Letzte Rache: Thriller (German Edition)
sagen.«
»Kannst du nicht oder willst du nicht?«
»Ich kann nicht, weil ich keinen Schimmer habe. Hör mal, abwarten und Tee trinken ist die Devise – diese Sache ist bald geklärt.«
»Hab ich eine andere Wahl?«, sagte Carlyle verärgert.
»Keine Angst, ich melde mich bald wieder. Ich werde dafür sorgen, dass du den Tipp bekommst und nicht dieser Idiot Cutler.«
Mit dieser sanften Ermahnung Carlyles, dass er nicht der einzige Polizist in der Stadt sei, beendete Dominic das Gespräch. Der Inspector steckte das Handy wieder in die Tasche und kratzte sich am Ohr. Er ging ans Fenster zurück und versuchte, es wieder zu öffnen, aber es steckte fest. Fluchend stieß er mit beiden Händen gleichzeitig gegen den Rahmen, aber auch das war nicht von Erfolg gekrönt. Als er hineinlugte, konnte er sehen, dass der Riegel offenbar von selbst wieder zugeschnappt war, nachdem er auf die Treppe hinausgetreten war. Sein erster Gedanke war, das Fenster einzuschlagen, doch dann wurde ihm klar, dass er einfach die Feuertreppe nach unten gehen und so die Straße erreichen konnte. Er dachte darübereinen Augenblick nach. Selbst wenn das Fenster verschlossen gewesen war, als sie Agatha Mills vorfanden – und das würde er mit Bassett klären müssen –, hätte trotzdem jemand die Wohnung und das Gebäude auf die gleiche Weise verlassen können. Vielleicht hätte er auch auf diese Weise hereinkommen können. Während diese Möglichkeiten in seinem Kopf herumspukten, machte Carlyle sich vorsichtig an den Abstieg in die Gasse.
Als Carlyle das Ende der Feuertreppe erreichte, öffnete er ein Metalltor und trat hinaus in einen kurzen, mit Abfalltonnen und Müllsäcken angefüllten Durchgang, der auf die Great Russell Street führte. Mit dem vertrauten Gestank von faulenden Lebensmitteln und Urin in der Nase beschleunigte er seinen Schritt und hielt den Atem an. Er war noch ungefähr drei Meter von der Straße entfernt, als sich ein großer schwarzer Sack vor ihm zu bewegen begann. Da er annahm, es handele sich um eine Ratte, ging Carlyle weiter. Allerdings war an ein Weitergehen nicht mehr zu denken, als der Müllsack sich vor ihm erhob, gähnte und einen gigantischen Rülpser ausstieß. Carlyle konnte nicht länger den Atem anhalten, sodass er gezwungen war, ein Gemisch aus Curry, Eiern und Special Brew einzuatmen, von dem ihm die Augen tränten. Er machte einen Schritt zurück und sah zu, wie sich der Penner endgültig wach schüttelte. Der Kerl war für den Winter angezogen und trug mindestens drei Schichten Kleidung unter einem schweren schwarzen Wollmantel. Er trug eine graue Hose, die so aussah, als wäre sie in diesem Jahrhundert noch nicht gereinigt worden, und ziemlich teuer aussehende, aber stark ausgetretene braune Schuhe. Eine blaue Chelsea-Mütze rundete den Gesamteindruck auf passende Weise ab.
Mit Verspätung bemerkte der Mann, dass er nicht allein zu Hause war, und musterte Carlyle von oben bis unten. Er verbrachte ein paar Augenblicke damit, sich einen Reim auf den Polizisten zu machen, wobei seine Augen immer größer wurden, als hätte er noch nie einen anderen Menschen gesehen. Schließlich öffnete er den Mund. Und ein paar Sekunden später krabbelten ein paar Worte hinaus.
»Hamse Geld dabei?«
Carlyle brauchte einen Moment, bis er begriff, wer da in Überlebensgröße und übler riechend denn je vor ihm stand. »Dog?«, sagte er verwirrt. »Ich dachte, Sie wären tot.«
Walter Poonoosamy dachte eine Weile nach, während er sich in der Gasse umschaute. »Vielleicht bin ich es auch«, sagte er und schniefte.
Indem er sich einen Schritt von dem Abfallhaufen entfernte, aus dem er aufgetaucht war, blockierte er Carlyles Fluchtweg aus der Gasse noch mehr. Der Geruch wurde eher schlimmer, und der Inspector wollte sich unbedingt auf den Weg machen. »Nun ja«, murmelte er mit so viel falscher Jovialität, wie er aufbringen konnte, »es ist schön zu sehen, dass Sie noch unter uns sind. Ich bin überzeugt, dass wir Sie bald wieder in der Station sehen werden.«
Der Stadtstreicher grunzte und schaute nach unten auf den Müllhaufen, dem er entstiegen war. Vorsichtig stieß er mit seinem Fuß gegen einen der Säcke, falls es da noch einen Leckerbissen gäbe, den er übersehen hatte. Carlyle interpretierte das als Zeichen für seinen Abgang und schob sich an ihm vorbei in Richtung Straße.
»Entschuldigen Sie, bitte?«
Kaum hatte der Inspector die Gasse hinter sich gelassen, hielten ihm zwei chinesische Touristen
Weitere Kostenlose Bücher