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Letzter Akt in Palmyra

Titel: Letzter Akt in Palmyra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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war zu dumm, das zu kapieren.
    »Um die Wahrheit zu sagen«, verstärkte ich den Druck, während er in hilfloser Wut mit seinem schmucken Stiefelchen gegen einen Stein trat, »ich glaube schon, daß Sie in der Nacht, als Ione starb, bei einem Mädchen waren – es war Ione selbst.«
    »Sie sind doch verrückt, Falco!«
    »Ich glaube, Sie waren der Liebhaber, mit dem Ione sich an dem Maiumabecken traf.« Mir fiel auf, daß er jedesmal, wenn Iones Name fiel, schuldbewußt zusammenzuckte. Echte Verbrecher sind nicht so nervös.
    »Ich hatte mal was mit ihr, Falco – wer hatte das nicht? – aber das ist lange her. Ich wende mich gern Neuem zu. Sie übrigens auch. Na ja, und das Leben ist auch viel unkomplizierter, wenn man seine Aufmerksamkeiten außerhalb der Truppe verteilt.«
    »Ione hatte diese Skrupel nicht.«
    »Nein«, stimmte er zu.
    »Wissen Sie denn, wer ihr spezieller Liebhaber innerhalb der Truppe war?«
    »Keine Ahnung. Einer der Clowns könnte Sie darüber vermutlich aufklären.«
    »Sie meinen, entweder Tranio oder Grumio war dieser spezielle Freund?«
    »Das habe ich nicht gesagt!« Philocrates wurde bissig. »Ich meine, sie waren gut genug mit dem dämlichen Mädchen befreundet und haben bestimmt mitbekommen, was sie vorhatte. Sie nahm keinen der beiden Idioten ernst.«
    »Wen nahm sie denn ernst? Sie vielleicht, Philocrates?«
    »Das wäre ihr besser bekommen. Jemand, der es wert ist.« Seine Arroganz war unerträglich.
    »Meinen Sie?« Ich verlor die Geduld. »Eines muß ich Ihnen sagen, Philocrates: Ihr Verstand ist nicht annähernd so lebhaft wie Ihr Schwanz.« Ich fürchte, er faßte es als Kompliment auf.
    Selbst das Muli hatte die Nutzlosigkeit seines Herrn erkannt. Es näherte sich Philocrates von hinten, gab ihm mit seinem langnasigen Kopf einen Schubs und stieß den wütenden Schauspieler mit dem Gesicht voran in den Dreck.
    Der Rest der Truppe jubelte. Ich grinste und ging zu meinem langsamen, mit soliden Rädern versehenen Ochsenkarren zurück.
    »Was war denn da los?« wollte Helena wissen.
    »Ich habe Philocrates nur gesagt, daß er sein Alibi verloren hat. Sein Wagenrad, sein Muli, seine Beherrschung und seine Würde ist er bereits los …«
    »Der arme Mann«, murmelte Musa mit wenig Sympathie. »Ein schlimmer Tag.«
    Der Schauspieler hatte mir so gut wie nichts erzählt. Aber er hatte mich total aufgeheitert. Das kann genauso nützlich sein wie ein Beweis. Es gibt Ermittler, die meinen, um Erfolg zu haben, brauchen sie nicht nur schmerzende Füße, einen Kater, ein miserables Liebesleben und eine hartnäckige Krankheit, sondern auch eine mürrische, niedergeschlagene Einstellung zum Leben. Dem kann ich nicht zustimmen. Bei der Arbeit erlebt man schon genug Elend. Gute Laune gibt einem Mann Auftrieb, und das kann Fälle lösen helfen. Selbstvertrauen zählt.
    Ich kam erhitzt, müde, durstig und ausgetrocknet in Bostra an. Und trotzdem fühlte ich mich bei dem Gedanken daran, wie Philocrates’ Muli ihn umgeschmissen hatte, bereit, es mit jedem aufzunehmen.

XLVIII
    Wieder in Bostra.
    Es schien eine Ewigkeit her zu sein, seit wir zum ersten Mal hier gewesen waren und bei Regen Die Piratenbrüder gespielt hatten. Eine Ewigkeit, seit meine ersten Bemühungen als Stückeschreiber von allen ignoriert worden waren. Inzwischen hatte ich mich an solche Schlappen gewöhnt, aber die Erinnerung an meine damalige Enttäuschung machte mir den Ort immer noch unsympathisch.
    Wir waren alle froh, endlich Pause machen zu können. Chremes stapfte davon, um hoffentlich das Theater für uns zu buchen. Er war sichtlich erschöpft und würde die Sache bestimmt vermasseln. Er würde mit leeren Händen zurückkommen, das war jetzt schon klar.
    Nabatäisch oder nicht, Bostra war eine große Stadt und bot viele Annehmlichkeiten. Diejenigen von uns, die bereit waren, Geld für Bequemlichkeiten auszugeben, hatten sich darauf gefreut, ihre Zelte auf den Karren zu lassen und richtige Zimmer zum Übernachten zu finden. Wände, Decken, Fußböden mit Spinnen in den Ecken, Türen, unter denen es hindurchzog. Chremes’ Hoffnungslosigkeit setzte der Vorfreude einen Dämpfer auf. Ich klammerte mich an meinen Optimismus und hatte immer noch vor, für Helena, Musa und mich ein Quartier zu finden, eine einfache Bleibe, nicht zu weit von einem Badehaus entfernt und kein eindeutiges Bordell, wo der Wirt sich nur diskret den verlausten Schädel kratzte und der Zimmerpreis erschwinglich war. Weil ich aber nicht bereit war, auch

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