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Letzte Nacht in Twisted River

Letzte Nacht in Twisted River

Titel: Letzte Nacht in Twisted River Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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Monaten fertig; zu der Zeit waren Charlotte Turner und Danny Angel bereits ein Paar.
    In Dannys Schlafzimmer, das ebenso sehr ein Schrein für Charlotte war wie das Schreibzimmer im zweiten Stock einer für Joe, hatte der Koch oft gestaunt, wie sorgfältig Lupita die vielen gerahmten Fotografien der erfolgreichen Drehbuchautorin abstaubte und wie blitzblank sie sie putzte. Die meisten dieser Fotos waren aus den drei Jahren, in denen Daniel und Charlotte zusammen gewesen waren; viele der Fotos stammten aus ihren kurzen Sommermonaten am Huron-See. Wie viele Familien aus Toronto besaßen auch Charlottes Eltern eine Insel in der Georgian Bay; angeblich hatte Charlottes Großvater die Insel bei einem Pokerspiel gewonnen, andere behaupteten, er habe sie gegen ein Auto eingetauscht. Da Charlottes Vater todkrank war und ihre Mutter (eine Arztin) sich bald zur Ruhe setzen wollte, würde Charlotte die Insel, die in der Nähe von Pointe au Baril Station lag, schon vorzeitig übernehmen. Daniel hatte diese Insel sehr gemocht, erinnerte sich der Koch. (Dominic hatte die Georgian Bay nur ein Mal besucht; er fand es dort schauderhaft.)
    Die einzigen Fotos von Charlotte, die auf den Pinnwänden im Schlafzimmer des Kochs immer wieder mal auftauchten, waren die von ihr mit Joe. Der Koch bewunderte, wie Charlotte Joe vorbehaltlos ins Herz geschlossen hatte, und Joe bekam mit, wie glücklich sein Vater mit ihr war; Joe hatte Charlotte von Anfang an gemocht.
    Charlotte fuhr nicht gern Ski, fand sich aber mit den Winterwochenenden und den Weihnachtsferien in Winter Park ab, wo der Koch in der Blockhütte phantastische Abendessen zauberte. Die Restaurants in Winter Park waren nicht schlecht, gut genug für Joe und seine Studentenfreunde zumindest, aber den Ansprüchen des Kochs genügten sie nicht, und Dominic Baciagalupo genoss es, seinen Enkel zu bekochen, der für seinen (und auch Dannys) Geschmack viel zu selten nach Kanada kam.
     
    Das letzte Licht des späten Dezembernachmittags hatte sich inzwischen völlig verflüchtigt; in den Fenstern spiegelten sich bereits die dunkle Nacht und die hellen Lichter der Großstadt, als Danny sich jetzt auf die Matte in seinem Fitnessraum legte. Weil es sein Schreibzimmer gewesen war, ehe es zum Fitnessraum wurde - und weil Danny mit zunehmendem Alter immer häufiger nur noch bei Tageslicht schrieb -, hingen an den Fenstern keine Vorhänge. In den Wintermonaten war es häufig dunkel, wenn er endlich zum Trainieren kam, doch Danny war es egal, ob ihn jemand an den Fitnessgeräten oder beim Hanteltraining sah. Schon als es noch sein Arbeitszimmer gewesen war, und nicht erst, seit er es als Fitnessraum benutzte, war er in diesem Zimmer fotografiert und interviewt worden, weil er Journalisten nicht in den zweiten Stock hochließ.
    Gleich nach ihrem Einzug, hatte Charlotte erklärt, werde sie im Fitnessraum Vorhänge oder Jalousien anbringen, aber weil die Hochzeit mit allem Drum und Dran abgesagt wurde, waren die Fenster in diesem Raum unverändert geblieben. Es war ein seltsamer Fitnessraum, weil immer noch Bücherregale die Wände säumten; auch nachdem Danny seinen Schreibtisch in Joes ehemaliges Zimmer verlegt hatte, waren viele seiner Bücher in diesem Raum im Erdgeschoss geblieben.
    Wenn Danny und sein Dad am Cluny Drive Dinnerpartys gaben, diente der Fitnessraum als Garderobe; die Gäste legten ihre Mäntel über die Handläufe des Laufbands, auf den Stepper oder den Heimtrainer und auch auf die Hantelbank. Außerdem gab es in diesem Zimmer immer ein paar Klemmbretter, einen Stapel leeres Schreibmaschinenpapier und jede Menge Stifte. Manchmal machte sich Danny Notizen, wenn er spätnachmittags auf dem Heimtrainer saß oder wenn er auf dem Laufband trainierte. Das viele Laufen hatte seine Knie ruiniert, doch auf dem Laufband konnte er immer noch ziemlich schnell gehen, und wenn er auf dem Heimtrainer radelte oder den Stepper benutzte, schadete das seinen Knien nicht.
    Für einen Achtundfünfzigjährigen war Danny halbwegs gut in Schuss; er war immer noch relativ schlank, hatte aber ein paar Kilo zugelegt, seit er wieder angefangen hatte, Bier und Rotwein zu trinken - wenn auch in Maßen. Wäre Indianer-Jane noch am Leben gewesen, hätte sie Danny gesagt, für jemanden, der so leicht sei wie er, seien sogar ein paar Bier und ein, zwei Gläser Rotwein zu viel. (»Tja, beim Thema Feuerwasser war die Rothaut echt rigoros«, sagte Ketchum off; er hielt nicht viel von Mäßigung, nicht mal mit

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