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Letzte Nacht

Letzte Nacht

Titel: Letzte Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stewart O'Nan
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einen Brief schreiben, aber das fand ich nicht richtig.»
    «Danke.» Aber eigentlich wünscht er, sie wäre still. Er blickt an ihr vorbei zur Straße und rechnet damit, Rodneys Scheinwerfer zu sehen, aber es fährt bloß ein weiterer Streifenwagen vorbei.
    «Hey, komm schon», sagt sie, «wir haben das Richtige getan. Das ist doch was wert.»
    «Bestimmt.»
    «Jetzt führ dich nicht so auf.»
    «Wie denn?», fragt er mit gesenktem Blick.
    «So.»
    Das folgende Schweigen ruft ihm ins Gedächtnis, warum sie sich getrennt haben. Am Schluss hatte er Angst, zur Arbeit zu kommen, wenn sie Schicht hatte. Der Waffenstillstand, den sie eingingen, war seltsam – nicht miteinander reden –, aber irgendwie war’s einfacher, als Tag für Tag denselben Streit auszufechten. Er hat jetzt wieder dieselben Kopfschmerzen, wie wenn er sich auf ihre Auseinandersetzungen konzentrierte, aber vielleicht trocknet der Defroster auch bloß seine Stirnhöhle aus.
    Um bessere Laune zu bekommen, denkt er daran, wie sie nach dem Beischlaf reglos und erschöpft in Jacquies niedrigem Bett lagen, als würden sie schlafen. Das war die beste Zeit, trotz des Fotos, auf dem Rodney in seinen weißen Kricketsachen von der Frisierkommode lächelte.
    Er stützte sich immer schweigend auf den Ellbogen, um sie zu bewundern, reckte den Hals und küsste sie auf die Lider. Vielleicht war es nur Einbildung, aber damals kam er sich stärker, klüger, schlanker vor.
    «Du hast mich glücklich gemacht», sagt er.
    «Ach», sagt sie und drückt die Hand aufs Herz. «Du mich auch. Wenn’ s mit uns anders wäre ...»
    Anscheinend will sie’s dabei bewenden lassen, und vielleicht ist das genau die Erklärung, die er immer brauchte, und er war bloß zu störrisch, um aufzugeben. Er würde sie gern fragen, ob er sie trotzdem anrufen kann, aber er kennt die Antwort.
    Er wusste nie, was er ihr sagen sollte. Sie war ihm immer ein paar Schritte voraus. In mancher Hinsicht gefiel ihm die Herausforderung, mit ihr Schritt zu halten. Es war anregend, mit ihr zusammenzusein, und jetzt, ohne sie, kommt er sich träge vor.
    Er beobachtet einen Schneepflug, der sich den Highway entlangschiebt und mit der Schaufel einen Schneestrahl zur Seite wirft. An der Ampel fährt ein Wagen, der aus der anderen Richtung kommt, auf die Abbiegespur und wartet mit eingeschaltetem Blinker.
    «Da ist er», sagt Manny und fügt mit dem drohenden Unterton eines Vaters hinzu: «Er soll dich bloß gut behandeln.»

    «Ich bin es, die sich bessern muss. Du auch. Du willst doch, dass das Baby mal stolz auf dich ist.»
    «Ja», stimmt er ihr sanftmütig, ohne große Überzeugung zu.
    «Das willst du.»
    Der Caprice ist abgebogen und kommt die Zufahrtsstraße entlang. Einen Augenblick wird er von einem riesigen Schneehaufen verdeckt und taucht dann, näher, wieder auf.
    «Hey», sagt Manny, «danke, dass du gekommen bist.»
    «Was sollte ich denn tun, nein sagen? Du kennst mich doch.»
    «Du hättest nicht bleiben müssen.» Als er das sagt, merkt er, dass er mit der Schatulle vor ihr rumfuchtelt, doch sie beobachtet, wie Rodney nach links auf den Parkplatz biegt. Seine Scheinwerfer beleuchten die Risse in Mannys Windschutzscheibe und färben sie für einen kurzen Moment silbern.
    «Kommst du klar?», fragt Jacquie.
    «Ja», sagt Manny.
    «Sicher?»
    «Ja.»
    Rodney hält direkt neben ihnen, die beiden Wagen Tür an Tür, wie bei einem Drogendeal.
    «Ich muss los», sagt sie, zögert jedoch und wirft ihm einen letzten Blick zu, wie als Ersatz für einen Kuss.
    «Geh», sagt Manny, und als sie die Tür öffnet, beugt er sich über die Handbremse und winkt Rodney, der, gutmütig wie er ist, zurückwinkt. Manny beobachtet, wie Jacquie um die Haube herumgeht und einsteigt, und er hofft, dass sie sich nochmal umdreht, ist aber nicht überrascht, als sie es nicht tut.

    Rodney schaut rüber und gibt ihm die Möglichkeit, als Erster loszufahren. Manny lässt ihm den Vortritt, als hätte er noch etwas zu erledigen.
    Er muss seinen Aufbruch nicht lange hinauszögern.
    Die Schatulle öffnet er nicht, er steckt sie bloß in die Tüte mit seinen anderen Souvenirs, dann sitzt er noch einen Augenblick da und wartet, bis Rodney an der Ampel am Highway grün hat. Er streicht das Klebeband rings um das Loch glatt und verstellt den Defroster – da fällt ihm ein, dass er vergessen hat, den Thermostat runterzudrehen.
    «Scheiße.»
    Es würde bloß fünf Sekunden dauern, ins Gebäude zu schlüpfen und den Code neu

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