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Letzte Nacht in Twisted River

Letzte Nacht in Twisted River

Titel: Letzte Nacht in Twisted River Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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Katie hatte es offenbar beim Nachhausekommen, wann immer das gewesen war, nicht zugemacht.
    »Es ist nicht unser Scheißbaby«, sagte Katie. Entweder lallte sie, oder sie sprach in ihr Kissen. »Unser Baby ist bei uns im Bett, Dumpfbacke!«
    »Ach was?«, fragte Danny und setzte sich auf; sein Kopf pochte. Der kleine Joe war nicht bei ihnen in dem zerwühlten Bett.
    »Tja, vorhin
war
er's«, sagte Katie; sie setzte sich jetzt ebenfalls auf. Ihre Wangen waren ein wenig rauh oder gerötet - wie das eben so ist, wenn man jemanden küsst, der einen kratzenden Bart hat, mutmaßte Danny. »Das Kind hat wegen irgendwas gejammert, da hab ich es zu uns ins Bett geholt«, sagte Katie noch.
    Doch Danny war schon in den Flur gelaufen. Er sah, dass Joes Bettchen leer und die Gitter unten waren; Katie war so klein, dass sie die Gitter runterlassen musste, um den Jungen aus seinem Bett zu heben.
    Auf der Iowa Avenue staute sich der Verkehr - bis weit nach Osten, bis zu dem Knick, wo sie in die Muscatine Avenue übergeht -, als hätte es auf der Avenue einen Unfall gegeben, direkt vor dem Erdgeschossapartment. Danny lief in Boxershorts aus der Haustür. In seinem halbnackten Zustand war er für den Fahrer des schmutzig weißen Lieferwagens, der den stadteinwärts fahrenden Verkehr blockierte, offenbar ein glaubhafter Kandidat für die Rolle des pflichtvergessenen Vaters.
    »Ist das
Ihr
Baby?«, schrie der Fahrer Danny an. Der Franz-Joseph-Bart und die buschigen Koteletten des Mannes jagten dem kleinen Joe wohl genauso viel Angst ein wie sein permanentes Geschrei. Der Fahrer des Lieferwagens hatte Joe auf den grasbewachsenen Mittelstreifen der Iowa Avenue in die Enge getrieben, ohne ihn hochzuheben oder auch nur zu berühren. In seiner Windel und mit wackligen Beinchen stand Joe auf dem Gras; er war aus dem Haus und über den Bürgersteig auf die Fahrbahn getrottet, und der schmutzig weiße Lieferwagen war das erste Fahrzeug gewesen, das ihn fast überfahren hätte.
    Jetzt lief eine Frau aus dem Auto hinter dem weißen Lieferwagen auf den Mittelstreifen und hob den Kleinen hoch. »Ist
das
dein Daddy ?«, fragte sie Joe und zeigte auf Danny in seinen Boxershorts. Joe plärrte los.
    »Das ist mein Junge - ich habe noch geschlafen«, sagte Danny. Er überquerte die Fahrbahn und betrat den Mittelstreifen, doch die Frau - mittleres Alter, Brille, Perlenkette (Genaueres zu ihr fiel Danny später nicht ein) - schien nicht bereit, das Baby herzugeben.
    »Ihr Baby war auf der Straße, Mann - ich hätte es fast überfahren«, sagte der Fahrer des Lieferwagens. »Ich hab gerade noch die Windel bemerkt, die hat so weiß geleuchtet.«
    »Man hat nicht den Eindruck, als hätten Sie das Baby gesucht oder auch nur gemerkt, dass es weg war«, stellte die Frau fest.
    »Daddy«, sagte Joe und streckte die Ärmchen aus.
    »Hat dieses Kind eine Mutter?«, wollte die Frau wissen.
    »Sie schläft - wir haben beide geschlafen«, antwortete Danny. Er nahm den Kleinen aus den zögernd ausgestreckten Armen der Frau. »Danke«, sagte Danny zu dem Fahrer des Lieferwagens.
    »Sie sind ja noch stockbesoffen, Mann«, erwiderte der Fahrer. »Ist Ihre Frau auch besoffen?«
    »Danke«, wiederholte Danny.
    »Man sollte Sie anzeigen«, sagte die Frau zu ihm.
    »Ja, das stimmt«, antwortete Danny, »aber tun Sie's bitte nicht.«
    Inzwischen hupten einige Autos, und Joe fing wieder an zu weinen. »Vom Haus aus konnte ich den Himmel nicht sehen«, sagte der Junge schluchzend.
    »Du konntest den Himmel nicht sehen?«, fragte sein Dad. Sie überquerten Fahrbahn und Gehsteig und betraten das Haus, von einem Hupkonzert begleitet.
    »Ich konnte nicht sehen, ob Lady Sky runterkommt«, sagte Joe.
    »Du hast nach Lady Sky Ausschau gehalten?«, fragte sein Vater.
    »Ich konnte sie nicht sehen. Vielleicht hat sie mich gesucht«, sagte der Junge.
    Es war eine breite Straße; Danny wurde klar, dass sein Sohn von der Straße oder dem Mittelstreifen aus den Himmel sehen konnte. Er hatte gehofft, Lady Sky würde wieder zur Erde sinken - mehr steckte nicht dahinter.
    »Mommy ist zu Hause«, teilte Joe seinem Dad mit, als sie das Apartment betraten, das der Zweijährige nur Ampartment nannte. Seit er sprechen konnte, war ein Apartment ein
Ampart
ment gewesen.
    »Ja, ich weiß«, sagte Danny. Er sah, dass Katie wieder eingeschlafen war. Ihm fiel auch auf, dass die Rumflasche auf dem Küchentisch völlig leer war. Hatte er sie ausgetrunken, ehe er ins Bett gegangen war, oder hatte Katie den

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