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Letzten Donnerstag habe ich die Welt gerettet

Letzten Donnerstag habe ich die Welt gerettet

Titel: Letzten Donnerstag habe ich die Welt gerettet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Herden
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der unter uns wohnte. Wir forschten auch im Internet. Es musste doch irgendwann einmal einen Bericht über all das geben, was geschah. Gab es aber nicht.
    »Zackenzeckiger Rüpfel, das kann doch gar nicht sein«, murmelte die Prinzessin, die auch leise fluchen konnte. Dann räumte sie zum zehnten Mal an diesem Tag die Wohnung auf und legte alles, was Sandro und ich angefasst hatten, wieder an seinen angestammten Platz.
    Oma kam ab Freitag vor vier Wochen nicht mehr nach Hause und ob Papa noch in der Wohnung war, konnten wir nicht feststellen. Sein Zimmer war abgeschlossen und durch die Tür war kein Mucks von ihm zu hören. Auf meine E-Mails antwortete er auch nicht mehr.
    Durch die offenen Fenster drang Sonnenschein, Kinderlachen und Geschrei.
    »Der Ruf nach Freiheit und Abenteuer lockt«, sagte Sandro.
    Obwohl ich es ganz toll fand, dass wir drei zusammen bei mir wohnten, wäre ich auch gerne in eine Hütte auf der Straße gezogen. Den anderen beiden ging es bestimmt genauso. Aber irgendwie wussten wir, dass wir das nicht tun durften, damit wir den Überblick nicht verloren. Wir wollten ja herausfinden, was eigentlich los war. Auch wenn das vielleicht komisch klingt: Wir hatten schon damals eine ganz bestimmte Ahnung, dass etwas ganz Unglaubliches geschehen würde und wir eine wichtige Rolle dabei spielen würden. Doch der Reihe nach.
    Am Sonntagabend saßen wir in der Küche und aßen die Reste vom Vortag. Das Geld in der Blechdose wurde immer weniger und die Prinzessin teilte uns das Essen sparsam zu. Zum Trost legte sie die Kartoffeln, die Nudeln und die Soße in Form eines Schmetterlings auf den Teller. Meinetwegen hätte sie das nicht tun müssen. Aber ich wollte mich nicht beschweren. Es war schön, dass sich die Prinzessin um den Haushalt und das Essen kümmerte, auch wenn alles viel länger dauerte als bei Oma. Aber an sie versuchte ich nicht mehr zu denken. Das war einfach viel zu traurig. »Jetzt weiß ich, was hier passiert!«, rief die Prinzessin und schlug mit der Faust auf die Tischplatte.
    »Was denn?«, fragte ich und krabbelte unter den Tisch, um die Scherben meines Tellers aufzuheben, den ich vor Schreck fallen gelassen hatte.
    »Die Erwachsenen haben uns vergessen! Sie haben uns Kinder einfach vergessen!«
    Natürlich hatte ich mir auch schon so etwas gedacht. Aber als die Prinzessin den Gedanken aussprach, fühlte sich das an wie ein Schlag in die Magengrube. Mir wurde ganz übel und ich hatte keinen Hunger mehr. Die anderen auch nicht. Sandro stand auf und setzte sich in eine Ecke. Er versteckte sich hinter seinen Haaren und begann hin und her zu wackeln. Die Prinzessin räumte und fegte wie ein Wirbelwind durch die Küche und ich machte im Wohnzimmer ein paar Abwehr- und Angriffübungen. »Kiap«, hallte mein Energieschrei durch die Wohnung. Seit einer Woche war ich nicht mehr im Hapkido-Training gewesen, denn der Dojang, unser Trainingsraum, war abgeschlossen.
    »Das sieht ja toll aus«, sagte die Prinzessin bewundernd. »Ich wusste gar nicht, dass du so etwas kannst.«
    Die Worte der Prinzessin machten mich so froh, dass ich mich plötzlich ganz leicht fühlte. Aber in der Nacht hörte ich jemanden weinen. War es die Prinzessin oder Sandro? Leise stimmte ich mit ein.
    Am nächsten Tag hingen wir wieder nebeneinander auf dem Fensterbrett und beobachteten das bunte Treiben auf der Straße. Ein paar Jugendliche, ein älterer Herr und eine Mutter mit einem Kinderwagen bahnten sich ihren Weg durch das Chaos. Sie schlugen Haken, liefen Umwege und hoben die Füße, um nicht über herumliegende Bretter, Kleiderhaufen oder Kinder zu stolpern. Keiner schien sich zu wundern. Als wären sie irgendwie blind für das, was um sie herum geschah.
    »Es sind nicht alle Erwachsenen weg«, stellte die Prinzessin fest.
    »Der Kindergarten funktioniert auch noch ganz normal«, sagte Sandro. »Die Mütter bringen die Kleinen hin und die Erzieherinnen kümmern sich um sie.«
    »Es muss mit dem Alter zu tun haben«, überlegte ich. »Denn alle Kinder auf der Straße kommen irgendwie selber klar. Niemand ist wirklich in Gefahr.«
    »Und keiner der übrig gebliebenen Erwachsenen interessiert sich dafür, was passiert«, murmelte die Prinzessin.
    »Vielleicht weil sie das sonst auch nicht tun? Nur haben wir das nie gemerkt, weil sich ja unsere Eltern immer um uns gekümmert haben«, meinte Sandro.
    »Es scheint, als hätten die Eltern darauf gewartet, bis ihre Kinder alt genug sind, um dann …«
    »… zusammen ins

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