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Letzte Worte

Letzte Worte

Titel: Letzte Worte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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was noch Heißeres erlebt « , würde sie sagen und die Zuhörer schockieren mit dem Schlamassel, in das sie sich in den letzten Wochen hineingeritten hatten.
    Nicht mehr als das würde es dann sein– eine Partyanekdote wie die, die Jason immer über seinen ersten Jagdausflug mit seinem Papa erzählte, als sie Enten schießen wollten und Jason unabsichtlich zwei Lockvögel verstümmelte.
    Doch damit das passierte, muss er seinen Essay fertigstellen. Er konnte sich nicht mit irgendeinem Abschluss zufriedengeben. Er musste der Beste sein, der Star seines Jahrgangs, denn Allison sagte es zwar nicht, aber sie hatte gern schöne Sachen. Ihr gefiel der Gedanke, dass sie in einen Laden gehen und kaufen konnte, was immer sie wollte. Sie hasste es, Monat für Monat jeden Penny umdrehen zu müssen. Und Jason wollte kein Ehemann sein, der fragte, wie viel ein Paar Schuhe kostete oder warum sie jetzt unbedingt noch ein schwarzes Kleid brauchte. Er würde der Ehemann sein, der so viel Geld verdiente, dass Allison zehn Schränke voller Designerklamotten haben konnte und dass immer noch genug Geld da war, um nach Cancún oder St. Croix fliegen zu können oder wohin die Stinkreichen in ihren Privatjets eben flogen.
    Jason legte die Finger auf die Tastatur, tippte aber nicht. Er fühlte sich fiebrig. Ein schlechtes Gewissen war für ihn immer ein Problem gewesen. Es gab keine Strafe, die irgendjemand sich ausdenken konnte, die schlimmer war als der Kummer und die Enttäuschung, die Jason sich selbst bereitete. Und er sollte enttäuscht sein. Er sollte entsetzt sein über das, was er getan hatte. Er hätte Allison vor alldem schützen sollen, hätte ihr sagen sollen, egal wie viel Geld damit zu verdienen war, das war es nicht wert. Er hatte sie in Gefahr gebracht. Er hatte auch Tommy mit hineingezogen, weil Tommy so dumm war, dass er alles mitmachte, wenn man ihn nur in die entsprechende Richtung stieß. Jason war für sie beide verantwortlich. Eigentlich sollte er seine Freunde beschützen. War ihr Leben wirklich so wenig wert? Worauf lief es denn im Endeffekt hinaus: mehr als zwanzig Jahre ihres Lebens für weniger Geld, als ein Hausmeister nach Hause brachte?
    » Nein « , sagte er, doch seine Stimme ging im Heulen des Regens unter. Er konnte nicht zulassen, dass sie alle in diesen Dreck hineingezogen wurden. Allison hatte unrecht. Jason hatte Mumm. Er hatte genug Mumm, um das Richtige zu tun.
    Anstatt an seinem Essay zu arbeiten, öffnete er seinen Internetbrowser. Eine schnelle Suche brachte ihn an die richtige Stelle. Ein wenig versteckt auf der Seite fand er die Kontaktinformationen. Jason klickte auf das Icon, um eine neue Mail zu schreiben, überlegte es sich dann aber anders. Er wollte nicht, dass dies zu ihm zurückverfolgt werden konnte. Es war das Hintertürchen eines Feiglings, aber Jason war lieber ein aufrichtiger Feigling als ein Informant im Gefängnis. Die Illegalität des Ganzen war nicht zu leugnen– Erpressung, Betrug, wer weiß was sonst noch. Die Bundesbehörden würden ermitteln. Man könnte es sogar als versuchten Mord betrachten.
    Jason öffnete den Yahoo-Account, den er für Pornos benutzte, und kopierte die Kontaktadresse in die E-Mail. Beim Schreiben sagte er sich den Text laut vor: » Ich weiß nicht, ob Sie in dieser Sache der richtige Ansprechpartner sind, aber hier passiert etwas wirklich Schlimmes in Ihrem Grant County… « Jasons Stimme verklang, während er das richtige Wort suchte. War es ein Gelände? Eine Örtlichkeit? Eine Einrichtung?
    » Hey. «
    Jason riss überrascht den Kopf hoch. » Sie haben mir einen Heidenschrecken eingejagt. « Er griff nach der Maus, um den Browser zu schließen.
    » Alles okay? «
    Jason schaute nervös auf den Computer. » Was tun Sie hier? « Das blöde E-Mail-Programm fragte ihn, ob er speichern wolle. Jason bewegte die Maus noch einmal, um die Seite zu minimieren. Das Programm fragte noch immer, ob er speichern wolle.
    » Was schreibst du da? «
    » Was fürs Studium. « Anstatt auf Speichern drückte Jason auf Löschen. Das Programm schloss sich. Er hörte das Klicken des Laptop-Ventilators, der versuchte, den Rechner so weit zu kühlen, dass der Befehl ausgeführt werden konnte. Sein Essay ging kurz auf, verschwand dann wieder. Der Bildschirm wurde schwarz.
    » Scheiße « , flüsterte er. » Nein, nein, nein… «
    » Jason. «
    » Einen Augenblick noch. « Jason tippte auf die Leertaste, um den Computer wieder zu aktivieren. Manchmal reichte das schon.

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