Letzter Akt in Palmyra
Bühnenarbeiter. »Er ist unser Glücksbringer.« Andere nickten und winkten mir zu, was auf nicht eben subtile Weise deutlich machte, daß sie mich zu ihrem Schutz möglichst nahe bei sich haben wollten. Nicht, daß ich bisher viel für sie getan hätte.
»Wir wollen abstimmen«, erwiderte Chremes und ließ wie üblich andere die Entscheidung treffen. Ihm gefiel das Prinzip der Demokratie, wie allen Männern, die noch nicht mal eine Orgie mit zwanzig gelangweilten Gladiatoren in einem Frauenbadehaus an einem heißen Dienstagabend organisieren können.
Während die Bühnenarbeiter mit den Füßen scharrten und sich mißtrauisch umschauten, kam es mir so vor, als müsse der Mörder spüren, daß sich eine breitgefächerte Verschwörung gegen ihn zusammenbraute. Doch wenn er das tat, blieb er stumm. Ein weiterer rascher Blick über die Reihe unserer männlichen Verdächtigen ergab keinen sichtbaren Ärger. Keiner schien es zu bedauern, daß die Chance, mich loszuwerden oder die Truppe insgesamt aufzulösen, gerade verschoben worden war.
Also ging es nach Kanatha. Die Gruppe würde für zwei weitere Städte der Dekapolis, nämlich Kanatha und Damaskus, zusammenbleiben. Nach unserem Auftritt in Damaskus – einem großen Verwaltungszentrum, wo sich jede Menge Arbeitsmöglichkeiten boten – mochten sich einzelne Mitglieder der Truppe nach anderem umschauen.
Die Zeit, den Täter zur Strecke zu bringen, wurde also äußerst knapp.
XLVII
Die Temperaturen machten uns nun allen zu schaffen. Bei Tag zu reisen, bisher nur unangenehm, war inzwischen ganz unmöglich. Und im Dunkeln weiterzuziehen, war äußerst ermüdend; wir kamen nur langsam voran, weil die Karrenlenker sich ständig auf den Verlauf der Straße konzentrieren mußten. Die Tiere waren unruhig. Die Furcht vor Wegelagerern stieg, als wir wieder auf Nabatäerland kamen und vor uns die Weite der Wüste lag, wo die Nomaden nach unseren Maßstäben gesetzlos waren und ihren Lebensunterhalt der jahrhundertealten Tradition entsprechend damit verdienten, daß sie Vorüberkommende ausraubten. Nur die Tatsache, daß wir eindeutig keine Karawane reicher Kaufleute waren, gab uns etwas Schutz; anscheinend genug, aber wir mußten auf der Hut sein.
Die Hitze wurde täglich schlimmer. Sie war unbarmherzig und unausweichlich – bis es plötzlich Nacht wurde und bitterkalt, wenn sich unter offenem Himmel die Wärme wie ein Vorhang hob. Dann machten wir uns im Licht weniger Fackeln wieder auf den Weg, und die Strecke schien länger, unbequemer und ermüdender als im Tageslicht.
Die Hitze zehrte an uns. Wir sahen wenig vom Land und trafen unterwegs so gut wie niemanden; Musa hatte uns erzählt, daß die Stämme der Gegend im Sommer alle in die Berge zogen. An Haltepunkten neben der Straße traten unsere Leute von einem Fuß auf den anderen, um das Blut wieder in Bewegung zu bringen, nahmen mißmutig Erfrischungen zu sich und redeten mit gedämpften Stimmen. Millionen von Sternen schauten auf uns herab und wunderten sich vermutlich, was wir da machten. Bei Tagesanbruch taumelten wir dann in unsere Zelte, wo die sengende Hitze uns bald zu ersticken drohte und den so ersehnten Schlaf raubte. Also wälzten wir uns herum, stöhnten und stritten miteinander, drohten, zur Küste umzukehren und nach Hause zu fahren.
Unterwegs war es schwierig, meine Befragungen fortzusetzen. Die Situation war so unerfreulich, daß alle bei ihren eigenen Kamelen oder Wagen blieben. Die Stärksten und die mit den besten Augen wurden immer fürs Fahren gebraucht. Die Streitsüchtigen kabbelten sich ständig mit ihren Freunden und waren zu wütend, um mir zuzuhören. Keine der Frauen war an irgendwelchen Tändeleien interessiert, also kamen auch keine Eifersüchteleien auf, die sie normalerweise dazu bringen, zum nächstbesten Ermittler zu laufen und alles auszuplaudern. Keiner der Männer mochte aufhören, seiner Frau mit Scheidung zu drohen und ein paar vernünftige Fragen zu beantworten, besonders wenn er annahm, die Fragen könnten sich um die großzügige Ione drehen. Keiner wollte Essen oder kostbares Wasser mit anderen teilen, und so wurde man auch nicht zum Mitfahren auf anderen Wagen ermutigt. Wenn wir unterwegs Pause machten, waren alle viel zu sehr damit beschäftigt, etwas zu essen, ihre Tiere zu füttern und die Fliegen zu vertreiben.
Wenigstens ein nützliches Gespräch gelang mir, kurz bevor wir Bostra erreichten. Philocrates hatte den Bolzen an einem seiner Wagenräder verloren. Zum
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