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Letzte Reise

Letzte Reise

Titel: Letzte Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Enquist
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hielt sie sich vor, schau doch: Branntwein, Dufflecoats, Essig. Das hier sind konkrete Dinge mit Umfang und Gewicht, jemand wird sie an Bord tragen, am Bestimmungsort absetzen, sich den Staub von den Händen klopfen und zufrieden von dannen ziehen.
    James ging im Sauseschritt aus und ein, sie sah ihn wenig. Er schaffte Fernrohre und Sextanten an, trug alle Bücher über die nördlichen Meere zusammen, deren er habhaft werden konnte, und ließ sich bei Banks vorfahren, um Omais Mitgift zu inspizieren. Zwischendrin posierte er für Dance, gequälte Ruhe ausstrahlend.
    Mitte Juni wurde bekannt, daß Forster seine Mitarbeit am Buch aufkündigte. Es folgten Besprechungen mit Sandwich, mit Palliser. Die Herren dinierten an Bord der Resolution in der halb eingerichteten großen Kajüte. Alkohol. Flüche. Unentschiedenheit. Sandwich bat James, noch einmal mit Forster zu reden, um zu einer Lösung zu gelangen. Fürchtete er Konkurrenz von Forsters Buch, wenn die Reiseberichte gleichzeitig herauskamen? Wer durfte Hodges' Stiche verwenden? Was tun, wenn Forster in seinem Text die Admiralität verunglimpfte?
    Vor Verärgerung aufstampfend, erstattete James Elizabeth Bericht. Es interessierte sie rein gar nicht. Seiner Bitte um einen klugen Rat konnte sie nicht nachkommen. Da ging er wieder, auf zum nächsten Termin.
    Das Abreisedatum wurde von Woche zu Woche hinausgeschoben. Omai machte eine Abschiedstour durch die Stadtpaläste und Landhäuser seiner Gönner. Gierke nahmen familiäre Probleme in Anspruch, und er überließ die Reisevorbereitungen James. Immer wieder war etwas, worauf alle warten mußten.
    Unterdessen wuchs das blasse Baby. Der Junge wurde genauso still wie seine Amme, aber er trank, und er schlief. Die Amme wechselte nun selbst seine Windeln, wusch ihn und wiegte ihn nach dem Stillen in den Schlaf. Elizabeth wurde nicht hinzugezogen. Sie ließ es dabei.
    Jamie schickte einen Brief aus Portsmouth. Die Sommerferien nahten, er kam nach Hause und fragte sich, ob er seinen Vater noch sehen würde und wie weit sein Bruder mit dem Füllen seiner Kiste war.
    Elizabeth seufzte und machte sich daran, ihm eine Antwort zu schreiben. Sie schrieb irgend etwas. Sie wußte nicht, was.
    Im Garten lagen die Blätter der Kardonen am Boden, weil sie vergessen hatte, sie hochbinden zu lassen, ein wilder Urwald längs der Mauer. Das war jetzt vergebliche Liebesmüh.
    James suchte den Notar auf und ließ sein Testament aufsetzen. »Du bekommst eine Abschrift. Bewahr sie gut auf. Ich habe es genau so abfassen lassen, wie wir es besprochen haben.« Sie konnte sich an nichts mehr erinnern, nickte aber bestätigend.
    Gut eine Woche später fiel die endgültige Entscheidung über das Buch. James kehrte von einer extrem unangenehmen Besprechung mit Forster zurück. Gezänk über die Stiche und endloses Hin und Her, wer das Recht hatte, welche Information zu geben, und das alles in einem Ton, den James nicht ertrug, der ihn reizte und mit ohnmächtiger Wut erfüllte, so daß er plötzlich zu einem Beschluß gekommen war. Allein. Er würde allein publizieren. Keine Zusammenarbeit mehr, keine Abhängigkeit. Es war das beste so. Er würde ohnehin nichts mehr an seinem Text ändern, alles war von Douglas geprüft und für gut befunden worden, warum dann noch unsicher sein, er stand hinter seinen eigenen Worten, und wer sie nicht wollte, las sie eben nicht. Punktum. Er hatte Forster großmütig angeboten, daß er Gebrauch von den Stichen machen könne, vereinbarte jedoch mit dem Drucker, daß er die Platten erst aus den Händen geben sollte, wenn James' Buch in den Läden lag. Damit war alles geregelt. Und jetzt!
    Auf einmal war es soweit. Sie sah es vor ihren Augen geschehen. Der kleine Sekretär aus schwarzem Tropenholz wurde aus dem Haus getragen, die Kiste Bücher, die Kleidung. Sie sah James an der Wiege stehen. Er beugte sich über das Kind, zögerte aber, es zu wecken. Vorsichtig legte er die Hand auf das Babyköpfchen. Nahm er für immer Abschied von seinem Sohn, oder sagte er ein unhörbares »Auf Wiedersehen«? Von seinem Gesicht war nichts abzulesen. Er ging auf einen letzten Besuch ins Kaffeehaus.
    »Clerke hat sich in Teufels Küche gebracht«, sagte er, als er zurückkam. »Sein Bruder hat Bankrott gemacht, und Clerke, dieser gutgläubige Optimist, hatte für ihn gebürgt. Jetzt ist dieser Bruder auf und davon, und Clerke muß für die Schulden geradestehen. Sie haben ihn festgenommen! Er sitzt hinter Schloß und Riegel! Sandwich

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