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Letzter Akt in Palmyra

Titel: Letzter Akt in Palmyra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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niemand Erben, Falco!«

XLIV
    Davos stand hinter dem Baum, unter dem er sein Zelt aufgeschlagen hatte. Er tat das, was ein Mann bei Nacht tut, wenn er glaubt, allein zu sein, und keine Lust hat, sich ein weiter entfernteres Plätzchen zu suchen. Im Lager war alles still, genau wie in der Stadt in der Ferne. Er mußte meine Schritte auf dem Kies gehört haben. Nachdem ich meinen Anteil an der Amphore weggesüffelt hatte, verspürte ich auch das dringende Bedürfnis, mich zu erleichtern, also begrüßte ich ihn, stellte mich daneben und half, seinen Baum zu wässern.
    »Ich bin sehr beeindruckt von Ihrem Herkules.«
    »Warten Sie ab, bis Sie erst meinen verdammten Zeus sehen!«
    »Doch nicht im gleichen Stück?«
    »Nein, nein. Wenn Chremes erstmal eine dieser ›Götter treiben Unzucht‹-Farcen auf den Spielplan setzt, kann er gar nicht genug davon kriegen.«
    Ein riesiger Mond war aufgegangen. Der syrische Mond schien größer und die syrischen Sterne zahlreicher als die zu Hause in Italien. Das und der ruhelose Wind gaben mir plötzlich das wehmütige Gefühl, mich an einen sehr entlegenen Ort verirrt zu haben. Um nicht darüber nachzudenken, redete ich weiter. »Ich komme gerade von einem Essen mit unserem geselligen Schauspieldirektor und seinem liebenden Weib.«
    »Sie tischen normalerweise recht üppig auf.«
    »Wunderbare Gastgeber … Tun sie das oft?«
    Davos lachte leise. Er war kein Snob. »Nur für Leute aus den richtigen Kreisen!«
    »Aha! Ich wurde bisher nie eingeladen. Bin ich plötzlich was Besseres geworden oder hat man mich ursprünglich mit meinem nicht gerade hoch angesehenen Vorgänger in einen Topf geworfen?«
    »Heliodorus? Er war, glaube ich, nur einmal eingeladen. Hat sehr bald an Status verloren. Sowie Phrygia ihn richtig eingeschätzt hatte, war es damit zu Ende.«
    »Fiel das zufällig damit zusammen, daß er behauptete, er wüßte, wo ihr Kind steckt?«
    Davos warf mir einen scharfen Blick zu, als ich das erwähnte. Dann meinte er: »Blöd von ihr, das überhaupt wissen zu wollen.«
    Da konnte ich ihm nur zustimmen. »Das Kind ist vermutlich tot oder will höchstwahrscheinlich gar nichts von ihr wissen.«
    Davos, mürrisch wie so oft, sagte nichts.
    Wir beendeten unsere Bewässerung, schnallten unsere Gürtel auf althergebrachte Weise wieder fester, steckten lässig die Daumen hinein und schlenderten zum Pfad zurück. Ein Bühnenarbeiter kam vorbei, sah unseren unschuldigen Blick, erriet sofort, was wir gerade getan hatten, fand die Idee gut und verschwand hinter einem anderen Zelt auf der Suche nach dem nächsten Baum. Wir hatten eine Mode kreiert.
    Davos und ich blieben kommentarlos stehen und warteten ab, was passierte, denn das nächste Zelt war eindeutig besetzt und ein dringendes Strullen geht kaum geräuschlos vonstatten. Eine gedämpfte Stimme protestierte wütend. Der Bühnenarbeiter trottete schuldbewußt davon. Danach herrschte wieder Stille.
    Wir standen auf dem Pfad im Wind. Ein Zeltdach flatterte. Irgendwo in der Stadt heulte klagend ein Hund. Beide hielten wir das Gesicht in den Wind und nahmen die nächtliche Atmosphäre in uns auf. Davos war normalerweise kein großer Plauderer, aber wir waren zwei Männer, die einander respektierten und sich bei Nacht getroffen hatten, beide noch nicht zum Schlafen bereit. Wir redeten leise miteinander, in einer Weise, die zu einem anderen Zeitpunkt vielleicht nicht möglich gewesen wäre. »Ich versuche, die Fakten zusammen zu bekommen«, sagte ich. »Erinnern Sie sich, was Sie taten, während Heliodorus zum Hohen Opferplatz unterwegs war?«
    »Ich erinnere mich sehr genau – die dämlichen Wagen beladen. Wir hatten keine Bühnenarbeiter dabei, wie Sie wissen. Chremes hatte den Befehl dazu erteilt, als sei er Jupiter persönlich, und war dann verschwunden, um seine Unterwäsche zusammenzufalten.«
    »Haben Sie die Wagen allein beladen?«
    »Nur unterstützt von Congrio in seiner mitleiderregenden Art.«
    »Er kann nichts dafür, daß er ein Fliegengewicht ist.«
    Davos gab nach. »Nein, er hat sein Bestes getan. Was mir wirklich stank, war, von Philocrates überwacht zu werden. Statt mit anzupacken, ergriff er die Gelegenheit, sich zur Freude der vorübergehenden Frauen dekorativ an eine Säule zu lehnen und die Art Bemerkungen zu machen, die einen zum Speien bringen.«
    »Kann ich mir gut vorstellen. Er hat mich verrückt gemacht, als er neulich wie ein Halbgott dastand, während ich versuchte, meinen verdammten Ochsen anzuschirren

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