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Letzte Nacht in Twisted River

Letzte Nacht in Twisted River

Titel: Letzte Nacht in Twisted River Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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Hauch von Gras mit Shampoo aus den Haaren gewaschen. »Unter welchen Umständen würdest du ohne Fallschirm aus einem Flugzeug springen?«, fragte Danny seine Frau.
    »Vielleicht um einer langweiligen Ehe zu entkommen«, antwortete Katie.
    »Da ich fahre, würde ich gern vor Einbruch der Dunkelheit los«, sagte er ihr.
    »Lady Sky ist ein Engel, Mommy«, sagte Joe.
    »Das bezweifle ich«, widersprach Katie.
    »Uns hat sie erzählt,
manchmal
sei sie ein Engel«, sagte Danny.
    »Diese Frau ist noch nie ein Engel gewesen«, sagte Katie.
     
    Auf dem Rückweg nach Iowa City kotzte Joe in seinen Kindersitz. Während der gesamten Fahrt auf dem Highway u.s. 6 war ihnen ein Polizeiwagen gefolgt. Danny hatte befürchtet, dass ein Rücklicht defekt oder er vielleicht Schlangenlinien gefahren war; er überlegte sich gerade, wie viel Alkoholkonsum er eingestehen sollte, falls die Streife ihn kontrollierte, als der Sheriff am Boulevard von Coralville nach Norden abbog und Danny in Richtung Zentrum weiterfuhr. Er hatte keine Ahnung, wie viel
genau
er getrunken hatte, wusste aber, dass er in seinen Boxershorts auf den Sheriff nicht sehr überzeugend gewirkt hätte.
    Als Danny gerade dachte, er hätte es geschafft, übergab sich Joe. »Das war wahrscheinlich der Kartoffelsalat«, sagte Danny zu dem Kleinen. »Ist nicht so schlimm. In ein paar Minuten sind wir zu Hause.«
    »Lass mich sofort aussteigen«, sagte Katie.
    »Hier?«, fragte Danny. »Du willst von hier nach Hause laufen?« Er sah, dass sie sich schon die Sandalen angezogen hatte. Sie waren immer noch in der Innenstadt.
    »Wer hat denn gesagt, ich käme mit nach Hause?«, fragte sie ihn.
    »Oh«, sagte Danny.
    Er hatte gesehen, wie sie in der Küche des Farmhauses kurz vor Einbruch der Dunkelheit telefoniert hatte - wahrscheinlich mit Roger, dachte Danny jetzt. An der nächsten roten Ampel fuhr er rechts ran, und Katie stieg aus.
    »Lady Sky ist wirklich ein Engel, Mommy«, sagte Joe zu ihr.
    »Wenn du meinst«, sagte Katie und warf die Tür zu.
    Danny wusste, dass sie keine Unterwäsche anhatte, aber was machte das schon, wenn sie sich mit Roger traf?
     
    Sechs Jahre später. Der morgendliche Berufsverkehr auf der Iowa Avenue hatte nachgelassen, und Yi-Yiing war schon längst wieder aus dem Krankenhaus zurück und zu Hause in der Court Street. (Bestimmt hatte sie dem Koch erzählt, dass sie Danny und den kleinen Joe so früh am Morgen auf der Iowa Avenue gesehen hatte.)
    »Warum wärst du auch gestorben - wenn mich das Auto wirklich überfahren hätte?«, fragte der inzwischen achtjährige Joe seinen Vater.
    »Weil du mich eigentlich überleben solltest. Wenn du vor mir stirbst, bringt mich das um, Joe«, sagte Danny.
    »Warum erinnere ich mich nicht an sie?«, fragte der Junge. »Du meinst deine Mom?«
    »Meine Mom, die Schweine und was dann passiert ist - ich erinnere mich an gar nichts mehr«, antwortete Joe. »Und Lady Sky?«, fragte sein Vater.
    »Ich weiß noch, dass jemand vom Himmel fiel, wie ein Engel«, sagte der Junge.
    »Echt?«, fragte Danny.
    »Ich glaub schon. Du hast mir noch nie von ihr erzählt, oder?«, fragte Joe. »Nein.«
    »Was ist denn
dann
passiert? Also nachdem Mom aus dem Wagen gestiegen ist?«
    Natürlich hatte Danny Joe eine
bereinigte
Version der Spanferkelparty erzählt. Nachdem er den Zweijährigen von der Farm nach Hause gefahren hatte, passierte weniger, weswegen sich der Schriftsteller weniger als Zensor hatte betätigen müssen. (Wohl weil Katie nicht mit ihnen gekommen war.)
    Am frühen Abend, kurz nach Einbruch der Dunkelheit hatten nur einige Passanten, aber keiner der Nachbarn den Schriftsteller gesehen, wie er in Boxershorts seinen zweijährigen Sohn in die Erdgeschosswohnung des Zweifamilienhauses an der Iowa Avenue trug.
    »Riechst du die Schweine noch?«, hatte der kleine Joe seinen Dad gefragt, als sie in dem Apartment waren.
    »Nur in meiner Erinnerung«, antwortete Danny.
    »Ich rieche sie noch, weiß aber nicht, wo sie sind«, sagte der Junge.
    »Vielleicht riechst du das Erbrochene noch, mein Schatz«, sagte Danny. Er badete den Kleinen und wusch ihm noch einmal die Haare.
    Obwohl die Fenster offen standen, war es drinnen warm. Danny legte dem kleinen Joe eine Windel an und brachte ihn zu Bett. Falls es nachts kälter würde, könnte er dem Jungen später immer noch den Schlafanzug anziehen. Selbst als Joe längst schlief, bildete sich Danny ein, immer noch die Schweine oder die Kotze zu riechen. Er zog sich eine Jeans an,

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