Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Letzter Akt in Palmyra

Titel: Letzter Akt in Palmyra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
Vom Netzwerk:
»Keiner hätte ihm etwas geliehen, weil es zu offensichtlich war, daß er nie zurückzahlen würde.« Eine der einfacheren, und zuverlässigeren, Regeln der Hochfinanz.
    Irgendwas machte mir zu schaffen. »Tranio hat ihm aber was geliehen, oder?«
    »Tranio?« Chremes lachte kurz auf. »Das bezweifle ich. Tranio hat nie etwas besessen, das sich auszuleihen lohnt, und außerdem ist er ständig pleite.«
    »Haben sich die Zwillinge gut mit dem Stückeschreiber verstanden?«
    Chremes war gern bereit, sich über sie auszulassen. »Ihre Freundschaft hatte Höhen und Tiefen.« Wieder hatte ich das Gefühl, daß er etwas zurückhielt. »Das letzte Mal, als ich darauf geachtet habe, waren sie mal wieder auf Kriegsfuß. Im Grunde war er ein Einzelgänger.«
    »Sind Sie sich da sicher? Und was ist mit Tranio und Grumio? Egal, wie sie auf den ersten Blick erscheinen, es sind bestimmt ganz schön komplexe Charaktere.«
    »Beide sind gute Jungs«, wies mich Phrygia zurecht. »Sehr talentiert.«
    Talent war für sie das Maß aller Dinge. Für Talent war sie bereit, über vieles hinwegzusehen. Vielleicht trübte das ihr Urteilsvermögen. Selbst wenn es Phrygia bei dem Gedanken schauderte, einem Mörder Unterschlupf zu gewähren, erschien ihr möglicherweise ein Komödiant mit der Fähigkeit zum Improvisieren zu wertvoll, um ihn der Justiz zu übergeben, zumal wenn sein einziges Vergehen darin bestand, einen unerfreulichen Schreiberling zu beseitigen, der kein Talent zum Schreiben hatte.
    Ich lächelte freundlich. »Wissen Sie, was die Zwillinge mit ihrem Talent anstellten, als Heliodorus auf Dusharas Berg kletterte?«
    »Ach, hör auf, Falco! Die beiden haben es nicht getan.« Ich hatte definitiv gegen Phrygias Verhaltenskodex für ihre Truppe verstoßen: Gute Jungs tun niemals böse Dinge. Ich verabscheue diese Art von Kurzsichtigkeit, obwohl sie mir bei meiner Arbeit oft genug begegnet.
    »Sie haben ihre Sachen gepackt«, erklärte Chremes mit einer Haltung, die darauf hindeutete, daß er wesentlich unvoreingenommener und vernünftiger als seine Frau war. »Genau wie alle anderen.«
    »Haben Sie sie dabei gesehen?«
    »Natürlich nicht. Ich habe meine gepackt.«
    Nach dieser wackligen Theorie hätte die gesamte Truppe ein Alibi gehabt. Ich sparte mir die Mühe, ihn zu fragen, wo sich seiner Meinung nach Davos, Philocrates und Congrio aufgehalten hatten. Wenn ich mir Sand in die Augen streuen lassen wollte, konnte ich die Verdächtigen einzeln befragen und hoffen, daß der Mörder zumindest erfinderischer im Lügen war. »Wo waren Sie untergebracht?«
    »Die restliche Truppe in einem anderen Quartier. Phrygia und ich hatten ein komfortableres gefunden.« Das paßte. Sie taten gern so, als wären wir eine große Familie, die alles miteinander teilt, hatten es aber lieber bequem. Ob Heliodorus sie wohl mit ihrem Snobismus aufgezogen hatte?
    Mir fiel etwas ein, was Grumio gesagt hatte. »Laut Grumio braucht ein Possenreißer nur einen Mantel, Schabeisen und Ölflasche und einen Geldbeutel für seine Einkünfte. Dann dürfte das Packen nicht allzu lange dauern.«
    »Grumio ist voller Phantastereien«, murmelte Chremes und schüttelte den Kopf. »Das macht ihn zwar zu einem wunderbaren Künstler, aber man muß wissen, daß es nur Gerede ist.«
    Phrygia verlor die Geduld mit mir. »Und wo soll das alles hinführen, Falco?« Die freundliche Duzerei war zu Ende.
    »Es hilft mir, das Bild abzurunden.« Ich hatte den Wink verstanden. Nachdem ich mich mit all ihren delikaten Köstlichkeiten vollgestopft hatte, war es nun an der Zeit, nach Hause zu gehen und meine Zeltgefährten mit fröhlichen Rülpsern und der Schilderung der Genüsse eifersüchtig zu machen. »Das war ein wahres Festmahl! Ich bedanke mich vielmals …«
    Ich sprach die übliche Aufforderung aus, doch auch mal zu uns hinüberzukommen (wie üblich mit der Andeutung, daß sie bei uns nichts anderes als zwei Schnecken auf verschrumpelten Salatblättern bekommen würden) und wandte mich zum Gehen.
    »Ach, nur noch eine Sache. Was geschah mit der persönlichen Habe des Stückeschreibers nach seinem Tod?« Mir war klar, daß Heliodorus mehr besessen haben mußte, als Helena und ich in der Lade mit den Stücken vorgefunden hatten.
    »Da war nicht viel«, sagte Chremes. »Wir haben alles Wertvolle herausgenommen – einen Ring und zwei Tintenfässer, den Rest habe ich Congrio gegeben.«
    »Was ist mit seinen Erben?«
    Phrygia lachte abschätzig. »Bei einem Wandertheater hat

Weitere Kostenlose Bücher