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Letzter Akt in Palmyra

Titel: Letzter Akt in Palmyra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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Schriftrolle mit antiker Pornographie und angestaubten Witzen verscherbelte. Aber heutzutage braucht man täglich neue Texte. Satire muß so frisch sein wie ein Faß Strandschnecken. Die müden Possen von gestern locken auf der heutigen kosmopolitischen Bühne kein Lächeln mehr hervor.«
    »Wenn Sie also eine Sammlung alter Witze erbten«, stachelte ich ihn auf, »würden Sie sie einfach wegwerfen?« Ich hatte das untrügliche Gefühl, hier auf etwas gestoßen zu sein, und versuchte fieberhaft, mich an die Unterhaltung mit Grumio zu erinnern. »Wollen Sie damit sagen, daß ich all die wunderbaren Reden nicht glauben soll, die Ihr Zeltkumpan über das in seiner Familie seit Generationen vererbte Narrengewerbe absondert? Der professionelle Possenreißer, hochangesehen wegen seines unerschöpflichen Repertoires? Die alten Geschichten, die sich verkaufen lassen, wenn Not am Mann ist?«
    »Scheißdreck!« rief Tranio.
    »Nicht sehr geistreich, aber kurz und bündig.«
    »Was haben ihm seine familiären Verbindungen schon gebracht, Falco? Ich habe mehr Erfolg, weil ich mich auf meinen scharfen Verstand und eine fünfjährige Lehrzeit als Anheizer in Neros Circus vor den Gladiatorenkämpfen verlasse.«
    »Sie glauben, Sie sind besser als er?«
    »Ich weiß es, Falco. Er könnte genauso gut sein, aber dann müßte er aufhören, über den Niedergang der Kultur zu jammern, müßte akzeptieren, was wirklich gefragt ist und vergessen, daß sein Vater und Großvater mit ein paar dümmlichen Geschichten, Haustierimitationen und ein bißchen Jonglieren überleben konnten. Gute Götter, all diese Kalauer über komische Ausländer: Warum sind römische Straßen immer so schnurgerade?« höhnte Tranio rauh und ahmte alle gräßlichen Alleinunterhalter nach, die ich je erlebt hatte. »Damit die Thraker an den Ecken keine Imbißbuden aufstellen können! Und dann diese plumpen Anzüglichkeiten: Was sagt die vestalische Jungfrau zum Eunuch?«
    Der klang vielversprechend, aber er wurde durch sein Kamel unterbrochen, das seitlich von der Straße wollte. Ich verkniff mir die Frage nach der Pointe, um nicht als niveaulos dazustehen.
    Unser Weg führte schon seit einiger Zeit leicht abwärts, und nun sahen wir vor uns die abrupte Veränderung der ausgetrockneten Landschaft, die Damaskus ankündigte: eine Oase, die sich am Rande der Wildnis erhebt wie ein blühender Hafen am Rande eines riesigen, unfruchtbaren Meeres. Von allen Seiten strömte der Verkehr auf diesen uralten Honigtopf zu. Jeden Moment würde jetzt Grumio angetrottet kommen, um sich seinem angeblichen Freund anzuschließen, oder Tranio würde mich verlassen.
    Es wurde Zeit, etwas deutlicher zu werden. »Nochmal zurück zu Heliodorus. Sie hielten ihn für einen untalentierten Tintenkleckser mit weniger Flair als ein alter Holzklotz. Warum waren Grumio und Sie dann so dicke mit ihm, daß Sie sich von dem Dreckskerl horrende Spielschulden aufdrücken ließen?«
    Ich hatte einen Nerv getroffen. Fragte sich nur, welchen Nerv.
    »Wer hat Ihnen das erzählt, Falco?« Tranios Gesicht war bleich geworden unter dem strähnigen Haar, das ihm über die gewitzten, dunklen Augen fiel. Auch seine Stimme war dunkel, mit einem gefährlichen Unterton, der schwer zu deuten war.
    »Das weiß doch jeder.«
    »Nichts als Lügen!« Die Blässe wurde plötzlich zu einer unnatürlichen Röte, wie bei einem Mann mit schrecklichem Sumpffieber. »Wir haben kaum je mit ihm um Geld gespielt. Nur ein Narr hätte mit Heliodorus gewürfelt!« Das klang beinahe so, als hätten die Zwillinge gewußt, daß er betrog. »Wir würfelten um Kleinigkeiten, zufällige Pfänder, mehr nicht.«
    »Warum regen Sie sich dann so auf?« fragte ich ruhig.
    Er war derartig wütend, daß er die Launen seines Kamels endlich überwand. Mit rauher Hand riß er am Zügel, zwang das Tier zum Umkehren und galoppierte ans Ende der Karawane.

LIII
    Damaskus rühmte sich, die älteste Stadt der Welt zu sein. Um diese Behauptung zu widerlegen, hätte man schon jemanden mit einem sehr weit zurückreichenden Gedächtnis gebraucht. Und wie Tranio ganz richtig meinte, wer will schon so lange leben? Außerdem waren die Beweise deutlich genug. Damaskus hatte seine Niederträchtigkeit über die Jahrhunderte vervollkommnet und kannte alle Tricks. Die Geldwechsler waren berüchtigt. Es gab mehr Lügner, Betrüger und Diebe zwischen den ummauerten Marktständen, die überall das farbenfrohe Straßenbild prägten, als in jeder anderen mir bekannten

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