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Letzte Nacht in Twisted River

Letzte Nacht in Twisted River

Titel: Letzte Nacht in Twisted River Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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immer daran, wie er erfuhr, dass er auch Ketchum verloren hatte.
    Danny war nicht Ketchum; er war nicht einmal »wie« Ketchum, auch wenn es Phasen gegeben hatte, in denen Danny sich bemüht hatte, wie der alte Holzfäller zu sein. Und wie er sich bemüht hatte! Doch das war nicht Dannys Job - um das Wort
Job
im Sinne Ketchums zu verwenden. Dannys Job war es, Schriftsteller zu sein, was Ketchum schon lange vor Danny verstanden hatte.
    »Du musst deine Nase in die schlimmsten Ecken stecken und dir
alles
vorstellen, Danny«, hatte Ketchum ihm gesagt. Daniel Baciagalupo versuchte es; wenn er schon nicht Ketchum
sein
konnte, dann konnte er ihn wenigstens
heroisieren.
Also wirklich, dachte der Schriftsteller, wie schwer konnte das sein, aus Ketchum einen Helden zu machen?
    »Tja, sterben ist manchmal nicht so leicht, Danny, das sollte ein Schriftsteller wissen«, hatte Ketchum zu ihm gesagt, als Danny drei Schüsse gebraucht hatte, um seinen ersten Hirsch zu erlegen.
     

17 - Ausgenommen Ketchum
    Scheiße,
damals
hätte ich wissen müssen, was Ketchum meinte, dachte Danny an dem Tag, als Lupita wie verrückt um ihn herumputzte. (Stimmt, er hätte es wissen müssen.)
    Danny hatte eine leise Ahnung, was Ketchum vorhatte. Es war um das amerikanische Erntedankfest herum, im November 2001. Danny war mit seiner Hausärztin zum Abendessen verabredet - natürlich im Kiss of the Wolf. Sie waren kein Liebespaar, einfach nur sehr gut befreundet. Erin Reilly, so hieß die Arztin, hatte Danny einmal (lange bevor er nach Kanada zog) einen Fanbrief geschrieben; daraus war eine Brieffreundschaft entstanden, und mittlerweile hatte sie den Schriftsteller bei einigen Romanen in medizinischen Fragen beraten.
    Erin war fast so alt wie Danny. Sie hatte zwei erwachsene Kinder, die selbst schon eigene Kinder hatten, und kürzlich hatte ihr Mann sie wegen ihrer Sprechstundenhilfe verlassen. »Ich hätte es kommen sehen müssen«, hatte Erin gelassen zu Danny gesagt. »Beide haben mich sicher hundertmal am Tag und unabhängig voneinander gefragt, wie's mir geht.«
    In Dannys Leben in Toronto war Erin so etwas wie das weibliche Pendant zu Armando DeSimone damals in Vermont geworden. Danny und Armando schrieben sich noch, doch Armando und Mary kamen nicht mehr nach Toronto. Mit dem Auto war ihnen die Fahrt zu weit, und Flugreisen waren für sie aufgrund ihres Alters (und ihres Temperaments) zu beschwerlich. »Die Deppen von der Flughafensecurity haben mir sämtliche Schweizer Armeemesser weggenommen, die ich je besessen habe«, hatte sich Armando bei Danny beklagt.
    Erin Reilly war eine passionierte Leserin, und wenn Danny ihr eine medizinische Frage stellte - egal, ob sie ihn selbst betraf oder ob er wegen einer Romanfigur recherchierte -, wusste Danny die langen und detaillierten Antworten der Ärztin zu schätzen. Erin las auch gern lange und detailreiche Romane.
    An jenem Abend hatte Danny im Kiss of the Wolf zu der Ärztin gesagt: »Ein Freund von mir hat schon seit langem immer wieder den Drang, sich die linke Hand abzuhacken, weil sie ihn einmal im Stich gelassen hat. Wird er verbluten, wenn er sie sich tatsächlich abhackt?«
    Erin war eine hochaufgeschossene Frau mit einem Storchenhals, kurzgeschnittenem grauem Haar und haselnussbraunen Augen, die einen durchdringend ansahen. Sie ging völlig in ihrer Arbeit und in dem jeweiligen Roman auf, den sie gerade las, wobei sie ihre Umwelt völlig ausblendete - eine Manie, die sie in Dannys Augen noch liebenswerter machte. Für die Welt um sie herum konnte sie erschreckend blind sein - ähnlich wie der Koch, der sich mit der Zeit in Sicherheit gewiegt und sich eingeredet hatte, der Cowboy habe die Suche nach ihm aufgegeben. Klar hätte Erin »es kommen sehen müssen« - nämlich das Techtelmechtel ihres Mannes mit ihrer Sprechstundenhilfe. Dannys Ansicht nach hätte jedoch nicht die wiederholte Frage nach ihrem Befinden Erin stutzig machen sollen, sondern etwas ganz anderes. Erin hatte ihrem Mann Viagra verschrieben - sie hätte wissen müssen, wie viel er von dem Zeug nahm! Doch genau das gefiel Danny an Erin - ihre völlige Unschuld, die ihn an all das erinnerte, was sein Vater nicht hatte sehen wollen, und auch das hatte Danny gefallen.
    »Dieser...
Freund
mit seinem Drang, sich die linke Hand abzuhacken«, sagte Dr. Reilly langsam. »Bist
du
das, Danny, oder ist es eine deiner Romanfiguren?«
    »Weder noch. Es handelt sich um einen alten Freund von mir«, erklärte ihr Danny. »Ich würde dir

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