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Letzte Worte

Letzte Worte

Titel: Letzte Worte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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Zeit so oft im Kreis gefahren, dass es für ein ganzes Leben reichte, aber er wollte nicht riskieren, noch einmal am Haus der Lintons vorbeizukommen.
    Die Straße war leer, er vermutete, weil es noch so früh am Morgen war. Will wollte so früh im Revier sein, dass er bereits dort wäre, wenn die meisten Polizisten zur Schicht kamen. Er wollte diensteifrig und wachsam wirken. Er wollte, dass sie das Gefühl hatten, er würde ihnen auf die Zehen treten.
    Er bremste, um in eine Kurve zu fahren. Die Straße war eher ein Fluss, Regenwasser hatte den Asphalt geflutet. Er steuerte seinen Porsche auf die andere Seite der Straße, damit kein Wasser durch den Boden drang. Will hatte zehn Jahre seines Lebens und einen ganzen Batzen seiner Ersparnisse investiert, um den Porsche911 eigenhändig zu restaurieren. Die meiste Zeit war er über Handbüchern und Plänen gesessen, um herauszufinden, wie das Auto eigentlich funktionierte. Er hatte schweißen gelernt. Er hatte gelernt, wie man eine Karosserie behandelte. Er hatte gelernt, dass er beides nicht besonders gern mochte.
    Der Motor war solide, aber das Getriebe war temperamentvoll. Beim Herunterschalten spürte er die Kupplung schlüpfen. Sobald er die Überflutung hinter sich gelassen hatte, ließ er das Auto eine Weile im Leerlauf fahren, weil er dachte, er sollte den Unterboden entwässern, falls so etwas überhaupt möglich war. Vor ihm schwankte ein blauer Briefkasten mit dem Logo der Auburn University in dem starken Wind. Er erinnerte sich an die erste Hausnummer, die Sara auf den Aktendeckel geschrieben hatte, als sie ihm den Weg skizzierte. Nummern hatte Will sich schon immer sehr gut merken können.
    In Atlanta wohnte Sara im alten Milchwerk, einer der Industriekomplexe, die während des Immobilienbooms zu luxuriösen Lofts umgebaut worden waren. Damals war ihm aufgefallen, dass die Wohnung nicht wirklich zu ihr passte. Die Linien waren zu hart, die Möbel zu schick. Er hatte sich vorgestellt, dass sie sich gemütlicher eingerichtet hatte, also eher wie in einem Cottage.
    Er hatte recht gehabt.
    Der Auburn-Briefkasten gehörte zu einem eingeschossigen Holzhaus im Ranchstil, dessen Vorgarten vor Blumen förmlich überquoll. Sara hatte hier gewohnt, und der Himmel war gerade hell genug, dass Will einen Blick auf den wunderbaren hinteren Garten werfen konnte. Er fragte sich, wie Saras Leben ausgesehen hatte, als sie noch hier wohnte. Sie kam ihm nicht vor wie eine Frau, die Abendessen und einen Martini vorbereitete, bevor ihr Mann nach Hause kam, aber vielleicht hatte sie manchmal aus reiner Freundlichkeit diese Rolle übernommen. Sie hatte etwas an sich, das auf eine enorme Fähigkeit zur Liebe hindeutete.
    Das Verandalicht ging an. Will legte den Gang ein und fuhr weiter um den See herum. Er verpasste die Abzweigung auf die High Street und musste wenden. Er spürte den Ehering an seinem Finger und prägte sich mit seiner Hilfe ein, dass er nun rechts abbiegen musste. Im Lauf der Jahre hatte er seinem Gehirn antrainiert, seine Armbanduhr als Orientierungshilfe für rechts und links zu benutzen, nicht den Ring. Vielleicht, weil die Uhr etwas Dauerhafteres war.
    Er hatte Angie Polaski kennengelernt, als er acht Jahre alt war. Angie war drei Jahre älter und wurde ins System gesteckt, weil ihre Mutter sich mit einer üblen Mischung aus Heroin und Speed eine Überdosis verabreicht hatte. Während Deirdre komatös im Bad lag, kümmerte sich der Zuhälter ihrer Mutter im Schlafzimmer um Angie. Schließlich rief jemand die Polizei. Deirdre wurde im staatlichen Krankenhaus an ein Lebenserhaltungssystem angeschlossen, an dem sie bis zum heutigen Tag hing, und Angie wurde ins Atlanta Children’s Home geschickt, wo sie die restlichen sieben Jahre ihrer Kindheit, die sie bereits verloren hatte, verbrachte. Will hatte sich vom ersten Augenblick an in sie verliebt. Mit elf Jahren hatte sie einen Minderwertigkeitskomplex und die Hölle in den Augen. Wenn sie es den Jungs nicht gerade im Wandschrank mit der Hand besorgte, prügelte sie ihnen mit ihren überraschend schnellen Fäusten die Seele aus dem Leib.
    Will hatte sie wegen ihrer Wildheit geliebt, und als ihre Wildheit ihn auslaugte, hatte er sich wegen der Vertrautheit zwischen ihnen an sie geklammert. Im letzten Jahr hatte sie ihn nach Jahren leerer Versprechungen wegen einer Wette geheiratet. Sie trieb ihn fast bis zum Zusammenbruch, dann grub sie ihre Klauen in sein Fleisch und riss ihn wieder hoch. Seine Beziehung zu Angie

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