Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Letzter Akt in Palmyra

Titel: Letzter Akt in Palmyra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
Vom Netzwerk:
dreißig oder vierzig des direkten Weges hinzufügen würde.
    Der Gedanke, noch einmal nach Bostra zu kommen, gab allen das Gefühl, einen Kreis zu schließen; danach wäre es nur natürlich, wenn sich unsere Wege trennen würden.
    Inzwischen war es Hochsommer und fast unerträglich heiß geworden. Bei solchen Temperaturen zu arbeiten, war schwierig, obwohl das Publikum gleichzeitig begierig auf Theateraufführungen zu sein schien, wenn sich ihre Städte abends erst einmal etwas abgekühlt hatten. Am Tage hockten die Leute träge an jedem schattigen Plätzchen, das sie finden konnten; die Geschäfte blieben für lange Stunden geschlossen und keiner begab sich auf Reisen, außer es gab einen Todesfall in der Familie oder es handelte sich um so idiotische Ausländer wie uns. Am Abend krochen die Einwohner alle aus ihren Löchern, um sich zu treffen und unterhalten zu lassen. Für eine Gruppe wie die unsere eine problematische Situation. Wir brauchten das Geld. Wir konnten es uns nicht leisten, mit der Arbeit aufzuhören, egal, wieviel Energie die Hitze uns kostete.
    Chremes berief ein Treffen ein. Sein abgerissener Vagabundenhaufen hockte sich johlend und drängelnd in einem unordentlichen Kreis auf den Boden. Er stand auf einem Karren, um eine Ansprache zu halten. Trotz seines selbstsicheren Auftretens machten wir uns keine großen Hoffnungen.
    »Wir sind jetzt am Ende eines sich natürlich ergebenden Kreises von Städten angelangt. Nun müssen wir entscheiden, wo wir als nächstes hingehen.« Ich meinte zu hören, wie jemand den Hades vorschlug, allerdings nur ganz leise. »Worauf auch immer die Wahl fallen wird, keiner von euch ist verpflichtet, weiter mitzuziehen. Wenn es sein muß, kann sich die Truppe auflösen und neu formieren.« Das war eine schlechte Nachricht für diejenigen unter uns, die die Gruppe zusammenhalten wollten, um den Mörder zu finden. Diese Schmeißfliege würde doch ganz vorn in der Schlange derer stehen, die den Kontrakt lösen und davonschwirren wollten.
    »Was ist mit unserem Geld?« rief einer der Bühnenarbeiter. Ob sie wohl ein Gerücht gehört hatten, daß Chremes die Einkünfte dieser Saison schon verbraten hatte? Als wir über ihre Beschwerden sprachen, war das nicht erwähnt worden, würde aber ihre Wut erklären. Ich wußte, daß sie den Verdacht hatten, ich würde der Direktion alles zutragen, also mochten sie ihre Befürchtungen für sich behalten haben.
    Mir fiel auf, daß Davos die Arme verschränkte und Chremes mit hämischem Grinsen betrachtete. Ohne auch nur rot zu werden, verkündete Chremes: »Ich werde euch jetzt auszahlen, was ihr verdient habt.« Seine Selbstsicherheit war geradezu absurd. Wie Davos konnte auch ich darüber nur lächeln. Chremes hatte mit dem Feuer gespielt und war im letzten Moment von dem Wahnsinnigen gerettet worden, der seinen Gläubiger umgebracht hatte. Wie viele von uns können mit solchen Glücksfällen rechnen? Jetzt hatte Chremes das zufriedene Auftreten jener, die von den Parzen vor jeder Gefahr bewahrt werden – eine Eigenschaft, die mir völlig abging. Aber ich wußte, daß es solche Männer gab und daß sie nie aus ihren Fehlern lernten, weil sie nie für sie bezahlen mußten. Einige wenige Momente der Panik waren das Schlimmste, was Chremes je kennenlernen würde. Er würde durchs Leben gleiten, sich so schlecht wie möglich benehmen und das Glück aller anderen gefährden, aber nie die Verantwortung dafür übernehmen müssen.
    Natürlich konnte er bezahlen, was er den Arbeitern schuldete; Heliodorus hatte ihm aus der Patsche geholfen. Und obwohl Chremes es dem Stückeschreiber hätte zurückzahlen müssen, hatte er eindeutig nicht vor, sich jetzt dieser Schulden zu erinnern. Wenn er ungestraft davongekommen wäre, hätte er den Mann selbst umgelegt, also würde er keine Hemmungen haben, den Toten zu berauben. Meine Frage nach den Erben und Phrygias schnelle Antwort, daß Heliodorus bestimmt keine hatte, bekamen eine neue Bedeutung. Da sie von den Schulden ihres Mannes nichts wußte, konnte selbst Phrygia die Ironie der Sache nicht vollständig verstehen.
    Ich ließ den Direktor nicht aus den Augen. Doch Chremes war recht überzeugend entlastet worden. Er hatte Alibis für beide Morde und war bei dem Angriff auf Musa nicht in der Nähe gewesen. Chremes hatte ein Motiv, Heliodorus umzubringen, aber das galt, nach allem, was ich wußte, auch für den Rest der Truppe. Ich hatte lange gebraucht, um von Chremes’ Schulden zu erfahren;

Weitere Kostenlose Bücher