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Letzte Nacht in Twisted River

Letzte Nacht in Twisted River

Titel: Letzte Nacht in Twisted River Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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sämtliche Romane) ließ Dominic für Ketchum zurück.
    Danny blieb gerade noch Zeit, ein paar Fotos seiner Mom zusammenzuraffen, aber nicht die Bücher, in denen er sie aufbewahrte. An Kleidung packte der Koch nur das Nötigste für sich und Danny ein - für sich mehr als für seinen Sohn, weil der ohnehin bald aus allem herauswachsen würde, was er gerade trug.
    Das Auto des Kochs war ein 1952er-Pontiac-Kombi - der sogenannte »Semiwoodie« Chieftain Deluxe. Der letzte ganz mit Holz verkleidete »Woodie« wurde 1949 gebaut; der Semiwoodie hatte draußen Holzimitatverkleidung, die sich von der weinroten Karosserie abhob, und echtes Holz im Wageninneren. Die Sitzpolster im Inneren waren ebenfalls weinrot. Wegen Dominics lahmem rechtem Fuß hatte der Pontiac Chieftain Deluxe eine Automatikschaltung - und war damit sehr wahrscheinlich das einzige Fahrzeug mit Automatikschaltung in ganz Twisted River -, so dass auch Danny den Wagen fahren konnte. Die Beine des Zwölfjährigen waren nicht lang genug, um ein Kupplungspedal ganz durchzudrücken, doch Danny hatte den Semiwoodie-Kombi schon auf Holzabfuhrstraßen fahren dürfen. Constable Carl patrouillierte dort nicht. Viele Jungs in Dannys Alter, sogar noch jüngere, fuhren auf den Seitenstraßen um den Phillips Brook und den Twisted River in Pkws und Pick-ups herum - präpubertierende Jugendliche ohne Führerschein, aber ziemlich gute Autofahrer.
    Angesichts der vielen Unwägbarkeiten bei ihrer Flucht aus Twisted River war es gut, dass Danny den Chieftain fahren konnte. Der Koch wollte vermeiden, gesehen zu werden, wie er durch Twisted River
ging,
zurück zum Kochhaus, nachdem er Jane in ihrem Pick-up zu Constable Carls Haus gebracht hatte. Wer um diese Zeit auf den Beinen war, würde Dominic Baciagalupo an seinem Hinken erkennen - und wenn man den Koch und seinen Sohn
gemeinsam
zu dieser unchristlichen Stunde durch den Ort gehen sähe, wäre das noch ungewöhnlicher und verdächtiger.
    Natürlich war Dominics Wagen der einzige weinrote Semiwoodie im Ort. Der 52er-Pontiac Chieftain würde womöglich nicht unbemerkt bleiben, aber er käme rascher durch die Siedlung als der hinkende Koch und er würde nicht in der Nähe der Stelle gesichtet werden, wo Dominic Janes Pick-up abstellen wollte, nämlich vor Constable Carls Haus.
    »Bist du wahnsinnig?«, fragte Danny seinen Vater, als sie aus der Tür des Kochhauses traten - zum letzten Mal. »Warum bringen wir die Leiche zum Constable?«
    »Damit der besoffene Cowboy glaubt,
er
sei's gewesen, wenn er morgens aufwacht«, gab der Koch seinem Sohn zur Antwort.
    »Und falls Constable Carl wach ist, wenn wir dort ankommen?«, fragte der Junge.
    »Dafür haben wir einen Plan B, Daniel«, sagte sein Dad.
    Es nieselte leicht, beinahe unmerklich. Die langgezogene weinrote Motorhaube des Chieftain Deluxe glänzte. Der Koch benetzte seinen Daumen auf der Haube, dann griff er durch das offene Fenster auf der Fahrerseite und wischte den getrockneten Blutfleck von der Stirn seines Sohnes. Als ihm sein Gutenachtkuss einfiel, wusste Dominic, dass es sein Blut war; er hoffte, dass es nicht der letzte Kuss war, den er Daniel geben würde, und dass Daniel in dieser Nacht kein Blut mehr abbekommen würde (wessen Blut auch immer).
    »Ich folge dir einfach, oder?«, fragte Dan seinen Dad.
    »Genau«, sagte der Koch, in Gedanken intensiv mit dem Plan B beschäftigt, und stieg in das Fahrerhaus von Janes Truck. Jane war gegen die Beifahrertür gesackt. Sie blutete zwar nicht, doch Dominic war froh, dass er den Bluterguss auf ihrer rechten Schläfe nicht sah. Janes Haare hingen nach vorn und bedeckten ihr Gesicht; die inzwischen zur Größe eines Baseballs angeschwollene Beule drückte innen gegen das Beifahrerfenster.
    Sie fuhren im Zweierkonvoi zu der Absteige mit Flachdach, in der Sixpacks sogenanntes Apartment im ersten Stock lag. Im Rückspiegel von Janes Pick-up konnte der Koch, hinter dem Steuer des 52er-Pontiac, nur einen Teil des Gesichts seines Sohnes sehen. Die Außensonnenblende des Chieftain wirkte wie der tief in die Stirn gezogene Schirm einer Baseballmütze. Darunter sah man die Windschutzscheibenaugen des achtzylindrigen Kombis mit seinem Haifischzahn-Kühlergrill und der aggressiven Kühlerfigur.
    »Scheiße!«, sagte Dominic laut. Ihm war plötzlich Janes Cleveland-Indians-Mütze eingefallen. Wo war sie? Hatten sie Häuptling Wahoo im Flur oben im Kochhaus vergessen? Doch sie hielten schon vor Sixpacks Wohnung; auf den Straßen war

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