gehe ihn
regelmäßig um Spenden an.«
    »Würde es Ihnen etwas ausmachen, ihn
anzurufen und nach dem Unspeakable zu fragen?«
    »Mache ich.«
    Eine ganze Weile war nun schon eine
Diskussion in der Nachbarkabine im Gang. Plötzlich verschärfte sie sich.
Spanische Kraftausdrücke flogen hin und her. Louise Wingfield sah in die
Richtung, aus der sie kamen, und sagte: »Ich glaube, ich werde gebraucht.«
    »Ich hoffe, ich höre dann etwas von
Ihnen über das Unspeakable. Wir sehen uns beim Tribunal.«
    Ihre Lippen verzogen sich schmerzlich.
»Und ich hoffe, dieser Prozeß macht uns nicht alle zum Gespött.«
     
    Ich fuhr in mein Büro zurück und
meldete mich bei Cathy Potter. Sie hatte ein paar interessante Dinge über das
Seacliff-Anwesen auf Lager: Der Schätzpreis lag bei 5,5 Millionen Dollar. Aber
Besitzer war nicht mehr das Institute for North American Studies, sondern eine
Firma namens Keyes Development.
    »Und jetzt kommt es!« fügte sie hinzu.
»Es scheint, das Institut hatte das Haus bis zum Maximum mit Hypotheken
belastet, um das neue Gebäude zu finanzieren. Im letzten Jahr sind sie mit den
Zahlungen an die Hypothekengeber in Verzug geraten. Außerdem schulden sie auch
Keyes noch Millionen. Keyes hat den Bau am Embarcadero vermittelt. Also
übernahm die Firma jetzt das Anwesen als Sicherheit, einen erstklassigen Besitz
direkt am Meer, wenn auch der größte Teil des Grundstücks praktisch in der
Senkrechten

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