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Letzte Nacht

Letzte Nacht

Titel: Letzte Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stewart O'Nan
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zwanzig Jahren Witwer ist, hat’s nicht besser gemacht. Er ist Stammgast, hat seine eigene Fensternische. Er wird den gegrillten Tilapia und eine Tasse Kaffee bestellen, dann unauffällig den Herald lesen und Roz drei Dollar Trinkgeld geben. Er schwenkt mit dem großen 98 weit aus und fährt auf den ersten Parkplatz.
    «Hey, Trainer.» Manny winkt, denn Mr. Kashynski kann ihn durch die Windschutzscheibe nicht hören. Manny schiebt den Finger unter den Ärmel, um auf seine Armbanduhr zu schauen (da ist wieder das Gummiband, als sollte es ihn an irgendetwas erinnern), und hält dann denselben Finger hoch, um dem Trainer zu signalisieren, dass es noch eine Minute dauert. Mr. K. macht eine wegwerfende Handbewegung, keine Eile, und holt seine Zeitung hervor.
    Drinnen teilt Nicolette Manny mit, dass Crystal noch nicht da ist – als wenn er das nicht bemerkt hätte.
    Jacquie sitzt mit Roz im Pausenraum und füllt Salz‐ und Pfefferstreuer auf. Er stürmt vorbei, so schnell, dass er sich gerade mal für ihr Kommen bedanken kann.
    «Mein Wagen ist nicht angesprungen», entschuldigt sie sich.
    «Ist schon okay», sagt er. «Du hast’ s ja geschafft.»
    «Ein Glück», sagt Roz. «Heute steht nämlich Shrimps All-you-can-eat auf dem Programm.»

    «Nein», sagt Jacquie, als könnte sie’s nicht glauben.
    «Das darf doch nicht wahr sein.»
    «Was soll ich machen?», sagt Manny. «Sie haben die ganze Woche dafür Werbung gemacht.»
    Hinten belegt Eddie immer noch Bleche mit Brötchenteig, und Manny sagt, das ist prima, mehr als genug, und schickt ihn wieder zur Geschirrspülmaschine. Rich bereitet Remouladensoße zu. Leron lässt einen Korb Fritten abtropfen.
    «Das ist also alles?», fragt Ty.
    «Das ist alles», antwortet Manny.
    «Bete lieber, dass nicht so viel los ist.»
    «Der Trainer wartet schon draußen.»
    «Tilapia», sagt Ty zu Fredo, der kurz zögert, bevor er die Kühlvitrine öffnet, und dann wieder zögert. «Weißer Kasten, zweites Regal rechts. Steht auf dem Deckel.»
    Manny sieht, dass es den ganzen Tag so weitergehen wird, und überlässt es ihnen, damit klarzukommen. (In seiner Verwirrung hat er völlig vergessen, die Schneeräumer zu verständigen.)
    Von jetzt an läuft alles nach Checkliste. Er dreht die Deckenbeleuchtung heller, knipst in allen vier Bereichen die Tiffanylampen‐Imitate über den Tischen an. Er schaltet die Stereoanlage ein, stellt die Musik auf die vorgeschriebene Lautstärke, und schon singt Bonnie Raitt zum x‐ten Mal «Something to Talk About». Fenster für Fenster zieht er behutsam an den Schnüren der Jalousien und lässt das graue Tageslicht herein. Wie aufs Stichwort hievt sich Mr. Kashynski aus seinem Wagen und kommt den Weg entlang. Nicolette zieht sich in den Pausenraum zurück. Dom signalisiert ihm von der Bar, dass alles klar ist. Kendra ist bereit, das Haar gebürstet und die Lippen geschminkt, auf dem Empfangspult ein Stapel Speisekarten, in dem Fach hinter ihr zwei Dutzend Pager ordentlich aufgereiht, für den Fall, dass Massen von Leuten kommen.
    «Los geht’s», sagt Manny zu sich und den anderen, und zum allerletzten Mal knipst er am Highway das Neonschild an und schiebt an der Eingangstür das Plastikschildchen mit der Aufschrift GESCHLOSSEN nach rechts, um aller Welt kundzutun, dass sie geöffnet haben.

    Which Nobody Can Deny

    Sie kommen paarweise, zu dritt oder manchmal auch zu viert, um diese Tageszeit vorwiegend Ehefrauen und junge Mütter, Leute, die aus dem Einkaufszentrum geflüchtet sind. Sie kommen aus West Hartford, Farmington, Simsbury und anderen Vororten, die Manny erst im Sommer auf dem Weg zum Stausee in Barkhamsted durchquert hat, stets vorsichtig und auf der Hut vor übereifrigen Polizisten. Ihre Geländewagen fressen sich durch den Schnee und verstopfen die Parkplätze, rechtfertigen einen Tag lang ihren kostspieligen Allradantrieb. Sie haben Schneeklumpen an den Schuhen, bleiben stehen, um aufzustampfen und die Tagesgerichte auf den Tafeln zu überfliegen, folgen dann Kendra zu ihren Nischen, gleiten auf ihre Plätze, legen Tüten, Handschuhe und Jacken ab, erleichtert, dass sie sich hinsetzen, sich sammeln und ihre Einkäufe vergleichen können. Über der Schale mit dem Teelicht wärmen sie sich die Hände, ohne den ziellos herumlaufenden Manny zu beachten. Sie wollen, dass ihre Kellnerin kommt. Sie wollen ihr Essen haben, damit sie wieder loskönnen, um ihre restlichen Einkäufe zu erledigen.
    In der Ecke hockt Mr. Kashynski mit seinem

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