Letzten Donnerstag habe ich die Welt gerettet
ignorieren.
Da fiel mir etwas auf. »Siehst du die blinkenden roten Lichter?«
»Ja, sie scheinen an der Wand zu hängen«, antwortete Sandro.
»Das sind wahrscheinlich Kameras, die uns gerade filmen. Wenn wir ganz langsam den gemauerten Weg entlanggehen und uns an den Kameralichtern orientieren, kommen wir vielleicht zu einem Ausgang. Und ich bin mir sicher, dass uns dort schon irgendjemand erwartet.«
»Ja, das glaube ich auch«, sagte Sandro.
Plötzlich spürte ich etwas Langes und Klebriges über mein Gesicht wischen! Es war das Allerekligste, das mir je passiert war. Zumindest bis zu diesem Moment.
»Mich hat eben eine lange Zunge abgeleckt«, schrie ich, während ich von Entsetzen gepackt losrannte. Aber ich kam nicht weit, denn ich stolperte über ein Tier, das vor mir hockte. Ich fiel hin und landete weich auf den nackten, schmierigen Rücken der Lurche, die uns den Weg versperrten. Breite Mäuler schnappten nach meinem Gesicht und kleine, spitze Zähne bohrten sich wie Haken in die Haut meiner Arme. Schleimige Zungen züngelten neben meinen Ohren, breite Finger griffen nach mir, Schwänze schlugen schwer auf meinen Rücken. Es roch widerlich – nach Knoblauch und Fußschweiß.
»Oh nein, ich bin mitten in sie hineingefallen«, jammerte ich. »Ich helfe dir. Wo bist du?«, hörte ich Sandro.
Ich drückte mich an irgendeinem Lurchrücken ab, kam wieder auf die Füße und tastete mich zurück zu ihm.
»Bist du in Ordnung?«, fragte Sandro.
Auf meinem Gesicht und meinen Armen begann es wie verrückt zu brennen. Ich riss mir die verschleimte Brille von der Nase.
»Nein, das bin ich nicht. Mein Gesicht und meine Arme brennen wie Feuer!«, rief ich. »Ich bin voller Lurchschleim. Au, das tut weh!«
»Du musst den Schleim abwaschen«, sagte Sandro. »Der ist bestimmt giftig.«
Ich spürte seine Hand an meinem Arm. Er zog mich zurück zum modrigen Wasser und ich wusch so schnell ich konnte das brennende Zeug ab. Dabei gab ich mir alle Mühe, nicht darüber nachzudenken, wie viele lurchige Wesen im Wasser hockten und mich dabei beobachteten.
»Okay, sie versperren uns den Weg«, sagte ich, als das Brennen endlich nachließ. »Was sollen wir tun?«
»Wir können bestimmt nicht durch das Wasser waten, weil sie dort auch auf uns lauern«, sagte Sandro, der mindestens genauso heftig zitterte wie ich.
Das Wasser schwappte aufgewühlt gegen den niedrigen Wall, auf dem wir standen. Die Luft wurde immer wärmer und stickiger. Ich hatte das Gefühl, dass die lurchigen Leiber näher rückten und uns einkesselten.
»Wir brauchen dringend ein Licht«, flüsterte Sandro. »Lieber nicht«, antwortete ich. »Ich will die Viecher gar nicht sehen.«
»Manchmal sind aber die Bilder in der Phantasie furchtbarer als die der Wirklichkeit«, sagte Sandro.
Wenn Frau Müller hier gewesen wäre, hätte sie Sandro jetzt wie ein verliebtes Huhn angeschaut. Wann hatte sie das zum letzten Mal gemacht? Es kam mir so vor, als wäre das unendlich lange her.
Auf einmal begannen die lurchigen Wesen, einen ohrenbetäubenden Krach zu machen: Sie quakten, grunzten, fiepten, unkten und kollerten. Es klang, als wären die Musiker eines ganzen Orchesters verrückt geworden und würden alle gleichzeitig auf verstimmten Instrumenten spielen.
»Wir müssen uns die Ohren verstopfen!«, brüllte Sandro gegen den Lärm an. Er drückte mir zwei kleine nasse Fetzen in die Hand, die er von einem Papiertaschentuch abgerissen hatte.
»Stopf dir das in die Ohren!«, rief er und ich tat, wie er gesagt hatte. Mit dem Taschentuch in den Ohren hörte ich das wilde Geräusch der Lurche zwar immer noch. Aber es war, als käme es von weit her.
»Glaubst du, sie wollen uns fressen?«, hörte ich Sandros gedämpfte Stimme.
»Nein, das werden sie nicht. Lurche sind zwar Fleischfresser und manche haben auch Zähne, aber sie verschlingen ihre Beute im Ganzen. Und dazu sind wir zu groß.«
»Und wenn es weiter hinten noch größere Lurche gibt?«, fragte er schreiend. »Wer sagt uns denn, dass das hier nicht nur die Vorhut ist? Woher wissen wir denn, wer oder was auf uns wartet?«
Sandros Stimme klang ganz schrill durch die Taschentuchfetzen in meinen Ohren. Ich hatte mir so etwas eigentlich gar nicht vorstellen wollen, aber nun war es ausgesprochen. Ich spürte, wie meine Beine zitterten und griff im Dunkeln nach Sandros Hand.
»Los, mach mit!«, sagte ich. »Drei Sekunden einatmen, sieben Sekunden Luft anhalten und sieben Sekunden ausatmen. Das Ganze
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